ItalienAus der Luftwaffe ausgeschlossen – jetzt kämpft Giulia (23) in der Ukraine
2018 wurde die Italienerin Giulia Schiff aus der italienischen Luftwaffe ausgeschlossen, nachdem sie Gewalt bei einem Aufnahmeritual angeprangert hatte. Jetzt kämpft sie in der Ukraine – bis zum bitteren Ende, wie Schiff sagt.
Darum gehts
«Ich sehe auf europäischer Seite nicht die Reaktion, die Putins Chaos in der Ukraine eigentlich verdienen würde. Es gibt keine Ausreden, nicht zu reagieren. Wir müssen ein Land, das sich nicht verteidigen kann, vor einer Weltmacht retten.» Mit diesem Facebook-Post bezieht Giulia Schiff am 25. Februar erstmals Stellung zur russischen Invasion in der Ukraine. Dass die 23-Jährige aber wenig später im Kriegsgebiet kämpfen wird, vermuteten damals aber wohl die wenigsten ihrer Followerinnen und Follower.
Gewalt und Mobbing
Schiff ist im militärischen Umfeld nicht unerfahren. In Italien berichteten die Medien 2018 über die damals 20-Jährige, weil diese vor Gericht ein Ritual in der italienischen Luftwaffe anprangerte. Am Ende der Ausbildung erwartet die Kadetten eine sogenannte «Flugtaufe». Dabei werden die angehenden Pilotinnen und Piloten nicht nur in einen Pool geworfen, zuvor erwarten sie auch Stockschläge und ein Kopfstoss gegen eine Triebfläche, wie Schiff damals vor Gericht aussagte.
Daraufhin wurde sie von der Luftwaffe ausgeschlossen, bis heute kämpft Schiff dafür, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Nachdem der Staatsrat zunächst vor einigen Monaten ihrer Berufung, wieder Karriere als Pilotin machen zu können, abgelehnt hatte, scheint es nun neue Hoffnung zu geben: Auf Instagram postete Giulia ein Dokument, gemäss dem die Kadettin dazu gezwungen worden sei, pflichtwidrig zu handeln, und bedroht worden sei. Der Prozess soll am 3. Mai stattfinden. Auch in der Schweizer Armee gab es in der Vergangenheit Berichte über «Hamburger-Taufen», die aus dem Ruder liefen.
Einzige Frau in der Legion
Momentan dürfte die 23-Jährige aber anderweitig beschäftigt sein. Wenige Tage nach ihrem Facebook-Post Ende Februar reiste Giulia unter grosser Geheimhaltung in mehreren Etappen in die Ukraine, wie die «Italia 1»-Korrespondentin Roberta Rei weiss. «Sie hat mich angerufen und gesagt ‹Ich reise morgen ab›. Ich war versteinert», so Rei, die sich nach dem Gerichtsverfahren von Schiff mit ihr anfreundete. Mit Kontakten vor Ort sei es Giulia dann gelungen, der «International Legion of Territorial Defense of Ukraine» beizutreten, wo sie derzeit laut «Corriere della Sera» die einzige Frau ist.
Nach wenigen Trainingstagen habe die 23-Jährige bereits bewaffnet an Kampfhandlungen rund um Kiew teilgenommen. Aus Sicherheitsgründen könne sie nicht genauere Angaben machen, teils war sie auch per Handy nicht erreichbar. Gegenüber ihrer Freundin Roberta Rei erklärte Giulia ihren Beitritt in die Freiwilligen-Legion in einer Videobotschaft: «Ich habe es getan, weil ich dafür geboren wurde, unseren ukrainischen Brüdern und Schwestern zu helfen und zu verhindern, dass der Krieg zu uns kommt.» Sie schwimme gegen den Strom, während viele flüchten, sei sie auf dem Weg ins Kriegsgebiet.
Auf Instagram gibt die Legionärin, wie sich Schiff in ihrer Bio beschreibt, Einblicke in ihren Alltag. Laut Rei habe sie nicht die Absicht, vor Ende des Konflikts nach Italien zurückzukehren. Ob ihr Kampf, wieder ins Militär aufgenommen zu werden, dann noch Sinn macht, ist fraglich: So drohen zum Beispiel in der Schweiz Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, die für eine andere Nation kämpfen, hohe Geld- und Freiheitsstrafen.
Beschäftigt dich oder jemanden, den du kennst, der Krieg in der Ukraine?
Hier findest du Hilfe für dich und andere:
Fragen und Antworten zum Krieg in der Ukraine (Staatssekretariat für Migration)
Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK, Tel. 058 400 47 77
Kriegsangst?, Tipps von Pro Juventute
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Anmeldung und Infos für Gastfamilien:
Schweizerische Flüchtlingshilfe, Tel. 031 370 75 75