Berlin: 90 Millionen Euro für leeres Covid-Notspital

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DeutschlandRiesige Investition, null Patienten: Berlins Covid-Spital-Debakel

Für das Notspital waren 90 Millionen Euro eingeplant. Doch kein einziger Patient wurde jemals behandelt. In Berlin wurde während der Pandemie in Rekordzeit eine riesige Covid-Reserveklinik gebaut.

Personalschulung im Corona-Notspital in Berlin: Das für die Covid-19-Pandemie gebaute Spital in den Messehallen hat jedoch keinen einzigen Patienten versorgt.
Die Zahl der Covid-19-Patienten blieb in Berlin weit unter den befürchteten Szenarien. Im Mai 2020 waren nur 2,5 Prozent der über 20'000 Spitalbetten mit positiv getesteten Patienten belegt.
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Personalschulung im Corona-Notspital in Berlin: Das für die Covid-19-Pandemie gebaute Spital in den Messehallen hat jedoch keinen einzigen Patienten versorgt.

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Darum gehts

  • Das Corona-Notspital in Berlin wurde 2020 in den Messehallen errichtet, um das Gesundheitssystem zu entlasten.

  • Trotz der geplanten Investition von über 90 Millionen Euro wurde kein einziger Patient behandelt.

  • Die Einrichtung wurde Ende 2021 stillgelegt, da die regulären Spitäler nie überlastet waren.

  • Kritiker bemängeln die hohen Kosten und fehlende Konsequenzen für die Berliner Kliniken.

Am 31. Dezember 2019 meldeten chinesische Behörden der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstmals Fälle einer rätselhaften Lungenentzündung in der Millionenstadt Wuhan. Schon wenige Wochen später stand fest: Ein neuartiges Coronavirus war der Auslöser.

Im Januar 2020 breitete sich das Virus rasant aus, erreichte Europa und damit auch die Schweiz. Am 25. Februar 2020 wurde hierzulande der erste bestätigte Fall registriert. Was zunächst als lokales Gesundheitsproblem erschien, entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einer globalen Pandemie – mit weitreichenden Folgen für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik.

Corona-Notspital ohne einen einzigen Patienten

In der hektischen Anfangsphase der Pandemie trafen viele Regierungen drastische Entscheidungen, um eine drohende Überlastung der Gesundheitssysteme zu verhindern. Unter diesem Eindruck wurde in der deutschen Hauptstadt Berlin ein Notspital errichtet.

Das für die Covid-19-Pandemie gebaute Spital in den Berliner Messehallen hat jedoch keinen einzigen Patienten versorgt. Für den Bau und den Betrieb des «Corona-Behandlungszentrums Jafféstrasse» (CBZJ) wurden 90 Millionen Euro budgetiert. Trotz der hohen Ausgaben wurde die Einrichtung Ende 2021 stillgelegt, da die regulären Spitäler nie an ihre Kapazitätsgrenzen kamen.

«Andere Städte werden uns beneiden»

Das Notspital wurde im Frühjahr 2020 in Rekordzeit errichtet, wie der Infosperber berichtet. Es umfasste 488 Betten auf einer Fläche von 10'901 Quadratmetern. Die Bundeswehr und das Technische Hilfswerk unterstützten den Aufbau, bei dem drei Kilometer mechanische Träger und 103 Kilometer Kupferrohre für Sauerstoff-, Elektro- und Netzwerkinstallationen verlegt wurden. Obwohl keine intensivpflichtigen Patienten aufgenommen werden sollten, wurden Beatmungsgeräte und ein Computertomograf angeschafft.

Das Notspital wurde in Rekordzeit errichtet.

Das Notspital wurde in Rekordzeit errichtet.

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Bei der Eröffnung im Mai 2020 lobte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) die Einrichtung als wichtige Vorsorge für eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems. «Andere Städte werden uns um diese Reserve beneiden», sagte er damals. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte das Zentrum.

Beim Abbau war niemand mehr dabei

Tatsächlich blieb die Zahl der Covid-19-Patienten in Berlin jedoch weit unter den befürchteten Szenarien. Im Mai 2020 waren nur 2,5 Prozent der über 20'000 Spitalbetten mit positiv getesteten Patienten belegt, Ende 2020 lag der Anteil bei 7,5 Prozent. Weder Brandenburg noch Thüringen, die bei einer Überlastung Berliner Kapazitäten hätten nutzen können, machten von dem Notspital Gebrauch.

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Ohne öffentliche Ankündigung wurde das Behandlungszentrum Ende 2021 geschlossen. Kritiker sprechen von einer Fehlplanung. «Hatten sich bei der Einweihung noch alle stolz fotografieren lassen, war beim peinlichen Abbau keiner dabei», sagte der pensionierte Chirurg Wolfgang Albers von der Linkspartei der Zeitung «Unsere Zeit». Trotz der hohen Kosten seien keine Konsequenzen gezogen worden. «Den Berliner Kliniken fehlen nach wie vor die notwendigen Gelder, sich pandemiefest zu machen», kritisierte er. Eine Anfrage an den Berliner Senat, warum dafür keine Mittel eingeplant wurden, blieb unbeantwortet.

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