Fitnessfan im UkrainekriegEr rettete Kiew und trotzt Putins Truppen – das ist General Syrsky
Generaloberst Oleksandr Syrsky geniesst bei den ukrainischen Truppen grosse Popularität. Das hat nicht nur mit seinen bisherigen militärischen Erfolgen zu tun.
Darum gehts
General Oleksandr Syrsky rettete Kiew vor der Einnahme.
Auch die Überraschungsoffensive und Befreiung Charkiws gehen auf seine Rechnung.
Seine Soldaten lieben ihn – dabei ist Syrsky gebürtiger Russe, ausgebildet in Moskau.
Einer der höchsten Generäle, der die Ukraine gegen den Angriffskrieg des übermächtigen russischen Nachbarn verteidigt, ist ein gebürtiger Russe, top ausgebildet in Moskau: Generaloberst Oleksandr Syrsky.
1965 im russischen Wladimir geboren, besuchte er die Höhere Militärkommandohochschule in Moskau, dem Pendant zur amerikanischen Offiziersschmiede West Point. Seine Kollegen von damals sind jetzt seine Feinde: Syrsky lebt seit den 1980er-Jahren in der Ukraine und baute seine militärischen Fähigkeiten weiter aus.
Kiew und Charkiw als Visitenkarte
Mittlerweile führt Syrsky die ukrainischen Bodentruppen. Er und sein Chef Valery Zaluzhny, der populäre Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, zeichnen für alle bisherigen ukrainischen Erfolge gegen den russischen Aggressor verantwortlich.
Angefangen mit der Verteidigung Kiews: Als Moskau damit anfing, seine Truppen entlang der Grenze des kleineren Nachbarn zu verlegen und die ganze Welt über seine Absichten stehenden Auges direkt anlog, ordnete der General an, militärisches Gerät aus den Stützpunkten zu verlagern, damit es vor Luftangriffen geschützt würde.
Verteidigungslinien und Dammsprengung
Und während der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski noch im Februar 2022 das Risiko eines russischen Angriffs auf Kiew herunterspielte, bereitete sich Syrsky auf ebendies vor. Er liess Verteidigungsringe um die Hauptstadt ziehen. Nach Russlands Angriff auf Kiew liess er im März zudem den Damm am Fluss Irpin sprengen, um die russischen Stellungen zu fluten und die russische Pontonbrücke zu zerstören – ein Schachzug, der Kiew rettete. Im April 2022 wurde General Syrsky deswegen mit der höchsten Auszeichnung des Landes geehrt, als er zum Helden der Ukraine ernannt wurde.
Syrsky war es auch, der im letzten Juli die russischen Truppen so weit von der Stadt Charkiw wegdrängte, dass ihre Artillerie sie nicht mehr länger schützen konnte. Es folgte die überraschende Gegenoffensive und anschliessende Befreiung Charkiws.
Bachmut: Reinfall oder Meisterleistung?
Seit dem vergangenen Herbst ist Syrsky für die Verteidigung von Bachmut verantwortlich – ein Reinfall auf den ersten Blick, zumal die Stadt strategisch keinen Wert besitzt und die Schlachten um Bachmut unvorstellbare Opfer auf beiden Seiten forderten.
Mittlerweile hat sich unter einigen Militärstrategen aber die Auffassung durchgesetzt, dass die russischen Truppen in Bachmut wohl bewusst in einen Zermürbungskampf um die Stadt verwickelt werden. Einige bezeichnen dies gar als Meisterleistung der Ukrainer.
Der Fitnessfan braucht nur viereinhalb Stunden Schlaf
Syrskys Kampftaktiken tragen laut «The Economist» noch immer die sowjetische Handschrift, mit obsessiver Planung und hierarchischen Kommandostrukturen. Gleichzeitig aber hat er viel von der Nato übernommen, setzt seit 2013 überzeugt auf dezentrale Befehlsketten und wird nicht müde, die Bedeutung der hybriden Kriegsführung zu unterstreichen.
Der Mann lebe asketisch, heisst es, und er sei ein grosser Fan von Fitnessstudios. Jeden Morgen mache er seine Übungen nach jeweils nur viereinhalb Stunden Schlaf. Die Soldaten lieben den General.
«Die Soldaten müssen den Geist der Armee spüren»
Jeden Tag liest er Nachrichten von Hunderten von Soldaten. Feldbesuche sind eine Selbstverständlichkeit für ihn. «Die Soldaten müssen den Geist der Armee spüren», sagt er der BBC. Die Moral der Truppen sei überhaupt das Wichtigste – und das, was die Ukrainer von den Russen unterscheide: «Ich glaube, dass die Geschlossenheit unserer militärischen Führung und das Vertrauen unserer Soldaten ineinander die Stärke unserer Armee ist.»
Mit Blick auf Bachmut verweist Syrsky auf die jüngsten ukrainischen Fortschritte und darauf, dass es jetzt die Russen und nicht mehr die Ukrainer seien, die dort eingeschlossen zu werden drohen. Auch die unlängst an die Ukraine gelieferte, umstrittene US-Streumunition dürfte dort demnächst zum Einsatz kommen – zumindest wurden die von den USA gelieferten Haubitzen des Typs M777, die die Granaten abfeuern sollen, vor Bachmut in Stellung gebracht. «Unser Volk wartet auf Siege», sagt Syrsky. «Alle brauchen wir kleine Siege.»
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