DrogenSchweizer Partygänger schmeissen Reichsadlerpillen ein
In Europa tauchen vermehrt Partydrogen in der Form von Nazisymbolen auf. Auch in Zürich und Bern sind solche Pillen aufgetaucht. Experten sind besorgt.
Darum gehts
In Europa tauchen vermehrt Partydrogen mit Nazisymbolen auf.
Auch in der Schweiz sind die MDMA-Pillen mit Reichsadlermotiv schon festgestellt worden.
Zudem macht das Lied «Erika» vom Nazi-Komponisten Herms Niel in den sozialen Medien und an Festen die Runde.
Ob Markensymbole, Totenköpfe oder Tierumrisse: In den Grossstädten Europas sind Partydrogen wie zum Beispiel MDMA schon lange mit den verschiedensten Motiven im Umlauf. Neu häufen sich aber Ecstasy-Pillen und andere Substanzen mit Nazi-Insignien. So kommen diese etwa in Form des Reichsadlers mit Hakenkreuz (Parteiadler) daher.
Jüngst machen die Pillen in Frankreich die Runde, kurz nachdem die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) bei den Parlamentswahlen ihr bisher bestes Resultat erzielte. «Gestern schickte uns ein Mitglied der Französischen Psychedelischen Gesellschaft, das in einer Vereinigung zur Schadensbegrenzung in Westfrankreich arbeitet, dieses Bild», schreibt Zoë Dubus, eine auf psychoaktive Drogen spezialisierte, französische Post-Doc-Forscherin, kürzlich auf X. Das Bild zeigt graue Pillen in Form des Reichsadlers.
Auch in der Schweiz festgestellt
Doch die Drogen findet man nicht nur in Westfrankreich: 2024 wurden solche Reichsadlerpillen in den Niederlanden, Island und auch in der Schweiz sichergestellt. Beim Drug Checking von «Rave it Safe» in Bern wurde eine 2C-B-Pille mit dem Reichsadlermotiv bereits vor einem Jahr abgegeben. In Zürich ist sie ebenfalls aufgetaucht: Das Drogeninformationszentrum (DIZ) Zürich hat im Frühling dieses Jahres wegen zwei solcher Pillen Warnungen erstellt.
Die eine MDMA-Pille war gemäss Saferparty.ch derart stark konzentriert, dass selbst die Einnahme der Hälfte zu einer Überdosierung führe. Die andere, als 2C-B deklarierte Pille war verunreinigt. Das weist laut Dubus darauf hin, dass die Drogen von verschiedenen Herstellern stammen und dass eine der Chargen wohl «von einem sehr amateurhaften Chemiker» erstellt wurde. Wer diese sind und wo die Pillen hergestellt werden, bleibt unklar – gemäss Dubus konzentriert sich die europäische MDMA-Produktion auf die Niederlande.
Wie viele Tabletten tatsächlich in der Schweiz im Umlauf sind, lässt sich nicht ermitteln. Derzeit sei keine Zunahme der Reichsadlerpillen festzustellen, sagt das DIZ gegenüber 20 Minuten. Jedoch bezieht sich diese Beobachtung lediglich auf die an den Drug-Checking-Standorten abgegebenen Pillen.


Vor kurzem erschien der weltweite Drogenreport für das Jahr 2022.
20min/Taddeo Cerletti«Besorgniserregend»
Ecstasy-Pillen seien schon immer verwendet worden, um Ideen zu verbreiten, betont Dubus gegenüber «Vice». «Gegenbeispiele zu den Reichsadlerpillen sind die Me-too- oder Antifa-Pillen. Aber die zunehmende Präsenz dieses Symbols auf mehreren französischen Partys in den letzten Tagen, kurz nach den Wahlen, ist besonders besorgniserregend», so die Forscherin.
Bereits in den vergangenen Jahren wurden bei Drogenfunden immer wieder Nazi-Symbole sichergestellt: So etwa 2023 in Peru, als 58 Kilo Kokain sichergestellt wurden – die einzelnen Kiloblöcke waren mit Hakenkreuzen gekennzeichnet. Zusätzlich wurde das Wort «Hitler» in das gepresste Pulver gestempelt. Die Drogen seien auf dem Weg nach Belgien gewesen. In der Schweiz waren in den vergangenen Jahren auch Pillen mit Hakenkreuzmotiv oder SS-Abzeichen im Umlauf.
Hast du schon mal Drogen konsumiert?
Partygänger grölen Nazi-Marschlied mit
Doch an den Partys scheinen heute nicht nur Drogen mit Nazi-Insignien konsumiert zu werden – es wird teils auch zu Musik aus der Nazi-Zeit getanzt und mitgesungen. Während Anfang Sommer der Song «L’amour toujours» für Schlagzeilen sorgte, nachdem auf einem Fest auf Sylt mehrere Personen «Deutschland den Deutschen, Ausländer raus» mitgrölten, scheint nun ein neues Lied die junge Generation zu erreichen.
Das Marschlied der Nationalsozialisten «Erika» von Herms Niel macht in den sozialen Medien und an Festen die Runde. Niel war deutscher Komponist, NSDAP-Mitglied, Truppenleiter in der Sturmabteilung und dirigierte als Leiter des Reichsmusikzugs des Reichsarbeitsdienstes jegliche Musikzüge an Reichsparteitagen der Nazis.

Herms Niel dirigiert den Musikzug des Reichsarbeitsdienstes bei seinem Marsch an der Nürnberger Kundgebung 1937.
ullstein bild via Getty ImagesErst kürzlich sorgte das Lied in Grossbritannien für einen Skandal: Studierende der Universität Warwick spielten an einem Abendessen der Konservativen Vereinigung den Song ab, sangen laut mit und filmten sich dabei. Die Universität löste die Vereinigung daraufhin auf. Auch auf Tiktok verbreitet sich der Song – Techno-Remixes werden abgefeiert und einige versuchen sich gar darin, das Lied im Karaoke-Stil mitzusingen. Die Videos verzeichnen Hunderttausende Aufrufe und Zehntausende Kommentare.
Weshalb die Nazi-Symbolik plötzlich im Mainstream auftaucht, erklärt der Experte für Rechtsextremismus Damir Skenderovic im 20-Minuten-Interview.
Hast du oder hat jemand, den du kennst, ein Problem mit Suchtmitteln?
Hier findest du Hilfe:
Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen
Feel-ok, Informationen für Jugendliche
Infodrog, Information und Substanzwarnungen
Anonyme Alkoholiker, Tel. 0848 848 885
Narcotics Anonymous, Selbsthilfegruppe für Suchtbetroffene
Stopsmoking.ch, Tel. 0848 000 181
Vergiftungsnotfälle, Tel. 145
Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?
Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.