Topsharing im Bundesrat? Grüne fordern neues Arbeitsmodell

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Arbeitslast teilenGrüne fordern «Topsharing» – hat der Bundesrat bald 9 Mitglieder?

Ein Amt, zwei Köpfe: Die Grünen wollen den Bundesrat umkrempeln. Künftig sollen sich Bundesräte die Arbeit teilen können – so soll die Regierung jünger, flexibler und familienfreundlicher werden.

Bei der Suche nach einer Nachfolge für Viola Amherd sagten viele Kandidatinnen und Kandidaten aus familiären Gründen ab.
Die Grünen fordern nun ein neues Arbeitsmodell – nämlich, dass sich Bundesrätinnen und Bundesräte künftig die Arbeit teilen können.
«Es wurde lange keine Reform mehr gemacht», betont Grünen-Fraktionschefin Aline Trede. Mithilfe von Topsharing würde das Amt auch für jüngere Kandidatinnen und Kandidaten mit kleinen Kindern attraktiver werden, glaubt die Grüne Fraktion.
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Bei der Suche nach einer Nachfolge für Viola Amherd sagten viele Kandidatinnen und Kandidaten aus familiären Gründen ab.

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • Die Grünen wollen das Topsharing im Bundesrat einführen, um die Arbeitslast zu teilen.

  • Ziel ist es, die Regierung jünger und familienfreundlicher zu machen.

  • Gegner des Vorschlags sehen darin mehr Probleme als Lösungen.

Die Suche nach einem Ersatz für die abtretende Bundesrätin Viola Amherd war von zahlreichen Absagen geprägt. Viele Kandidatinnen und Kandidaten winkten mit dem Verweis auf familiäre Gründe ab – und liessen die Chance auf einen Sitz im Bundesrat sausen.

Für die Grünen ist klar: Das Amt lässt sich schlecht mit dem Familienleben verbinden. Sie fordern deshalb, dass sich Mitglieder des Bundesrats künftig die Arbeit teilen können.

Was ist Topsharing?

Beim Topsharing teilen sich zwei Führungskräfte eine leitende Position. Sie treffen gemeinsam Entscheidungen und übernehmen zusammen Verantwortung. Das Modell stammt vom Jobsharing, ist aber speziell für Chefposten gedacht.

Aktuelle Ausgestaltung des Amtes verhindere Kandidaturen

Im Vorstoss monieren die Grünen das Alter der aktuellen Landesregierung: Alle Bundesratsmitglieder seien zwischen 57 und 65 Jahre alt. Die Altersgruppe kurz vor der Pension sei «deutlich übervertreten», während junge Sichtweisen fehlten.

Der Gesamtbundesrat hat ein Durchschnittsalter von 61 Jahren: Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61), Wirtschaftsminister Guy Parmelin (65), Aussenminister Ignazio Cassis (63), Umweltminister Albert Rösti (57), Innenministerin Elisabeth Baumer-Schneider (61), Justizminister Beat Jans (60) und Neo-Verteidigungsminister Martin Pfister (61). Bundeskanzler Viktor Rossi ist 56 Jahre alt.

Der Gesamtbundesrat hat ein Durchschnittsalter von 61 Jahren: Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61), Wirtschaftsminister Guy Parmelin (65), Aussenminister Ignazio Cassis (63), Umweltminister Albert Rösti (57), Innenministerin Elisabeth Baumer-Schneider (61), Justizminister Beat Jans (60) und Neo-Verteidigungsminister Martin Pfister (61). Bundeskanzler Viktor Rossi ist 56 Jahre alt.

X/Der Bundesrat

Die schwierige Suche nach einer Amherd-Nachfolge sei bezeichnend: Die «aktuelle Ausgestaltung des Amtes, die zunehmend erwartete Leistung, die fehlende Möglichkeit des Topsharings und die daraus resultierende fehlende Möglichkeit zur Vereinbarkeit von Amt und Familie» hielten viele von einer Kandidatur ab, solange die Kinder noch klein seien.

Zwei fürs VBS – oder gleich neue Departemente?

Doch wie soll ein Topsharing genau aussehen – könnte das Verteidigungsdepartement (VBS) bald zwei Vorsteher haben? «Ja», meint Fraktionschefin Aline Trede. «Oder es werden mehrere Departemente gemacht, was auch mit dem Vorschlag von neun Bundesrätinnen und Bundesräten zusammengeführt werden könnte», erklärt sie. Gemäss Trede ist etwa das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation «riesig» und könne «gut geteilt werden».

«Es wurde lange keine Reform mehr gemacht», betont Grünen-Fraktionschefin Aline Trede.

«Es wurde lange keine Reform mehr gemacht», betont Grünen-Fraktionschefin Aline Trede.

20min/Matthias Spicher

Es sei auch zu prüfen, ob nicht etwa ein Klimadepartement oder im Innendepartement ein Familiendepartement geschaffen werden solle. «Es wurde lange keine Reform mehr gemacht», betont die Nationalrätin.

Topsharing-Vorstoss scheiterte bereits vor Jahren

Bereits 2018 brachte Trede ein ähnliches Anliegen ins Parlament – vergeblich. Damals unterstützten die Grünen, die SP und eine Mehrheit der GLP den Vorschlag. Auch Beat Jans (SP), heute Justizminister, sprach sich damals in der grossen Kammer dafür aus. Ob er heute sein Amt als Justiz- und Polizeivorsteher lieber mit jemandem teilen würde?

Ausweitung des Bundesratsgremiums

Unterstützung erhalten die Grünen seitens der SP: «Ich teile das Anliegen grundsätzlich», sagt SP-Nationalrätin Nina Schläfli. Generell müssten Politik und Familie besser vereinbart werden können. Die Anforderungen an Mitglieder der nationalen und teils auch der kantonalen Exekutive seien hoch, die Ämter sehr zeitintensiv. «Topsharing ist eine Idee, die Vergrösserung des Gremiums um weitere Bundesratsmitglieder wäre eine zweite», sagt sie.

Sollte der Bundesrat um weitere Mitglieder erweitert werden?

Mitte-Nationalrat Giorgio Fonio stimmt teilweise zu: «Die Institutionen müssen handlungsfähig bleiben.» Bei zu hoher Arbeitslast sehe er die Lösung jedoch eher in der Schaffung von mehr Stellen für Staatssekretärinnen und -sekretäre oder einer Erhöhung der Anzahl Bundesrätinnen und Bundesräte.

«Jobsharing im Bundesrat schafft mehr Probleme, als es löst»

In der anderen Ratshälfte sorgt der Vorstoss hingegen für Kopfschütteln. «Ein Jobsharing im Bundesrat würde mehr Probleme schaffen als lösen», sagt SVP-Nationalrat Christoph Riner. Das Amt sei komplex und benötige eine kontinuierliche und einheitliche Führung. «Ich stelle mir nur schon den grossen zusätzlichen Aufwand bezüglich Kommunikation und Entscheidfindungen vor», so der Aargauer.

Ähnlich sieht das auch FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Das Bundesratsamt verlange die ungeteilte Verantwortung, da es sich um ein Amt handle, in das man gewählt werde. «Das Jobsharing verwässert die Verantwortung und die politische Abstützung», ist er sich sicher.

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