Bieten Sexualhormone Schutz vor Corona?

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Östrogen und ProgesteronBieten Sexualhormone Schutz vor Corona?

Das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 trifft Männer und Ältere am heftigsten. Ein US-Forscher hat nun eine Erklärung dafür gefunden.

Das Coronavirus trifft nicht alle Menschen gleich hart. Von schweren Krankheitsverläufen sind vor allem Männer …
… und Senioren betroffen.
Frauen und jüngere Personen kommen meist glimpflich davon.
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Das Coronavirus trifft nicht alle Menschen gleich hart. Von schweren Krankheitsverläufen sind vor allem Männer …

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Darum gehts

  • Ein US-Wissenschaftler hat eine neue Erklärung dafür, warum das Coronavirus besonders Männern und Älteren zu Schaffen macht.

  • Laut ihm spielen gewisse Sexualhormone eine Rolle, die bei ihnen nur in reduzierter Zahl vorkommen.

Warum tun sich Männer und ältere Menschen besonders schwer mit Covid-19? Mit dieser Frage beschäftigen sich weltweit bereits einige Forscherteams. Während die einen die Ursache bei den männlichen Hormonen vermuten oder im männlichen Lebensstil, hat sich Graziano Pinna von der University of Illinois in Chicago voll und ganz auf die Bedeutung weiblicher Sexualhormone konzentriert.

Im Fachjournal «Trends in Endocrinology and Metabolism» kommt er nun zu dem Schluss, dass konkret die weiblichen Reproduktionssteroide eine grosse Rolle bei dem Verlauf spielen dürften.

Stimulation des Immunsystems

Diese hätten generell einen massgeblichen Einfluss auf unser Immunsystem, erklärt Pinna in einer Mitteilung seiner Hochschule. «Östrogen, Progesteron und sein physiologisch aktiver Metabolit Allopregnanolon stellen entzündungshemmende Funktionen bereit, verbessern Immunzellen, stimulieren die Antikörperproduktion.»

Im Hinblick auf eine Corona-Infektion würden sie aber noch mehr leisten: «Sie fördern die Reparatur von Epithelzellen der Atemwege und hemmen den ACE2-Rezeptor, über welchen Sars-CoV-2 in den Körper gelangt.» Entsprechend könnten sie vor einer Ansteckung und schweren Verläufen schützen.

Schwangerschaft schützt

Der Forscher stiess auf einen möglichen Zusammenhang, als im Frühjahr 2020 ein interessantes Phänomen auftrat. Frauen, die sich während ihrer Schwangerschaft mit dem Coronavirus infiziert hatten, wiesen bis zur Geburt keine Symptome auf. Gleich nach der Entbindung aber eskalierten diese – zum Teil so stark, dass die Betroffenen eine intensive Betreuung benötigten.

Die Begründung: «Hormone wie Progesteron, die zur Aufrechterhaltung einer Schwangerschaft beitragen, sind im dritten Trimester einer Schwangerschaft in einer hundertmal höheren Konzentration vorhanden», so Pinna. Nach der Geburt würden sie aber rasch abfallen, wodurch ihre Schutzfunktion abrupt nachlasse . «Die Korrelation war wirklich frappierend.» Laut dem Wissenschaftler decken sich die neuen Erkenntnisse auch mit einer weiteren Beobachtung aus den letzten Jahren: «Schwangere Frauen sterben fünfzehnmal seltener an Covid-19 als andere Frauen.»

Mögliche neue Therapie

Die Rolle der Sexualsteroide erklärt auch, warum neben den Männern auch ältere Menschen oft schwere Verläufe haben: Ihre Zahl sinkt nämlich mit zunehmendem Alter.

Laut Pinna unterstützten Progesteron und Allopregnanolon zudem den Kampf des Körpers gegen sogenannte Zytokinstürme. Dabei handelt es sich um eine Immunantwort, bei der der Körper beginnt, seine eigenen Zellen und Gewebe anzugreifen, anstatt nur das Virus zu bekämpfen. «Sie können die Überreaktion des Entzündungssystems blockieren, es unterdrücken und so Schlimmeres verhindern.»

Der Experte geht davon aus, dass sich durch Gabe solcher Hormone schwere Verläufe zumindest abmildern lassen. Darüber hinaus kann auch die Ernährung eine Rolle spielen. So könnte es sich beispielsweise positiv auswirken, auf eine Phytoöstrogen-reiche Ernährung umzusteigen. Das heisst viele Lebensmittel konsumieren, die pflanzliches Östrogen enthalten wie etwa Sojabohnen, Linsen oder Hafer.

Hast du oder jemand, den du kennst, Mühe mit der Corona-Zeit?

Hier findest du Hilfe:

BAG-Infoline Coronavirus, Tel. 058 463 00 00

Dureschnufe.ch, Plattform für psychische Gesundheit rund um Corona

Branchenhilfe.ch, Ratgeber für betroffene Wirtschaftszweige

Pro Juventute, Tel. 147

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