Nach CS-KriseAuch Nationalrat will Aufsicht über Grossbanken verschärfen
Am Dienstagvormittag ging es in der grossen Kammer vor allem um ein Thema: Den Untergang der Credit Suisse. Dazu wurde über mehrere Vorstösse debattiert.
Darum gehts
Der Nationalrat debattierte am Dienstag über mehrere Vorstösse, die nach dem Aus der Credit Suisse eingereicht wurden.
So geht es etwa um die «Too big to fail»-Regulierung, mehr Macht für die Finanzmarktaufsicht (Finma) und um Verschärfungen für systemrelevante Banken.
Der Nationalrat entschied sich – wie bereits der Ständerat – für die Annahme sämtlicher Vorstösse.
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Credit Suisse: Nationalrat folgt Ständerat – die Zusammenfassung
Wie bereits der Ständerat hat nun auch der Nationalrat alle Vorstösse angenommen, die von der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) nach der Untersuchung der CS-Krise eingereicht worden waren.
Auch im Nationalrat gab es zu Beginn der Debatte viel Lob für den «ziemlich dicken» und «historischen» Bericht der PUK. Der Einsatz der Kommission sei «wichtig und richtig» gewesen, sagte Mitte-Nationalrat Leo Müller.
Bundespräsidentin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter äusserte sich ebenfalls. Sie blickte auf den März 2023 zurück, als die CS-Krise ihren Höhepunkt erreichte: «Zum zweiten Mal innert 15 Jahren wurden in unserem Land wegen des Verhaltens der Führung einer Grossbank staatliche Massnahmen notwendig – das war nicht nur ein Schock, sondern eine Enttäuschung», so Keller-Sutter. Am 18. März vor zwei Jahren sei noch ein Tag geblieben, um einen «unkontrollierten Untergang der Credit Suisse» zu verhindern.

«Zum zweiten Mal innert 15 Jahren wurden in unserem Land wegen des Verhaltens der Führung einer Grossbank staatliche Massnahmen notwendig – das war nicht nur ein Schock, sondern eine Enttäuschung», sagte Bundespräsidentin Keller-Sutter.
Screenshot/ParlamentMit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmenpaket solle nun die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Krise einer Grossbank reduziert werden – «das Risiko für die Steuerzahlenden und die Volkswirtschaft soll nach bestem Wissen und Gewissen minimiert werden», so die Bundespräsidentin.
Zum Schluss der Debatte warb SP-Nationalrat Roger Nordmann, der Mitglied der PUK ist, nochmals leidenschaftlich für die Annahme der Vorstösse. «Dies ist heute meine letzte Rede im Nationalrat», sagte er am Schluss, und kämpfte kurzzeitig mit den Gefühlen. Nordmann tritt zum Ende der laufenden Session, die am Freitag endet, zurück.

«Ich möchte mich bei Ihnen bedanken – für alle Kämpfe, die wir auf zivilisierte Weise geführt haben, und für alle Kompromisse, die wir gemacht haben», so der abtretende SP-Nationalrat Roger Nordmann.
Screenshot/Parlament«Ich möchte mich bei Ihnen bedanken – für alle Kämpfe, die wir auf zivilisierte Weise geführt haben, und für alle Kompromisse, die wir gemacht haben», so Nordmann. «Ich übergebe Ihnen jetzt das UBS-Dossier und möchte euch anregen, untereinander Kompromisse zu machen – und nicht Kompromisse mit der UBS.» Im Nationalratssaal ertönte Applaus.
Nationalrat spricht sich für schärfere Bankenregulierung aus
Der Nationalrat hat abgestimmt – und alle Vorstösse angenommen.
Die Ziele der «Too big to fail»-Gesetzgebung sollen angepasst werden. Nebst dem Schutz des schweizerischen Finanzsystems sollen die Ziele der Gesetzgebung auch die Umsetzbarkeit im internationalen Verhältnis sowie die Vermeidung der Auslösung einer internationalen Finanzkrise beinhalten.
Auch die Erleichterungen von Eigenmittel- und Liquiditätsvorschriften für systemrelevante Banken (SIB) sollen beschränkt werden. Diese sollen etwa transparent ausgewiesen werden und zwingend zeitlich begrenzt sein.
Der Nationalrat will zudem die Durchsetzungskraft der Finma bei SIB stärken und die Kompetenzen der Schweizerischen Nationalbank gegenüber systemrelevanten Banken in Bezug auf ausserordentliche Liquiditätshilfen erweitern.
Angenommen wurden zudem Vorstösse zur:
Überprüfung der Krisenfrüherkennung und Stärkung der Rolle der Bundeskanzlei
Vermeidung von falschen Anreizen bei Vergütungen und Ausschüttungen der systemrelevanten Banken
Erleichterung der Governance der Finma
Stärkung des Aktionariats in systemrelevanten Grossunternehmen
Überprüfung der Gewährskriterien, um die Verantwortung der systemrelevanten Banken gegenüber der Schweizer Volkswirtschaft und den Steuerzahlenden zu stärken
Verminderung von Interessenskonflikten bei der Revision von Banken
Weil auch der Ständerat bereits sämtliche Vorstösse annahm, wurden diese nun an den Bundesrat überwiesen.
«Wie sie wissen, liebe ich Kompromisse»
SP-Nationalrat Roger Nordmann hält eine leidenschaftliche Abschlussrede, in der er nochmals für die Annahme der Vorstösse weibelt.

«Wie sie wissen, liebe ich Kompromisse – Brücken und Lösungen», so SP-Mann Roger Nordmann.
Screenshot/ParlamentDanach spricht er seinen bevorstehenden Abschied aus dem Nationalrat an und wird kurz von seinen Gefühlen übermannt. «Wie sie wissen, liebe ich Kompromisse – Brücken und Lösungen», so Nordmann. «Ich übergebe Ihnen jetzt das UBS-Dossier und möchte euch anregen, untereinander Kompromisse zu machen – und nicht Kompromisse mit der UBS.» Im Nationalratssaal ertönt Applaus.
«Krisen halten sich nicht an Drehbücher»
«Krisen halten sich nicht an Drehbücher», betont Keller-Sutter. «Wir haben etwas die Tendenz zu glauben, dass wir immer alles beherrschen – das wir, wenn wir aus einer Krise Lehren ziehen, das ganz akribisch aufarbeiten können und glauben, wir hätten es dann immer voll im Griff. Aber wir wissen nicht, wie eine nächste Krise aussehen kann», so die Bundespräsidentin.

«Das Risiko für die Steuerzahlenden und die Volkswirtschaft soll nach bestem Wissen und Gewissen minimiert werden», sagt Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter.
Screenshot/ParlamentMit der Umsetzung des vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmenpakets solle aber die Wahrscheinlichkeit reduziert werden, dass eine Grossbank in eine Krise gerate und staatliche Massnahmen notwendig würden. «Das Risiko für die Steuerzahlenden und die Volkswirtschaft soll nach bestem Wissen und Gewissen minimiert werden», schliesst die Finanzministerin.
Bundespräsidentin Keller-Sutter: «Nicht nur ein Schock, sondern eine Enttäuschung»
Nun spricht Bundespräsidentin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter: «Es ist heute der 18. März 2025 – das scheint etwas banal zu sein, wenn ich eine solche Aussage mache. Aber wenn ich zurückdenke an vor zwei Jahren, das war der Samstag, 18. März 2023, also etwas mehr als 24 Stunden bevor wir damals eine Lösung gefunden haben. Der Bundesrat und die involvierten Behörden befanden sich wirklich in einer Ausnahmesituation», sagt sie. Es sei noch ein Tag geblieben, um einen «unkontrollierten Untergang der Credit Suisse» zu verhindern.

Die notwendig gewordene Rettung der CS sei «nicht nur ein Schock, sondern eine Enttäuschung» gewesen, so Keller-Sutter.
Screenshot/Parlament«Zum zweiten Mal innert 15 Jahren wurden in unserem Land wegen des Verhaltens der Führung einer Grossbank staatliche Massnahmen notwendig – das war nicht nur ein Schock, sondern eine Enttäuschung», so Keller-Sutter.
Der Bundesrat unterstützt viele der Vorstösse – lehnt einige jedoch ab. So sieht der Bundesrat etwa bei der Forderung, Erleichterungen von Eigenmittel- und Liquiditätsvorschriften für systemrelevante Banken zu beschränken, die Gefahr eines Widerspruchs mit der Forderung, dass die Kompetenzen der Finma weiter gestärkt werden sollen.
FDP will ebenfalls PUK-Vorstösse unterstützen
Die Krise habe nicht nur die Schweizer Finanzwelt erschüttert, sondern auch «weitreichende Fragen» zur Bankenregulierung, Aufsicht und der Krisenbewältigung aufgeworfen, so FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger.
Die Empfehlungen der PUK deckten sich gut mit den Forderungen der FDP – die Fraktion werde sämtliche Vorstösse der PUK unterstützen.
Mitte-Fraktion will Vorstösse «vollumfänglich unterstützen»
Kommissionsmitglied Leo Müller ergreift nochmals das Wort – diesmal für die Mitte-Fraktion. Sie seien der Meinung, dass das Einsetzen der PUK «wichtig und richtig» war. Ein Wegschauen sei keine Alternative gewesen.

Die Mitte-Fraktion werde alle Vorstösse «vollumfänglich unterstützen», verkündet Leo Müller.
Screenshot/Parlament«Morgen jährt sich zum zweiten Mal, dass der Bundesrat an diesem denkwürdigen Sonntagabend verkünden musste, dass unter Anwendung von Notrecht eine Zwangsfusion der CS mit der UBS zustande gekommen ist», so Müller. Nur dank einer «Herkulesarbeit», die zuvor geleistet worden war, sei es gelungen, dass am nächsten Morgen die Bankenlandschaft im In- und Ausland ihren Betrieb «einigermassen geregelt» aufnehmen konnten.
Die Mitte-Fraktion werde alle Vorstösse «vollumfänglich unterstützen», verkündet Müller. Er mahnt jedoch dazu, dass die Massnahmen sich nur auf die systemrelevanten Banken fokussierten.
SP-Nationalrätin kritisiert bürgerliche Ratshälfte
«Der 19. März 2023 war eine Zäsur», beginnt SP-Nationalrätin Céline Widmer (SP). Die UBS trage die Schweiz im Namen – das «S» stehe für viel, etwa Verlässlichkeit und Stabilität. «Die UBS muss eine Bank für die Schweiz sein – weil die Gesellschaft ein Risiko übernimmt mit einer solchen global systemrelevanten Bank, die der Staat im Notfall rettet.»

Céline Widmer (SP) schiesst gegen die rechte Ratshälfte: Der Bericht zeige, «dass die enge Verflechtung zwischen bürgerlichen Politikerinnen und Politikern und der Finanzindustrie zum CS-Debakel geführt haben.»
Screenshot/ParlamentDer PUK-Bericht zur CS sei historisch. «Er zeigt klar, dass die enge Verflechtung zwischen bürgerlichen Politikerinnen und Politikern und der Finanzindustrie zum CS-Debakel geführt haben», sagt Widmer.
Die Vorstösse der PUK gingen der SP zu wenig weit. Der Bundesrat solle bereits jetzt auf Verordnungsstufe Massnahmen ergreifen – etwa, dass die UBS ausländische Tochterbanken mit 100 Prozent Eigenkapital unterlegen müsse.
SVP-Nationalrat: «Glaube, diese ‹Non-Meetings› waren wichtig»
Alfred Heer (SVP) tritt ans Rednerpult. Auch er bedankt sich bei der PUK für ihre Arbeit. «Der Bericht ist ziemlich dick und unfangreich – es wird sicherlich auch ein Stück Geschichtsschreibung sein», hält er fest.
Die Frage sei: Inwiefern hätte man das voraussehen können – und inwiefern hätten die Finanzmarktaufsicht (Finma) oder auch der Bundesrat dies verhindern können. Er nennt weitere Beispiele wie die Coronapandemie oder den Ukraine-Krieg, auf die man auch schlecht vorbereitet gewesen sei. «Ich glaube, es gab Anzeichen dafür, dass eine Krise kommen wird – ich glaube, die CS war schlecht geführt», so Heer.

«Ich glaube, es gab Anzeichen dafür, dass eine Krise kommen wird – ich glaube, die CS war schlecht geführt», so Heer.
Screenshot/ParlamentEr kommt auf die sogenannten «Non-Meetings» zwischen dem damaligen Finanzminister Ueli Maurer und Spitzenvertretern der Grossbanken zu sprechen. «Ich glaube diese ‹Non-Meetings› waren wichtig – die Gespräche mit der SNB, der Finma, aber auch mit der CS haben doch dazu geführt, dass man einigermassen vorbereitet war auf den Crash im März», so Heer. Finanzministerin Karin Keller-Sutter habe einen «hervorragenden Job gemacht», als die Krise ausbrach, lobt der SVP-Mann.
Grünen-Nationalräte üben scharfe Kritik
Grünen-Nationalrätin Sophie Michaud Gigon spricht für die Grünen-Fraktion: Gewisse Stossrichtungen müssten verstärkt werden, fordert die Partei. «Eine Bank, die 33 Milliarden Franken verliert und gleichzeitig Boni ausschüttet, hat eine enorme Verantwortung in diesem ‹Debakel›», hält die Nationalrätin fest.

«Eine Bank, die 33 Milliarden Franken verliert und gleichzeitig Boni ausschüttet, hat eine enorme Verantwortung in diesem ‹Debakel›», so Grünen-Nationalrätin Sophie Michaud Gigon.
Screenshot/ParlamentDie CS-Krise sei nicht nur eine Vertrauenskrise, sondern eine Krise, die auf verschiedene Verfehlungen zurückgehe. Eine Bank müsse sich selbst retten können, betont Michaud Gigon.
Auch Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey ergreift das Wort. Die PUK sei eine Notwendigkeit gewesen. Die Kernaussagen des Berichts seien klar.

Auch Gerhard Andrey (Grüne) lässt Kritik laut werden. (Archivbild)
20min/Matthias Spicher«Die Credit Suisse-Führung agierte über ein Jahrzehnt wie in einem Selbstbedienungsladen und ruinierte das Traditionsinstitut mit desaströsem Missmanagement. Sie tanzte der Aufsicht auf der Nase herum, während die Politik – und gerade in den letzten Jahren allen voran Finanzminister Bundesrat Maurer – tatenlos zusah», kritisiert Andrey. Das habe zwangsläufig zum Vertrauensverlust geführt.
PUK-Bericht
Der Ständerat hat den Bericht der PUK bereits beraten – nun ist der Nationalrat an der Reihe.

Franziska Ryser erklärt, welche Problematiken die PUK bei ihrer Untersuchung zur CS-Krise gefunden hat. (Archivbild)
20min/Matthias SpicherDen Beginn macht eine Berichterstatterin aus der Kommission, Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser: Sie erklärt, wie die PUK vorgegangen ist und welche Problematiken die Kommission festgestellt hat (mehr dazu hier). Alle Vorstösse, die heute beraten werden, stammen aus der Feder der PUK – der Ständerat hat bereits in der vergangenen Woche alle Vorstösse angenommen.
Die Kommissionsmitglieder Thomas Matter (SVP), Roger Nordmann (SP), Daniela Schneeberger (FDP), Beat Flach (GLP) und Leo Müller (Die Mitte) äussern sich zu den verschiedenen PUK-Vorstössen – und erklären ihren Ratskolleginnen und -kollegen, weshalb sie diese annehmen sollen.
Monothematischer Sessionstag zur Credit Suisse im Nationalrat
Guten Morgen! Heute debattiert der Nationalrat über mehrere Vorstösse, die nach dem Aus der Credit Suisse eingereicht wurden.
Nachdem zuerst die Geschäftsprüfungskommission (GPK) und die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) ihren Jahresbericht vorgestellt haben, geht es jetzt los mit der ersten Debatte zur CS-Thematik.

Der Nationalrat debattiert über das Aus der Credit Suisse.
Tamedia / Adrian MoserErster Punkt auf dem Traktandum ist der Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK), die sich mit der Geschäftsführung der Bundesbehörden während der CS-Krise auseinandergesetzt hat.
Auch Bundespräsidentin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter ist im Nationalratssaal anwesend.