Erfolg für die SVPZwangsausschaffungen: Nationalräte wollen Tranquilizer erlauben
SVP-Nationalrat Benjamin Fischer will den Einsatz von Betäubungsmitteln erlauben, um Personen bei Zwangsausschaffungen nötigenfalls ruhigzustellen: Jetzt hat die zuständige Nationalratskommission dem Vorstoss zugestimmt.
Darum gehts
Die Nationalratskommission stimmt einem Vorstoss von SVP-Nationalrat Beni Fischer zu: Künftig sollen zum Vollzug von bei Zwangsausschaffungen Betäubungsmittel zum Einsatz kommen dürfen.
Damit soll verhindert werden, dass renitente Personen eine Ausschaffung mit physischem Widerstand verhindern können.
Bisher wird die Verabreichung von Betäubungsmitteln nur in Betracht gezogen, wenn eine medizinische Indikation vorliegt.
Künftig sollen Betäubungsmittel als ultima Ratio verabreicht werden dürfen, wenn eine Selbst- oder Fremdgefährdung droht.
Die staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) hat einer parlamentarischen Initiative von SVP-Nationalrat Benjamin Fischer zugestimmt: Künftig sollen die zuständigen Behörden bei zwangsweisen Rückführungen an Stelle von Fesseln nötigenfalls auch Arzneimittel einsetzen dürfen, um Personen ruhigzustellen. Mit elf zu neun Stimmen bei fünf Enthaltungen entscheidet sich die Kommission, der Vorlage Folge zu geben.
Widerspenstige Personen dürfen gefesselt werden
Ausschaffungen aus der Schweiz werden vom Staatssekretariat für Migration (SEM) in Zusammenarbeit mit den Kantonen vollzogen. Stimmen Betroffene der Ausschaffung zu, dürfen sie ohne Begleitung reisen – ist dies nicht der Fall, werden sie von zwei zivilen Polizeibeamten begleitet. 2024 wurden rund zwei Drittel der Personen gegen ihren Willen ausgeschafft.

Gegenwärtig dürfen Betäubungsmittel nur eingesetzt werden, wenn dies aus medizinischer Perspektive notwendig ist. (Symbolbild)
dpa/Karl-Josef HildenbrandLeistet ein Betroffener Widerstand, dürfen die Beamten den Widerspenstigen nötigenfalls fesseln. Wenn die Behörden von starkem Widerstand ausgehen, wird die Person mit einem Sonderflug ausgeschafft. Der Einsatz von Betäubungsmitteln hingegen wird nur in Ausnahmefällen in Betracht gezogen – auf Grundlage einer medizinischen Indikation.
Konkret bedeutet dies, dass nur qualifizierte Fachpersonen den Entscheid fällen dürfen, Betäubungsmittel zu verabreichen – nicht etwa Polizisten oder Vollzugsbeamte. Überdies ist der Einsatz von Betäubungsmitteln nur dann zulässig, wenn er aus gesundheitlichen Gründen notwendig ist.
Tranquilizer-Einsatz bei «drohender» Selbst- oder Fremdgefährdung
Stimmen auch die eidgenössischen Räte zu, soll genau dieser Passus im Gesetzestext angepasst werden: Künftig sollen Arzneimittel als ultima Ratio auch «an Stelle» von Hilfsmitteln verabreicht werden dürfen, wenn eine Selbst- oder Fremdgefährdung «droht» – weiterhin sollen Betäubungsmittel nur von qualifizierten Fachpersonen verabreicht werden.

Die staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) hat einem Vorstoss von SVP-Nationalrat Benjamin Fischer zugestimmt: Bei Zwangsausschaffungen sollen nötigenfalls auch Betäubungsmittel eingesetzt werden dürfen. (Archivbild)
20min/Matthias SpicherInitiant Benjamin Fischer ist überzeugt, dass ein konsequenter Vollzug für eine «glaubhafte und wirkungsvolle» Asylpolitik von zentraler Bedeutung sei: «Können zwangsweise Rückführungen aufgrund physischen Widerstands nicht durchgeführt werden, ist dies eine Beeinträchtigung der rechtsstaatlichen Ordnung und untergräbt das Asylrecht», findet Fischer.
Amnesty International warnt vor Menschenrechtsverletzungen
Das SEM hatte im Vorfeld des Kommissionsentscheids gegenüber 20 Minuten erklärt, dass die derzeit vorgesehenen Mittel wie Hand- oder Fussfesseln ausreichen, um Rückführungen zu vollziehen: «Insbesondere bei Sonderflügen musste in den letzten Jahren nie ein Flug wegen des renitenten Verhaltens einer Person abgebrochen werden.» Daneben spricht das SEM von einem möglichen Widerspruch zur Verfassung und zu Bestimmungen des internationalen Rechts.

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) unter Staatssekretär Vincenzo Mascioli ist für den Vollzug der Ausschaffungen zuständig: Die aktuellen Mittel zum Vollzug von Zwangsausschaffungen reichen aus, erklärt die Behörde. (Archivbild)
20min/Matthias SpicherAuch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ist kein Freund vom Einsatz von Betäubungsmitteln zum Vollzug von Ausschaffungen: Demnach bestehe die Gefahr, dass Arzneimittel als Massnahme zur Kontrolle missbraucht werden – also lediglich dafür benutzt werden, die Ausschaffung für die Vollzugsbeamten «bequemer» zu machen.
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Eine solche Zwangsmedikation stehe im Widerspruch mit dem Folterverbot und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, erklärt Amnesty-Sprecher Beat Gerber.
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