Hyaluron-Pfusch: Ständerat lehnt mehr Regeln für Kosmetikstudios ab

Publiziert

Hyaluron-Pfusch«Damit lässt man die Frauen im Stich» – Ständerat lehnt mehr Regeln ab

Eine Motion von Alt-Nationalrätin Ruth Humbel wurde abgelehnt. Die Mitte-Politikerin ist enttäuscht.  

Alt-Nationalrätin Ruth Humbel fordert: «Ausschliesslich ausgebildete Ärztinnen und Ärzte sollten Hyaluronsäure und Botox spritzen dürfen.»
Laut dem Heilmittelinstitut Swissmedic dürfen Produkte mit Hyaluronsäure, die länger als 30 Tage im Körper bleiben, ausschliesslich durch eine Ärztin oder einen Arzt und durch diplomierte Pflegefachpersonen unter der direkten Kontrolle und Verantwortung einer Ärztin oder eines Arztes mit einer entsprechenden Weiterbildung angewendet werden. (Symbolbild)
Produkte, welche nachweislich weniger als 30 Tage im Körper bleiben, dürfen hingegen durch Kosmetikerinnen oder Kosmetiker angewendet werden. (Symbolbild)
1 / 3

Alt-Nationalrätin Ruth Humbel fordert: «Ausschliesslich ausgebildete Ärztinnen und Ärzte sollten Hyaluronsäure und Botox spritzen dürfen.»

20min/Simon Glauser

Darum gehts

  • Alt-Nationalrätin Ruth Humbel reichte 2019 einen Vorstoss ein.

  • «Das Spritzen von Hyaluronsäure und Botox gehört in die Hand von Ärztinnen und Ärzten», forderte die Mitte-Politikerin.

  • Der Nationalrat stimmte dem Vorstoss vor 1,5 Jahren zu. Am Dienstag lehnte der Ständerat die Motion aber ab.

Ärztinnen und Ärzte behandeln vermehrt Personen aufgrund von Komplikationen oder unschönen Resultaten nach Hyaluron-Behandlungen (20 Minuten berichtete). Eine strengere Regulierung forderte deshalb Alt-Nationalrätin Ruth Humbel: «Ausschliesslich ausgebildete Ärztinnen und Ärzte sollten Hyaluronsäure und Botox spritzen dürfen», so die Mitte-Politikerin.

Laut dem Heilmittelinstitut Swissmedic dürfen Produkte mit Hyaluronsäure, die länger als 30 Tage im Körper bleiben, ausschliesslich durch eine Ärztin oder einen Arzt und durch diplomierte Pflegefachpersonen unter der direkten Kontrolle und Verantwortung einer Ärztin oder eines Arztes mit einer entsprechenden Weiterbildung angewendet werden. Produkte, welche nachweislich weniger als 30 Tage im Körper bleiben, dürfen hingegen durch Kosmetikerinnen oder Kosmetiker angewendet werden.

Bereits 2019 reichte Humbel einen Vorstoss ein. Denn neben den verheerenden optischen und gesundheitlichen Folgen für die Betroffenen kämen die Kosten für Nachbehandlungen hinzu: «Folgekosten gehen dann zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) und muss von der Solidargemeinschaft der Prämienzahlenden finanziert werden.»

Motion abgelehnt

In der Stellungnahme schrieb der Bundesrat damals, dass die geltenden bundesrechtlichen Bestimmungen beziehungsweise die neu vorgesehenen Regelungen einen ausreichenden Schutz der Patientinnen und Patienten darstellen. Die Kontrolle und entsprechend die Sanktionierung von Widerhandlungen liege jedoch in der Kompetenz der Kantone.

Der Nationalrat stimmte dem Vorstoss vor 1,5 Jahren zu. Am Dienstag lehnte der Ständerat die Motion aber ab. «Die Kommission kommt nach ihren Beratungen zum Schluss, dass die gesetzlichen Grundlagen für das fachgerechte Spritzen von Hyaluronsäure und Botox ins Gesicht als Schönheitsbehandlung bereits ausreichend sind. Die gesetzlichen Grundlagen und der Vollzug liegen in der Kompetenz der Kantone», heisst es unter anderem in der Begründung. 

Humbel versteht den Entscheid des Ständerats nicht: «Damit lässt man die jungen Frauen in Stich. So wird es weiter Opfer geben und es wird weiteres Leid verursacht. Dass die Wissenschaft ignoriert wird, ist fahrlässig. Die Begründung, dass die Gesetzeslage ausreichend ausgebaut ist, ist oberflächlich. Die Grenze von 30 Tagen, welche festgelegt wurde, ist unscharf, da je nach Person und Erfahrung mit Fillern, diese auch dementsprechend unterschiedlich schnell abgebaut werden”, sagt Humbel.

«Grenze zwischen Medizin und reiner Kosmetik ist schwierig zu ziehen»

Gemäss Rudolf Hauri, Zuger Kantonsarzt und Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzten der Schweiz, achten die kantonalen Stellen im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit auf den korrekten Umgang, zum Beispiel mit Fillern: «Die Stellen müssen aber über die Anwendung informiert werden, was bei illegaler Anwendung oft nicht der Fall ist», sagt Hauri.

Hinzu komme, dass es sich um einen Bereich handle, der insgesamt einigen Spielraum zulässt: «Die Grenze zwischen Medizin und reiner Kosmetik ist in der Praxis schwierig zu ziehen, was die Kontrolle erschwert.» Gerade im Bereich Kosmetik sei es in der Praxis manchmal schwierig, tatsächlich zwischen Tätigkeiten, die einem bewilligungspflichtigen Beruf vorbehalten sind, und bewilligungsfreien zu unterscheiden: «Solche Eingriffe stellen ähnlich wie Tätowieren und Piercen keine Diagnosestellung und Behandlung im medizinischen Sinne dar, sondern bewegen sich an einer Grenze zum eigentlichen Gesundheitswesen.»

Selbstverständlich gelten laut Hauri aber auch hier heilmittelrechtliche und andere rechtliche Bestimmungen: «Die kantonale Aufsichtsbehörde kann bei Verletzung der Berufspflichten oder bei Verletzung der gesetzlichen Vorschriften Disziplinarmassnahmen anordnen, darunter ein Berufsausübungsverbot oder auch ein Verbot bestimmter Tätigkeiten.» Die Aufsichtsbehörde könne auch die Bewilligung zur Berufsausübung entziehen, sofern es eine solche für die Berufsausübung überhaupt braucht, sowie bestimmte Tätigkeiten bestimmten Personen verbieten.

Hast du Fragen zu deinen Rechten als Patientin oder Patient?

Hier findest du Hilfe:

Keine News mehr verpassen

Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.

Deine Meinung zählt

99 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen