Plastik-Recycling«Ein Jahr Plastikabfall sammeln, ist wie einmal auf ein Entrecôte zu verzichten»
Die Migros hat eine Plastik-Sammelstelle eröffnet. Laut Greenpeace hat das Projekt aber nur wenig Nutzen für die Umwelt.
Darum gehts
Greenpeace sagt, die neue Migros-Plastik-Sammelstelle hat wenig Nutzen für die Umwelt.
Recycling ist zwar gut, kann aber grössere Umweltsünden nicht wettmachen.
Besser wäre der Verzicht auf Verpackungsmaterial.
Die Migros sagt dem Plastik den Kampf an: Ab sofort können Kunden ihre Plastikverpackungen in kostenpflichtigen Säcken sammeln und in der Migros zurückgeben. Die ersten Sammelstellen gibt es in der Zentralschweiz. Findet das Projekt Anklang, sollen weitere Plastiksammlungen in anderen Regionen folgen.
Ein Projekt mit wenig Nutzen, heisst es vonseiten Greenpeace: Denn wer ein Jahr lang 70 Prozent des Plastikabfalls sammelt, erhalte gerade einmal einen ökologischen Nutzen, der dem Verzicht auf ein Rindsentrecôte entspricht, heisst es im Greenpeace-Positionspapier zur Kunststoff-Separatsammlung.
Besser ist es, Verpackungen zu vermeiden
«Alle denken Recycling sei super ökologisch, doch das ist es nicht», erklärt Florian Kasser von Greenpeace. Am meisten helfe es der Umwelt, wenn weniger Ressourcen verbraucht werden: In erster Linie sollten also Verpackungen vermieden werden. Dieser Grundsatz gelte auch für Einweg-Glas und Pet-Produkte.
Tatsächlich ist der Umweltnutzen des Recyclings von Aluminium, PET und Glas in der Schweiz pro Jahr etwa gleich hoch potentielle Nutzen des Recyclings von Plastikverpackungen. Das zeigt eine Studie der Firma Carbotech und dem Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik Umtec.
Aber: Bei der gleichen Menge ist der Umweltnutzen bei recycelten PET-Flaschen dreimal so hoch wie bei Plastik. Doch pro Jahr fallen hierzulande etwa dreimal so viel Plastikverpackungen an, wie PET-Flaschen. «Darum haben die beide Fraktionen schlussendlich einen ähnlichen Nutzen für die Umwelt», erklärt Fredy Dinkel, Präsident des Verwaltungsrates von Carbotech.
Der Recyclingnutzen einzelner Produkte, hängt laut Dinkel von verschiedenen Faktoren ab. So hat das Recycling von Batterien heute viel weniger Nutzen für die Umwelt, als noch vor zehn bis zwanzig Jahren: «Damals enthielten Batterien schädliches Quecksilber drin. Inzwischen wurde das entfernt», so Dinkel.
Recyclen ist kein Alibi für grössere Umweltsünden
Dass die Migros nun eine Plastik-Sammelstelle eröffnet hat, begrüsst Dinkel: Es gehe in die richtige Richtung, auch wenn die Kosten-Nutzen-Effizienz beim Recycling von Kunststoff viel tiefer ausfällt, als beispielsweise bei PET oder Aluminium.
Allerdings seien die Bedenken von Greenpeace berechtigt. «Denn Recycling ist gut und soll gemacht werden, aber der Konsument darf es nicht als Alibi verwenden, um relevantere Massnahmen zu unterlassen», so Dinkel. Dazu gehören Fleisch essen, viel Auto fahren oder mit fossilen Brennstoffen heizen. «Wer also einen SUV fährt, kann noch so viel Recyceln: Die Umweltbilanz bleibt trotzdem schlecht.»
Geht es um Umweltschutz setzt die Migros darum nicht ausschliesslich auf Recyceln: Die Detailhändlerin wolle aktiv Einsparungen bei Verpackungsmaterialen vornehmen, heisst es auf Anfrage. Dafür habe man das Unverpackt-Sortiment ausgebaut und Mehrwegverpackungen eingeführt.
Schlechte Verpackung ist besser als Food-Waste
Wie schlecht oder gut Verpackungsmaterialien für die Umwelt sind, hängt von mehreren Aspekten ab: «Gerade bei Esswaren ist es sinnvoller eine aufwändigere Verpackung zu nutzen, die das Essen haltbar macht, wenn damit Food-Waste vermieden werden kann», sagt Dinkel. Denn die Verschwendung von Lebensmitteln sei viel schlimmer für die Umwelt, als eine schlecht recycelbare Verpackung.
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