Witwe muss erster Frau ihres Mannes Unterhalt zahlen

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BundesgerichtWitwe muss Ex ihres toten Mannes Unterhalt zahlen

Nach dem Tod ihres Mannes stellte eine Witwe die Unterhaltszahlungen an dessen Ex-Frau ein. Zu Unrecht. Sie muss ihre Vorgängerin weiter unterstützen.

Bei einer Scheidung wurden vor allem früher meist Unterhaltszahlungen vereinbart.
Nun entschied das Bundesgericht, dass diese in bestimmten Fällen über den Tod hinaus geleistet werden müssen.
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Bei einer Scheidung wurden vor allem früher meist Unterhaltszahlungen vereinbart.

Martin Gerten/dpa

Darum gehts

  • Als ein Mann von der Zürcher Goldküste starb, erbte seine zweite Frau dessen Vermögen.

  • Allerdings gehörte zum Erbe auch die Verpflichtung, der ersten Gattin monatlich 12'000 Unterhalt zu zahlen.

  • Die Erbin focht dies durch mehrere Instanzen an, blitzte nun aber sogar vor dem Bundesgericht ab.

29 lange Jahre bezahlte ein offensichtlich wohlhabender Zürcher seiner Ex-Frau nach der Scheidung gemäss gerichtlicher Vereinbarung 12'000 Franken pro Monat Unterhalt, bis er Mitte 2022 starb. Da er in der Zwischenzeit erneut geheiratet hatte, wurde seine zweite Frau Alleinerbin seines Vermögens. Diese stellte die Zahlungen an ihre Vorgängerin in der Folge ein.

Dies passte der Verflossenen nicht: Sie leitete einige Monate nach dem Versiegen der Geldquelle gegen die Witwe eine Betreibung ein und forderte weiterhin Unterstützung. Die Witwe hingegen sah keine Veranlassung, weiterhin zu bezahlen. In der Folge landete der Fall zuerst vor dem Bezirksgericht Meilen und später auch vor dem Zürcher Obergericht, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.

Fall landete vor Bundesgericht

Beide sahen die Unterhaltspflicht weiterhin als gegeben an. Die Witwe zog den Fall schliesslich ans Bundesgericht weiter, welches nun im Sinne der Vorinstanzen entschied: Obwohl eine Scheidung das Ende der Beziehung bedeutet, erlischt damit die finanzielle Schicksalsgemeinschaft des Paares nicht, zumal die Unterhaltszahlungen im vorliegenden Fall Teil der Scheidungsvereinbarungen sind.

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Die 1993 bei der Scheidung rechtskräftig gewordene Vereinbarung müsse weiter vollstreckt werden, begründete das Gericht: Die zweite Frau hatte beim Tod des Mannes nicht nur dessen Geld, sondern auch seine Verpflichtungen geerbt. Und diese erlöschen gemäss Richterspruch erst mit dem eigenen Tod. Wegen der Teuerung haben sich die Unterhaltszahlungen sogar auf monatlich 14'000 Franken erhöht.

Gesellschaft entwickelte sich weiter

Das Gericht befasste sich nicht mit der Frage, ob eine solche Rechtsprechung noch zeitgemäss ist: Es sei hier wichtig zu beachten, dass das Urteil nicht die gesellschaftliche Realität von heute, sondern die von 1993 widerspiegele, sagt Rechtsanwalt Daniel Stoll, der vor Gericht die Ex-Frau vertrat.

Heute erhalten in der Praxis nur noch Personen Unterhaltszahlungen, die es finanziell wirklich nötig haben. Doch damals wurde bei Scheidungen dem «Hauptversorger» die Mehrheit des Vermögens zugesprochen – allerdings fiel damit diesem, meist eben dem Mann, auch die Unterhaltspflicht zu. Und diese muss seine Witwe als Alleinerbin nun weiterhin wahrnehmen.

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