«Kaum vergleichbar»: Wirtschaft fordert neues Schulnoten-System

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Economiesuisse«Kaum vergleichbar»: Wirtschaft fordert neues Schulnoten-System

Schulnoten sind in der Schweiz kaum vergleichbar. Das müsse sich ändern, fordert Economiesuisse. Es brauche dringend eine Harmonisierung der Bewertungssysteme.

Economiesuisse fordert, die Bewertungssysteme in Schulen so zu verändern, dass sie fair, aussagekräftig und in der ganzen Schweiz vergleichbar sind.
Der Fokus soll auf Kompetenzen liegen, die im Job oder in der Ausbildung zentral sind.
Nur so hätten alle die gleichen Chancen auf eine Lehre oder einen Platz im Gymnasium.
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Economiesuisse fordert, die Bewertungssysteme in Schulen so zu verändern, dass sie fair, aussagekräftig und in der ganzen Schweiz vergleichbar sind.

Adrian Moser

Schulnoten: Darum gehts

  • Erhalten zwei Menschen die gleiche Note, sollten sie etwa gleich gut sein.

  • In der Schweiz ist das aber oft nicht so, Schulnoten sind kaum vergleichbar.

  • Nun fordert die Wirtschaft die Politik dazu auf, die Bewertungssysteme zu harmonisieren.

Wer Arbeitskräfte einstellt, nutzt für die Selektion oft Noten und Schulzeugnisse. Doch diese sagen laut dem Wirtschaftsverband Economiesuisse zu wenig aus. Er fordert nun, die Bewertungssysteme in den Schulen so zu verändern, dass sie fair, aussagekräftig und in der ganzen Schweiz vergleichbar sind.

Notenwirrwarr in Schweizer Schulen

In der Schweiz sind vorwiegend die Kantone und Gemeinden für das Bildungssystem verantwortlich. So hat etwa der Zürcher Kantonsrat beschlossen, dass Primarschulen ab der zweiten Klasse zwingend Noten verteilen müssen. In anderen Kantonen steht es Schulen teilweise frei, auf Noten zu verzichten. Die Schulen im Kanton Basel-Stadt vergeben Zeugnisnoten erst ab der fünften Klasse. Die Stadt Luzern verzichtet in der Primarschule auf Prüfungsnoten, vergibt aber weiter Zeugnisnoten.

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Das fordert Economiesuisse

Nun stellt Economiesuisse folgende Forderungen:

  • Das Wirrwarr um die Bewertungssysteme in den Schulen solle ein Ende haben.

  • Stattdessen brauche es schweizweit eine standardisierte Leistungsbeurteilung.

  • Das System müsse einen nationalen Vergleich der Bewertungen ermöglichen.

  • Der Fokus solle auf Kompetenzen liegen, die im Job oder in der Ausbildung zentral seien.

  • Nur so hätten alle die gleichen Chancen auf eine Lehre oder einen Platz im Gymnasium.

Nervt es dich auch, dass Schulnoten in der Schweiz kaum vergleichbar sind?

«Die Noten widerspiegeln das Leistungsniveau nur mangelhaft»

Rudolf Minsch, Chefökonom von Economiesuisse.

Rudolf Minsch, Chefökonom von Economiesuisse.

Economiesuisse

Herr Minsch, traut die Schweizer Wirtschaft den Schulnoten nicht mehr?
Es zeigt sich leider, dass Schulnoten allein für die künftigen Berufsbildner oft eine zu kleine Aussagekraft haben. Sie sind zwischen den Kantonen, aber auch oft zwischen den Gemeinden, ja gar Klassen nicht vergleichbar. Noten und andere klasseninterne Bewertungen sind relativ. Bei einer Top-Klasse kann eine Schülerin mittelmässig sein, während sie in einer anderen Klasse als Spitzenschülerin bewertet würde. Die Wirtschaft kritisiert daher nicht die Schulnoten an sich, sondern die Vergleichbarkeit.

Was zeigen die Noten den Firmen nicht?
Die Noten widerspiegeln das Leistungsniveau einer Schülerin oder eines Schülers am Ende der Schulzeit nur mangelhaft. Ein künftiger Berufsbildner muss wissen, ob jemand die schulischen Voraussetzungen für eine Lehre mitbringt oder nicht. Oft scheitern Lehrlinge daran, dass sie in der Berufsschule den Anforderungen nicht gerecht werden.

Als Lösung fordern Sie standardisierte Tests, widerspricht das nicht dem Föderalismus?
Es bräuchte beispielsweise ergänzend zu den Schulnoten standardisierte Tests am Ende der Schulzeit, solange die Noten nicht vergleichbar sind. Die Standardtests müssen dabei nicht notenwirksam sein, sondern sollen Lücken vor dem Berufslehrantritt sichtbar machen. Sie müssen aber schlank sein und auf das Notwendige beschränkt werden. Eine gute Einschätzung des Leistungsniveaus erspart den Lernenden und den Ausbildenden viel Frust und führt zu weniger Lehrabbrüchen.

Sollen die Schulen einen Test von privaten Testanbietern nutzen, den es schon gibt, oder einen neuen schaffen?
Die Verantwortung liegt bei den Kantonen. Es ist auch in ihrem Interesse, dass der Übergang zur Berufslehre möglichst einwandfrei funktioniert. Ein Projekt, um eine Standortbestimmung für Schülerinnen und Schüler mittels solchen Tests zu ermöglichen und den Übertritt in die Berufsfachschule zu erleichtern, gibt es bereits. Die Ergebnisse werden aber für die Rekrutierung nicht genutzt, weil Kantone und Lehrerverbände fürchten, dass dann spezifisch auf die Tests gelehrt wird. Daher schlagen wir vor, dass die standardisierten Tests nicht notenrelevant sind, sondern als ergänzende Informationen bei der Rekrutierung dienen sollten.

Für private Anbieter sind solche Tests eine Goldgrube, es gibt viele, die aber auch nicht miteinander vergleichbar sind – was sagen Sie dazu?
Es gibt einige gute Beispiele für Standardtests wie diejenigen im Bildungsraum Nordwestschweiz, wo sogenannte «Checks» zur Standortbestimmung eingesetzt werden. Dieser «Check» zeigt zudem, dass auch öffentliche Akteure gute Lösungen finden können. Die Informationen am Ende der obligatorischen Schulzeit bringen für die künftigen Berufsbildner einen grossen Mehrwert und senken die Rekrutierungskosten.

Dieser Comic stellt die Situation auf dem Markt für externe Leistungstests treffend dar: Private Anbieter wollen alle einen Standard schaffen – so gibt es nun etliche «Standards», die nicht miteinander vergleichbar sind.

Dieser Comic stellt die Situation auf dem Markt für externe Leistungstests treffend dar: Private Anbieter wollen alle einen Standard schaffen – so gibt es nun etliche «Standards», die nicht miteinander vergleichbar sind.

XKCD/Randall Munroe

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