EGMR-UrteilDiese Massnahmen sollte die Schweiz nach dem Klimaurteil ergreifen
Die Schweiz mache zu wenig für den Klimaschutz. Doch welche Massnahmen wären tatsächlich wirksam? Ein Experte nennt mögliche Wege zur Senkung des CO2-Ausstosses.
Darum gehts
Die Klimaseniorinnen warfen der Schweiz vor, nicht genug gegen die Folgen des Klimawandels zu tun.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gab ihnen am Dienstag recht.
Reto Knutti ist Professor am Departement Umweltsystemwissenschaften an der ETH Zürich. Der Experte nennt mögliche Wege zur Reduktion der CO2-Emissionen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat der Klage des Vereins Klimaseniorinnen recht gegeben. Die Schweiz tut demnach zu wenig, um das Klima zu schützen. Reto Knutti ist Professor am Departement Umweltsystemwissenschaften an der ETH Zürich. Wie er glaubt, werde der Entscheid den Druck auf die Politik erhöhen. Gemäss einem Volksentscheid muss die Schweiz bis 2050 das Netto-null-Ziel erreichen. Im Interview spricht der Klimaforscher über nötige Massnahmen und die Folgen für die Bevölkerung.
Herr Knutti, welche Massnahmen könnte die Schweiz konkret ergreifen?
Das Erreichen von netto null heisst im Wesentlichen keine fossilen Brenn- und Treibstoffe mehr. Gleichzeitig braucht es Anpassungsmassnahmen, um mit den Risiken umzugehen, die heute schon da sind und sich in Zukunft noch verstärken werden. Dazu gehören Massnahmen gegen Hitze, insbesondere in den Städten, das primäre Anliegen der Klimaseniorinnen. Das bedeutet unter anderem anders zu bauen und mehr Grünflächen.

Reto Knutti nennt mögliche Auswege aus der CO2-Krise.
TamediaWelche Massnahmen wären am wirkungsvollsten?
Die grössten Hebel im Inland sind unmittelbar im Strassenverkehr (rund 25 Prozent der Emissionen), die man durch öffentlichen Verkehr und Elektroautos eliminieren kann. Dann bedeutet es weniger Fliegen, Wärmepumpen statt Öl und Gas in den Gebäuden und weniger tierische Produkte und Food-Waste in der Ernährung. Der Fussabdruck der Schweiz ist aber mehr als doppelt so gross, wenn man die Importe berücksichtigt: Kleider, Baumaterial, Elektronik. Da geht es darum, die Materialkreisläufe zu schliessen und zu reduzieren.
«Man kann mit Verboten, Steuern, Lenkungsabgaben oder Anreizen arbeiten.»
Wie würden sich die Massnahmen im Alltag der Bürger bemerkbar machen?
Es ist Aufgabe der Politik, die Instrumente zu bestimmen. Man kann mit Verboten, Steuern, Lenkungsabgaben oder Anreizen arbeiten. Verbote sind wenig populär, obwohl sie eigentlich fair sind und wirken. Im Moment versucht man es vor allem mit Anreizen, das heisst, man belohnt diejenigen, die etwas verbessern.
«Wenn wir abwarten, dann haben wir einfach Nachteile und höhere Kosten.»
Könnte es also zum Beispiel sein, dass die Benzinpreise hochgesetzt werden?
Es ist durchaus möglich, dass Energie teurer wird, aber am Ende ist es immer noch günstiger, das Problem zu lösen. Wenn wir abwarten, dann haben wir einfach Nachteile und höhere Kosten bei der Gesundheit, Gebäudeversicherung, Nahrungsmittelpreise und gefährliche geopolitische Abhängigkeiten von anderen Ländern für Gas und Öl.
In ganz Europa blockieren sie Strassen und legen Städte lahm. Klebe-Aktivistinnen und -Aktivisten wollen so die Regierungen zum Handeln zwingen. Sie bekommen viel Aufmerksamkeit – doch bringt ihnen das etwas?
Waren die bisherigen Umsetzungen der Klimaziele denn wirkungslos oder zu gering?
Sie waren nicht wirkungslos, wir haben den CO2-Ausstoss schon reduziert, aber zu zögerlich. Die Reduktionen in den letzten Jahren und die mit dem CO2-Gesetz im Inland geplanten bis 2030 betragen etwa ein Prozent pro Jahr. Ab 2030 müssten es dann etwa drei Prozent pro Jahr sein, und das ist kaum möglich. Je länger wir warten, desto schwieriger wird die Lösung, desto weniger Spielraum haben wir und desto mehr verschieben wir die Probleme auf die nächste Generation. Die gute Nachricht ist, dass es nicht an Lösungen fehlt, aber es braucht den politisch-gesellschaftlichen Willen, den Klimaschutz und die Energiewende umzusetzen.
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