Politisch brisantErst Kosovos Hashim Thaci, jetzt Donald Trump – wer ist Sonderermittler Smith?
Sonderermittler Jack Smith hat in der Affäre um geheime Dokumente eine Anklage gegen Donald Trump erwirkt. Zuvor war er Chefankläger beim Kosovo-Sondertribunal in Den Haag.
Darum gehts
Sonderermittler Jack Smith hat die Anklage gegen Ex-Präsident Donald Trump erwirkt.
Dieser soll zum Ende seiner Amtszeit im Januar 2021 rechtswidrig Geheimdokumente in sein Privatanwesen mitgenommen und vor dem Zugriff der Behörden versteckt haben.
Wer ist Jack Smith, der seit November gegen Trump ermittelt und zuvor in Den Haag Kriegsverbrecher vor Gericht stellte?
Einige Eckdaten zum begeisterten Triathleten.
Jack Smith ist der Sonderermittler, der in der Affäre um Donald Trump und die Geheimdokumente eine Anklage erwirkt hat. Trump hat Smith entsprechend mit einer Reihe von Trump-typischen «Nettigkeiten» bedacht: «geistesgestört», «Trump-Hasser», «Feigling».
Doch Smith scheint nicht der Typ zu sein, der sich von solchen Äusserungen einschüchtern lässt. In seiner langen Justizkarriere hat der 54-jährige Staatsanwalt einige politisch heikle Verfahren vorangetrieben und auch zu Kriegsverbrechen ermittelt.
Grösste Diskretion
Der oft grimmig dreinblickende Jurist und Vollbart-Träger arbeitete in Den Haag als Chefankläger am Sondertribunal für Kriegsverbrechen im Kosovo. Dann ernannte ihn US-Justizminister Merrick Garland im November zum Sonderermittler in der Causa Trump.
Smith leitete fortan nicht nur die Ermittlungen zu zahlreichen Geheimdokumenten, die Trump zum Ende seiner Amtszeit im Januar 2021 aus dem Weissen Haus in sein Privatanwesen Mar-a-Lago mitgenommen hatte, sondern auch zu Trumps Rolle bei der Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar 2021.
Smith arbeitet mit grösster Diskretion, Interviews oder öffentliche Auftritte gab es bis zur Veröffentlichung der Anklage nicht.
Gegen Politiker aus beiden Parteien

Jack Smith beaufsichtigte Ermittlungen gegen ausländische Regierungsvertreter und Milizen wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord.
Getty Images via AFPDer Absolvent der Elite-Universität Harvard hatte seine Karriere als Staatsanwalt in den 1990er Jahren in New York begonnen. 1999 wechselte er an eine der Bundesstaatsanwaltschaften in der Millionenmetropole, wo er neun Jahre lang arbeitete.
2008 ging Smith erstmals an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Dort arbeitete er zwei Jahre als Ermittlungskoordinator und beaufsichtigte Ermittlungen gegen ausländische Regierungsvertreter und Milizen wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord.
Smith kehrte dann in die USA zurück und leitete im Justizministerium fünf Jahre lang die Abteilung für öffentliche Integrität, welche für grosse Korruptionsfälle im ganzen Land zuständig ist. Er ermittelte dabei zu Politikern der Demokratischen Partei sowie der Republikaner.
Anklage gegen Hashim Thaci
Später wechselte er zur Bundesstaatsanwaltschaft im Südstaat Tennessee, bevor er 2018 wieder den Atlantik überquerte und seine Arbeit als Chefankläger beim Kosovo-Sondertribunal in Den Haag begann. Die Ermittlungen gegen frühere Verantwortliche der Befreiungsarmee des Kosovo (UCK) waren politisch höchst brisant, denn im Visier standen im Kosovo mächtige und beliebte Persönlichkeiten.
2020 erwirkte Smith eine Anklage gegen den damaligen kosovarischen Präsidenten Hashim Thaci, der in der Folge zurücktrat und dessen Prozess in Den Haag wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen Anfang April begann.
Affäre mit einmaliger politischen Dimension
Die Dokumentenaffäre um Trump ist ein Fall von einmaliger politischer Dimension: Donald Trump ist nicht nur der erste Präsident der US-Geschichte, gegen den die Bundesjustiz eine Anklage erhoben hat. Trump ist auch haushoher Favorit im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner – und hat damit besten Chancen, Amtsinhaber Joe Biden 2024 herauszufordern. Der Rechtspopulist bezeichnet sich immer wieder als Opfer politisch motivierter Ermittlungen.
Bei einem Wahlkampfauftritt in Columbus im Bundesstaat Georgia bezeichnete Trump die Anklage am Samstag als «schrecklichen Machtmissbrauch» und «politischen Auftragsmord». Unter dem Jubel seiner Anhänger rief er: «Wir werden dagegen ankämpfen, wie noch nie jemand gekämpft hat.»
Solche Vorwürfe weist Sonderermittler Smith energisch zurück: «Gesetze anwenden, Fakten sammeln. Das bestimmt den Ausgang einer Ermittlung. Nicht mehr und nicht weniger.» Das Recht des Landes gelte «für alle Menschen gleichermassen.» (DPA)
Bereits im vergangenen Dezember – und damit kurz nach Smiths Abgang – hatte das Sondertribunal in seinem ersten Prozess den ehemaligen UCK-Kommandeur Salih Mustafa wegen Mordes und Folter zu 26 Jahren Haft verurteilt. Smith hatte diesen Prozess als «Meilenstein» bezeichnet.
Begeisterter Triathlet
Smiths Wechsel zurück nach Washington verzögerte sich nach seiner Ernennung zum Trump-Sonderermittler. Der begeisterte Triathlet hatte sich Medienberichten zufolge bei einem Fahrradunfall eine Beinverletzung zugezogen und musste diese noch auskurieren.
Die Ermittlungen gegen den Ex-Präsidenten trieb der mit einer Dokumentarfilmerin verheiratete Smith aber in raschem Tempo voran.
Nicht weit entfernt von Mar-a-Lago
Nach der Anklage gegen Trump erklärte Smith, einen «zügigen Prozess» anzustreben. Der Fall wird vor dem Bundesgericht in Miami nicht weit entfernt von Mar-a-Lago verhandelt. Trump muss am Dienstag erstmals vor Gericht erscheinen, der weitere zeitliche Ablauf ist noch unklar.

Das «The Wilkie D. Ferguson Jr. United States»-Bundesgericht in Miami am 12. Juni 2023.
REUTERSWenige Zweifel gibt es daran, dass Smith sich von Trump noch viele weitere Verbalattacken anhören müssen wird.
Der Rechtspopulist hat auch Smiths Ehefrau attackiert, die den Dokumentarfilm «Becoming» über die frühere First Lady Michelle Obama produziert hat. Und Trumps Wut könnte noch wachsen – sollte Smith auch wegen der Kapitol-Erstürmung eine Anklage gegen den Ex-Präsidenten auf die Beine stellen.
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