Personalmangel – Crews am Anschlag – «bei Helvetic ist es noch viel schlimmer als bei der Swiss»

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PersonalmangelCrews am Anschlag – «bei Helvetic ist es noch viel schlimmer als bei der Swiss»

Noch bevor die Sommersaison beginnt, ist das Flugpersonal schon ausgebrannt. Bei Helvetic fehlen etwa 100 fliegende Angestellte, sagen Insider. Die Airline streitet den Personalmangel ab.

Angestellte von Helvetic Airways klagen über eine hohe Arbeitsbelastung.
Weil es nicht genug Personal gibt, müssen Angestellte laut einem Insider sechs bis sieben Tage am Stück arbeiten und haben danach einen Tag frei.
Angestellte im Büro müssen Arbeitstage aufteilen. Am Morgen sind sie in der Luft und am Nachmittag im Büro, wie der Insider sagt.
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Angestellte von Helvetic Airways klagen über eine hohe Arbeitsbelastung.

20min/Celia Nogler

Darum gehts

Airlines stecken mitten im Aufbau für die Sommersaison. Doch bei der Swiss müssen die Flight Attendants wegen Personalmangels schon jetzt mehr leisten und sind am Anschlag, wie ein Angestellter 20 Minuten berichtete.

Wenn der Swiss Personal fehlt, gibt sie Flüge an Helvetic Airways ab, wie News-Scout M.* zur Redaktion sagt. M. arbeitet bei Helvetic. Bei der kleineren Schweizer Fluglinie seien die Zustände deswegen aktuell noch viel schlimmer als bei der Swiss.

«Bei Helvetic gabs zwar keine Massenentlassung wie bei der Swiss, doch in der Corona-Krise haben viele Angestellte gekündigt und sich nach etwas Neuem umgesehen», sagt M. Von der Chefetage heisse es, dass bis zu 80 Leute gesucht würden, doch auch das sei noch zu wenig für den Betrieb im Sommer.

«Es ist noch nicht mal Sommer und wir sind schon völlig ausgebrannt»

Die Cabin Crews müssten nun sechs bis sieben Tage am Stück arbeiten und hätten danach einen Tag frei. Angestellte im Büro müssten wegen des Personalmangels Arbeitstage aufteilen. Am Morgen sind sie in der Luft und am Nachmittag acht Stunden im Büro, wie M. sagt.

Der Stress schlägt auf die Stimmung. Man versuche zu verhindern, dass die Kundschaft etwas davon merkt. Doch die Laune beim gesamten Kabinenpersonal sei schlecht. Manche würden sich wegen der hohen Arbeitsbelastung krank melden und den Personalmangel so noch vergrössern. «Es ist noch nicht mal Sommer und unsere Cabin Crews sind schon völlig ausgebrannt, ein normaler Betrieb ist so nicht möglich», so M.

«Viele haben gekündigt»

Bei der Kabinenpersonal-Gewerkschaft Kapers bestätigt Präsidentin Sandrine Nikolic-Fuss die Vorwürfe: «Interne Quellen bestätigen uns die schwierigen Arbeitsbedingungen und etwa 100 fehlende Flight Attendants für diesen Sommer.»

Der Grund für den Personalmangel seien viele Abgänge. Helvetic sei immer für ein flexibles Arbeitsmodell bekannt gewesen. So hätten etwa viele Studenten bei Helvetic gearbeitet. Nach der Corona-Krise habe Helvetic diese Flexibilität massiv eingeschränkt.

«Die Angestellten konnten ihr Berufsleben nicht mehr so einrichten, wie sie es gewohnt waren, deshalb haben nun viele von ihnen gekündigt», so Nikolic-Fuss. Sie hofft, dass sich die Arbeitsbedingungen bei der Airline verbessern.

Solange Helvetic die Gewerkschaft aber nicht als Sozialpartnerin anerkenne und keinen Gesamtarbeitsvertrag biete, sei es schwierig, dass es dazu komme.

Helvetic rekrutiert nun Skilehrerinnen und Flüchtlinge

Es gebe derzeit keinen Personalmangel, heisst es hingegen vonseiten Helvetics. Aber es laufe die Rekrutierung für den Sommer, wenn alle Flugzeuge im Einsatz sind, sagt ein Sprecher zu 20 Minuten. Dafür engagiert Helvetic etwa Skilehrerinnen und Skilehrer und will auch ukrainische Flüchtlinge beschäftigen.

Zur Arbeitsbelastung sagt Helvetic, dass es keine siebentägigen Flugeinsätze gebe, in wenigen Ausnahmefällen seien aber sechs Arbeitstage am Stück möglich. Wenige Angestellte hätten Zusatzaufgaben im Büro übernommen, erhielten dafür aber entsprechende Kompensationen.

Vor Corona sei die Arbeitsauslastung grösser gewesen. Ausserdem halte sich Helvetic an die europäischen Flugsicherheits-Richtlinien.

Flieger und Crews zu vermieten

*Name der Redaktion bekannt.

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