Beziehungsexpertin«Frauen sind in der Beziehung im Vorteil»
Das Männerbild ist im Wandel. Das prägt insbesondere Beziehungen, wie Expertin Martina Rissi feststellt. Männer stünden heute wahnsinnig unter Druck.
Darum gehts
Was macht einen Mann aus? Die gesellschaftliche Antwort auf diese Frage ist im Wandel.
Das verunsichert laut Beziehungsexpertin Martina Rissi viele Männer, gerade beim Thema Dating und Beziehungen.
Ein Mann müsse heute emphatisch sein, über Gefühle reden können, gut zuhören – und trotzdem noch männlich sein.
Die Frau hingegen könne alles sein, müsse aber nichts.
Dating und Beziehungen seien insgesamt komplizierter geworden – aber auch bunter und spannender.
Die Rolle des Mannes beim Daten und in Beziehungen ist im Wandel. Klassische Attribute wie finanzstark und unverletzlich verlieren zunehmend an Wert. Trotzdem fühlt sich die Hälfte der Männer unter Druck gesetzt, Karriere zu machen, bevor sie eine Beziehung eingehen.
Martina Rissi führt seit 2012 eine eigene Praxis für Beziehungsfragen. Dass neue Ansprüche viele Herausforderungen für Männer mit sich bringen, erlebt sie in ihrer Arbeit jeden Tag.
Das klassische Männerbild verändert sich. Wie wirkt sich das auf Beziehungen aus?
Das wirkt sich aber auf jeden Aspekt einer Beziehung aus: die Regeln im Haushalt, die Erziehung der Kinder, die Aufteilung im Berufsleben, das Sexualleben, die Gesprächsformen, einfach auf alles.
Wie soll ein Mann denn heute sein?
Das ist natürlich unterschiedlich, aber: Männer müssen heute wahnsinnig viel sein. Sie sollen empathisch sein, gut zuhören und über Gefühle sprechen können. Gleichzeitig sollen sie weiterhin männlich sein. Ich vergleiche es mit einer Farbpalette: Männer müssen über alle Farbtöpfchen verfügen und dann noch die richtige Farbe zum richtigen Zeitpunkt wählen können.
Eine Frau kann Karriere-Mum sein oder nach der Geburt drei Jahre zu Hause bleiben, beides wird nicht verurteilt.
Hat sich die Rolle der Frau auch verändert?
Ja, sehr. Aber im Unterschied zum Mann kann eine Frau alles sein, sie muss aber nicht. Die Frau ist hier in der Beziehung im Vorteil, weil sie freier wählen kann. Sie kann Karriere-Mum sein oder nach der Geburt drei Jahre zu Hause bleiben, beides wird nicht verurteilt.
Verunsichert Männer das?
Ja, extrem. Gerade beim Daten, das ja immer noch einem klassischen Balztanz gleicht, wie wir ihn aus der Tierwelt kennen. Tendenziell wird immer noch erwartet, dass der Mann «der Mann ist» und den ersten Schritt macht. Bevor er also die ganze Farbpalette sein muss, muss er «Mann sein».
Das zeigt sich auch beim Geld: Die Hälfte der Schweizer Männer fühlt sich unter Druck gesetzt, vor einer festen Beziehung Karriere zu machen.
Trotz aller Veränderungen und Rollenaufweichungen, die ich sehr begrüsse, sind gewisse biologische Attribute in uns verankert. Der Mann ist nun einmal das stärkere Geschlecht. Er wird intuitiv und automatisch vor der Frau stehen, um sie zu beschützen, wenn ein Angreifer kommt. Und bevor er sich fortpflanzt, will er sicherstellen, dass seine Frau und das Kind in der Phase nach der Geburt, in der sie beide geschwächt sind, ernährt werden und überleben können. Das wird sich schätzungsweise nicht so schnell ändern.
Soll der Mann beim ersten Date bezahlen?
Woher kommt denn das Gefühl einiger Männer, ohne Karriere und Geld einer Beziehung nicht würdig zu sein?
Vieles entspringt aus der Prägung und der Erziehung der Familie. Der Sohn eines Künstlers, dem Geld nie so wichtig war, wird sich nicht gleich «unwürdig» fühlen wie der Sohn eines Topmanagers, der nie vor 21 Uhr nach Hause gekommen ist.
«Geld bedeutet immer auch Sicherheit, und die allermeisten Frauen wollen ein gewisses Mass an Sicherheit.»
Gut, aber in der Praxis: Kann ich als 18-Jähriger entscheiden, dass mir Geld nicht so wichtig ist, und trotzdem eine glückliche Beziehung finden?
Das geht auf jeden Fall, wenn er auf sein passendes Gegenstück trifft. Wenn etwa der Künstler, dem Dinge wie Zeit in der Natur wichtiger sind als Geld, auf die CEO eines Grosskonzerns stösst, die nach dem Mutterschaftsurlaub sofort wieder arbeiten möchte, kann das der perfekte Match sein. Und trotzdem bedeutet Geld immer auch Sicherheit, und die allermeisten Frauen wollen ein gewisses Mass an Sicherheit.
Mittellos kann ich also keine glückliche Beziehung führen?
Doch, aber auch das ist biologisch bedingt: Die Frau sucht nach Sicherheit für sich und ihre Familie, gerade direkt nach der Geburt. Früher sass sie am Lagerfeuer und ernährte das Kind, während der Mann jagen ging. Heute ist das Tier das Geld. Das werden wir vermutlich nie ganz loswerden. Es gibt aber natürlich Ausnahmen.
Muss der Mann denn im Restaurant beim ersten Date bezahlen?
Eine Studie zeigte erst kürzlich, dass die Mehrheit der Frauen das nach wie vor schätzt. Gleichzeitig muss der Mann vorsichtig sein und klarmachen, dass er dafür keine Gegenleistung verlangt. Wie gesagt: Männer haben es nicht einfach heutzutage.
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