Nachbar sprichtDeshalb eskalierte der Streit um die Modelleisenbahn wirklich
Ein Rentner muss seine Modelleisenbahn abbrechen, weil sein Nachbar einen Entscheid des Baurekursgerichts anfocht. Jetzt stellt sich aber heraus: Den Konflikt ins Rollen gebracht hat der Modelleisenbahn-Fan selbst.
Darum gehts
Der Streit um eine Modelleisenbahn in einer Gemeinde im Zürcher Weinland schlug national hohe Wellen.
Laut dem Nachbarn des Modelleisenbahn-Fans sieht die Sachlage ein wenig anders aus.
Den ganzen Streit ins Rollen habe nicht er, sondern der Nachbar mit der Modelleisenbahn gebracht.
Im Zürcher Weinland muss ein Rentnerpaar eine grosse Modelleisenbahnanlage in ihrem Garten abbrechen. Weil sich das bebaute Grundstück in der Landwirtschaftszone befindet, ordnete der Gemeinderat einen Rückbau an.
Das Rentnerpaar wehrte sich jedoch gegen diese Anordnung und zog vor das Baurekursgericht. Dieses gab dem Paar recht. Doch die Freude über den Entscheid währte nur kurz: Wie die Pensionäre gegenüber dem «Landboten» nämlich berichteten, wurde der Entscheid erfolgreich angefochten – und zwar vom Nachbarn der Modelleisenbahn-Fans.
20 Minuten konnte mit der Gegenseite sprechen – und was Nachbar A.L.* berichtet, gibt der ganzen Geschichte eine Wende.
Gemeinde intervenierte wegen Modelleisenbähnler
Angefangen hat der ganze Streit laut A.L.** nämlich wegen mehrmaliger Beschwerden des Modelleisenbahn-Fans gegen A.L.* – wegen unterschiedlicher Dinge. Eskaliert sei das Ganze dann wegen des Gartenhauses von A.L.: «Ich wollte das Dach vergrössern, was meinem Nachbarn offenbar nicht passte.»
Der Modelleisenbahn-Fan ging daraufhin zur Gemeinde und informierte diese über das Gartenhaus. Für den Bau des Daches hatte A.L. nämlich keine Baubewilligung eingeholt. «Um den Fall zu überprüfen, kamen Vertreter der Gemeinde bei mir vorbei und begutachteten das Gartenhaus.»
Über die ewigen Beanstandungen des Rentners betrübt, suchte A.L. das Gespräch mit dem Ehepaar auf der anderen Seite – jedoch ohne Erfolg: «Er hat jeglichen Schlichtungsversuch abgewiesen», so A.L. «Ich wandte mich deshalb an die Gemeinde.» A.L.s Ziel: Gemeindevertreter sollten einen runden Tisch einberufen, um das Kriegsbeil im Nachbarschafts-Hickhack zu begraben. «Aber auch dazu hat mein Nachbar nicht eingewilligt.» Und so kam es, wie es kommen musste.
Gemeinde forderte nachträgliches Baugesuch
In der Folge forderte die Gemeinde A.L. auf, den Bau des Gartenhausdaches einzustellen respektive zurückzubauen. Dieser Aufforderung kam A.L. nach. Dies bestätigen Unterlagen, die 20 Minuten vorliegen.
Das grössere Übel war jedoch dieses: «Weil ein Teil des bebauten Gartengrundstücks in der Landwirtschaftszone liegt, verlangte die Gemeinde von mir, wie auch von meinem Nachbarn, ein nachträgliches Baugesuch dafür.»
Einer muss rückbauen, der andere nicht
Doch das Baugesuch wurde nicht bewilligt. Dies wiederum bedeutete, dass sowohl A.L. als auch sein Nachbar einen grossen Teil ihres Gartens würden rückbauen müssen. A.L. akzeptierte den Entscheid – schweren Herzens. Der Modelleisenbahn-Fan ging jedoch gegen das abgelehnte Baugesuch vor. So kam es, dass der Rentner die Anordnung vor dem Baurekursgericht anfocht – und gewann.
A.L. verstand nach diesem Entscheid die Welt nicht mehr: «Es war wie ein Stich ins Herz. Die Modelleisenbahnlandschaft soll mehr wert sein als meine Grillstelle und mein gepflegter Garten, in den ich so viel Zeit und Geld investiert habe?», erinnert er sich noch immer fassungslos. «Auch mein Garten bedeutet für mich die Welt: Hier habe ich mit meinen Freunden, der Familie und meinem Hund so viele schöne Stunden verbracht.»
«Ich fühlte mich ungerecht behandelt»
Er habe sich nach diesem Entscheid entschieden, eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzureichen, so A.L. «Es war eine Frage der Gerechtigkeit – diese war mit dem Entscheid des Baurekursgerichtes deutlich aus dem Gleichgewicht geraten.»
A.L. ist enttäuscht darüber, wie sein Nachbar das Geschehene ausgelegt habe: «Ich wollte meinem Nachbarn nie etwas Böses und hatte erst recht kein Problem mit seiner Modelleisenbahn. Nun haben wir beide verloren.»
Überhaupt wäre die ganze Geschichte gar nicht erst ins Rollen gekommen, hätte sein Nachbar nie eine Beschwerde wegen des Gartenhausdaches bei der Gemeinde eingereicht, so A.L. «Ich verstehe bis heute nicht, was ihn daran gestört hat – seine 2,70 Meter hohe Betonmauer verdeckt mein 2,50 Meter hohes Gartenhaus ja sowieso.»
Der Besitzer der Modelleisenbahn wollte gegenüber 20 Minuten keine Stellung nehmen.
*Name der Redaktion bekannt
**Name von der Redaktion geändert
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