Ukraine-KriegAusländische freiwillige Kämpfer fliehen aus der Ukraine
16’000 freiwillige Kämpfer weltweit gaben ihre Arbeit und ihre Familien auf und folgten einem Aufruf des ukrainischen Präsidenten Selenski, gegen die Russen zu kämpfen. Von der zusammengewürfelten Armee soll derzeit nicht viel übrig bleiben.
Darum gehts
Zahlreiche ausländische Kämpfer, die als Freiwillige in die Ukraine gereist waren, um gegen die Russen zu kämpfen, haben bereits begonnen, das Land zu verlassen. Die meisten sind auf die brutale Realität eines Krieges nicht vorbereitet.
Am 26. Februar hatte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski freiwillige Kämpfer weltweit dazu aufgerufen, sich dem Widerstand gegen die russische Invasion anzuschliessen. Dabei erklärte Selenski, das ukrainische Militär sei dabei, eine Fremdenlegion aufzustellen. In den darauffolgenden Tagen meldeten sich etwa 16'000 Ausländer aus mehr als 50 Ländern – darunter Deutschland, Kanada, Grossbritannien, Schweden und die USA – zum Freiwilligendienst an.
Keine Waffen, kein Training, schlechte Organisation
Als das russische Militär vergangenen Sonntag einen Truppenübungsplatz nahe der ukrainischen Grenze zu Polen angriff, änderte sich die Situation vieler ausländischer Kämpfer. Nach Angaben Moskaus wurden bei der Attacke bis zu 180 ausländische Söldner getötet sowie eine grosse Menge aus dem Ausland gelieferter Waffen zerstört.
Die Kämpfer, die überlebten, beklagten sich nach dem Anschlag über schlechte Organisation, fehlende Waffen und Ausbildung sowie belastende Verträge mit der ukrainischen Regierung, die sie zu jahrelangem Dienst verpflichten. Vielen seien «falsche Versprechungen» gemacht worden, lautet der Vorwurf der Ausländer.
Russen wussten genau, wo sich die Ausländer aufhielten
«Es war die reinste Hölle – Feuer, Geschrei, Panik. Und noch viel mehr Bomben und Raketen», beschrieb der schwedische Freiwillige Jesper Söder gegenüber der Nachrichtenagentur AP die Attacke. Er habe daraufhin eine Gruppe von Skandinaviern, Briten und US-Amerikanern aus dem Stützpunkt herausgeführt und über die polnische Grenze gebracht. Inzwischen sind Söder und fünf weitere Schweden wieder in ihrer Heimat, wie aus Söders letztem Facebook-Post zu entnehmen ist.
Der Angriff der russischen Truppen sei sehr präzise gewesen, so Söder: «Sie wussten genau, wo unser Waffenlager war. Sie wussten genau, wo sich das Verwaltungsgebäude befand.» 30 russische «massive Marschflugkörper» hätten genau «auf unseren Stützpunkt getroffen», so Söder.
«Wir brauchen spezialisierte Kräfte»
Die meisten aufgenommenen Kämpfer seien inzwischen entlassen, getötet oder verwundet worden, schreibt die US-Zeitschrift «Task & Purpose», die militärische Themen behandelt. «Der Plan, eine ukrainische Fremdenlegion aufzustellen, läuft definitiv nicht gut», kommentiert der ehemalige US-Marine Andrew Milburn.
«Wir sollten nur erfahrene Kriegsveteranen aufnehmen», meinte dazu ein ukrainischer General, der anonym bleiben will, gegenüber «Task & Purpose». «Die anderen wissen nicht, worauf sie sich einlassen – und wenn sie es herausfinden, wollen sie nach Hause gehen. Wir brauchen spezialisierte Kräfte – vor allem Scharfschützen.»
«Die Russen haben Kampfflugzeuge, ihr habt gar nichts»
Laut einigen ehemaligen Kämpfern liege das Problem jedoch nicht nur an ihrer Unerfahrenheit. Britische Freiwillige sagten der britischen Zeitung «The Telegraph», dass sie über die chaotische Art der Operation der ukrainischen Kräfte beunruhigt waren.
Carl Walsh aus Wales und Ollie Funnell aus East Sussex behaupten, sie hätten im Vorfeld von den Beamten in Kiew die Zusicherung erhalten, dass sie der internationalen Brigade als Sanitäter beitreten könnten. Als die Männer jedoch am Stützpunkt ankamen, wurde ihnen mitgeteilt, dass sie stattdessen nach nur 48 Stunden Ausbildung in den Kampf um die ukrainische Hauptstadt geschickt würden – obwohl sie keinen militärischen Hintergrund hatten. Der 50-jährige Walsh, ein ehemaliger Militärsanitäter, sagte: «Sie hatten nicht einmal Waffen im Lager, mit denen wir trainieren konnten.»
Im Reddit-Forum «Volunteers for Ukraine» warnte kürzlich ein Nutzer andere, es sich «zweimal zu überlegen», bevor sie sich freiwillig melden, da die «Situation absolut beschissen» sei. Wer sich der Legion der ausländischen Kämpfer anschliesse, müsse sich bewusst sein, «wie schlimm es in Kiew werden wird.» Ausserdem «müsst ihr wissen, dass die Russen Kampfflugzeuge haben, und ihr so gut wie gar nichts». Der User spricht von einem möglichen «Ende der ausländischen Legion».
Briten wohl am Angriff auf Militärstützpunkt schuld
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Hier findest du Hilfe für dich und andere:
Fragen und Antworten zum Krieg in der Ukraine (Staatssekretariat für Migration)
Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK, Tel. 058 400 47 77
Kriegsangst?, Tipps von Pro Juventute
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Anmeldung und Infos für Gastfamilien:
Schweizerische Flüchtlingshilfe, Tel. 031 370 75 75