SelbstversuchBesseres Leben dank Atemtechnik? Wir haben es ausprobiert
Atemarbeit ist im Trend. Reporterin Anja wollte wissen, was dahinter steckt und hat einen Kurs besucht.
Überall auf der Welt sieht man Menschen, die sich durch ihren eigenen Atem berauschen. Doch was steckt dahinter? Reporterin Anja hat einen Kurs besucht.
M. Scherrer/A.ZobristDarum gehts
Atemarbeit soll helfen, die körperliche, mentale und emotionale Gesundheit zu verbessern.
20 Minuten hat den Selbsttest gemacht und einen Kurs besucht.
Ein Arzt ordnet ein, welche Wirkung die Techniken auf den Körper haben können.
Einatmen, anhalten, ausatmen – ist das Atemarbeit? Reporterin Anja wollte es herausfinden und hat eine zweistündige Breathwork-Session bei «keur» in Luzern besucht. Die beiden Co-Founder Manuela Schoepfer und ihr Partner Matthias Hunkeler geben seit rund sieben Jahren verschiedene Breathwork-Kurse in der Schweiz, Berlin, Paris und Kalifornien.

Die beiden Co-Founder des Studios «keur» Manuela Schoepfer und ihr Partner Matthias Hunkeler im Gespräch mit 20 Minuten.
20min/Michael ScherrerDer Kurs soll das körperliche, geistige und spirituelle Wohlbefinden steigern. Gegen Ende der Session folgte eine aktive und dynamische Atemmeditation. Die Atmung wurde also aktiv schneller. Reporterin Anja war sichtlich überrascht von den spürbaren Auswirkungen der Atemarbeit auf ihren Körper. Die Hände verkrampften sich und ihr wurde heiss – kann das gesund sein? Ein Arzt und ein Psychologe ordnen ein.
Das passiert im Körper
Johannes Scherr, Chefarzt und Leiter Universitäres Zentrum für Prävention und Sportmedizin in der Universitätsklinik Balgrist in Zürich, hat sich das Video angeschaut und ordnet ein: «Durch die schnelle Atmung haben Sie höchstwahrscheinlich hyperventiliert.» Die verschnellte Atmung führt dazu, dass das CO2 im Blut drastisch abnimmt, erklärt der Arzt. Der Kalzium-Haushalt im Körper verändere sich– die Folge davon: «Die Muskeln versteifen sich. Man nennt das auch Pfötchenstellung». Bei einer Hyperventilation atme man deshalb in eine Plastiktüte. «So atmet man das eigene CO2 wieder ein und kann den Mangel wieder ausgleichen.»

Johannes Scherr, Chefarzt und Leiter Universitäres Zentrum für Prävention und Sportmedizin in der Universitätsklinik Balgrist in Zürich, hat sich das Video angeschaut und ordnet ein: «Durch die schnelle Atmung haben Sie hyperventiliert».
privatScherr kennt die Atemarbeit vor allem im Bereich des Leistungssports. In der Sportmedizin wird die Atemarbeit angewendet, um die körperliche Leistung zu steigern. Gezielt werde dabei entweder der Sympathikus oder der Parasympathikus stimuliert. Der Sympathikus reguliert die Körperfunktionen in Stresssituationen und ist für Erregung und Aktivität zuständig. Der Parasympathikus reguliert die Körperfunktionen in Phasen der Ruhe und ist zuständig für die Regeneration. Hierbei können zum Beispiel Angst oder Nervosität vor einem Wettkampf positiv durch eine sogenannte «Boxatmung», also eine tiefe kontrollierte Atmung, oder eine tiefe Zwerchfellatmung beeinflusst werden.
Die Auswirkungen auf die Psyche
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Atemarbeit ist die Wirkung auf die Psyche: «Atemübungen sind eine häufige Intervention in der psychologischen Beratung und Psychotherapie. Sie werden unter anderem angewendet als Kontrollgewinn bei Panikattacken», sagt Psychologe Daniel Sigrist. Die Atemübungen würden aber zuvor im Alltag geübt. Weiter sei es eine beliebte Praxis zur Förderung der Achtsamkeit oder Entspannung.

«Atemübungen werden unter anderem angewendet als Kontrollgewinn bei Panikattacken», sagt Psychologe Daniel Sigrist.
privatIn Bezug auf die Aufarbeitung von Traumata äussert sich Sigrist zurückhaltend. Voreilige Heilversprechen würde er nicht aussprechen: «Das kann einerseits zu grosser Enttäuschung führen, andererseits können sogar
Retraumatisierungen ausgelöst werden.» Grundsätzlich empfindet Sigrist Breathwork als eine wertvolle Methode – wenn sie gut betreut in einem Einzelsetting oder in einer Gruppe durchgeführt werde.
Hast du auch schon eine Breathwork-Klasse besucht?
Gerade bei der Hyperventilation gewinne man bestenfalls einen Zugang zu teilweise lang vergessenen Erinnerungen und allenfalls sogar neue Erkenntnisse. «Vielleicht wird dann ein Prozess angeregt oder gar beschleunigt, welchen man in der Therapie begleiten kann», erklärt Sigrist.
Hast du oder hat jemand, den du kennst, eine psychische Erkrankung?
Hier findest du Hilfe:
Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858
Kinderseele Schweiz, Beratung für psychisch belastete Eltern und ihre Angehörigen
Verein Postpartale Depression, Tel. 044 720 25 55
Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen
VASK, regionale Vereine für Angehörige
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Angst- und Panikhilfe Schweiz, Tel. 0848 801 109
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