Arschbohrer: Tiktok-Prank breitet sich an Schweizer Schulen aus

Aktualisiert

«Arschbohrer»Fieser Tiktok-Prank breitet sich an Schweizer Schulen aus

Unter Schülerinnen und Schülern kursiert derzeit ein neuer Prank. Fachleute sind besorgt. Auf den ersten Blick harmlose Videos in den sozialen Medien können für Betroffene schwere Folgen haben. 

Ein Trend schwappt aus Deutschland auf Schweizer Schulen über. 
Jugendliche piksen sich gegenseitig in allen möglichen Situationen mit dem Finger oder einem Gegenstand in den Po. 
Die Videos davon verbreiten sich in den sozialen Medien teils rasend schnell. 
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Ein Trend schwappt aus Deutschland auf Schweizer Schulen über. 

20min/Marco Zangger

An deutschen Schulen wird ein neuer Social-Media-Trend zum Problem: der «Arschbohrer». Insbesondere auf Tiktok erfreut sich der Prank grosser Beliebtheit. Er geht so: Ein Kind pikst einem anderen Kind überraschend mit dem Finger oder einem Stift in den Po. Dokumentiert wird der Prank dann auf Social Media, wo die Videos sich oft schnell verbreiten

Auch in der Schweiz ist der Trend angekommen: Psychologe und Psychotherapeut Felix Hof beobachtet ihn mit Sorge: «Ich hatte bereits einen ersten betroffenen Jugendlichen bei mir in der Praxis. Diese Art von Streich ist ausserordentlich problematisch, weil die körperliche Integrität infrage gestellt wird.» So würden sich Beschämung und unangenehme Gefühle besonders stark einstellen.

«Vermeintlich harmlose Pranks werden schnell zum Problem»

Dass sich solche Trends von Tiktok und Co. wie Lauffeuer unter Jugendlichen und Kindern verbreiten, wundert den Psychologen Hof nicht: «Soziale Medien sind das Konsumgut Nummer eins unter Kindern und Jugendlichen, und für diese Gruppe ist es besonders wichtig, sich dazugehörig zu fühlen», sagt Hof. Aus diesem Grund würden viele Inhalte aus dem Internet von Schülerinnen und Schülern imitiert, um Ruhm und Bestätigung zu erhalten. 

Auch Pascal Kamber, der Schulen zum Thema Mobbing und Umgang mit digitalen Medien berät, sagt: «Ob Happy Slapping, Videos von twerkenden Jungs, Sexting oder jetzt der Arschbohrer: Solche vermeintlich harmlosen Pranks und Challenges können schnell zu einem riesigen Problem werden.» Oft fehle schlicht die Aufklärung: «Den Kindern und Jugendlichen ist nicht bewusst, was sie mit dem Filmen und Teilen solcher Sachen bei den Betroffenen auslösen können.» 

Hast du auch schon Tiktok-Trends mitgemacht? 

Folgen können für Opfer und Täter gravierend sein

Betroffene schämten sich und würden in der Schule oft Opfer von Mobbing, wenn solche Filme oder Videos von ihnen sich im Netz verbreiten. «Die reale und die digitale Welt sind stark vernetzt, oft passiert das Mobbing dann auf beiden Ebenen.» Für diese sei es wichtig, das Gespräch mit der Schule und den Eltern zu suchen. «Je nach Schwere der Belastung wird dann allenfalls eine Therapie nötig, um Traumata vorzubeugen.» 

Auch für die Täterinnen und Täter können die Auswirkungen gravierend sein. Denn wenn mit einem Prank die körperliche Integrität verletzt wird, kann dies laut Kamber schnell unter das Jugendstrafrecht fallen. «Dann wird die Strafe daran gemessen, wie gross der psychische Schaden beim Opfer ist. Dass der Täter oder die Täterin nur ein Spässchen machen wollte, spielt keine Rolle.» Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass Betroffene die Taten, die möglicherweise strafrechtlich relevant seien, dokumentierten. 

Für Lehrerverband ist ein Handyverbot zielführend 

Auch Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH), stuft den Trend als besorgniserregend ein: «Hier wird klar eine Grenze überschritten. Es gibt vielleicht Kinder, die das besser wegstecken als andere, aber geduldet werden darf es auf keinen Fall.» 

Gemäss Rösler verhindert ein Handyverbot an Schulen, dass solche Pranks während der Schulzeit stattfinden können. «In vielen Schweizer Schulen gilt ein solches bereits. Wenn man die Handlung nicht filmen und hochladen kann, ist es vielleicht auch nicht so attraktiv für diejenigen, die das tun», sagt die LCH-Präsidentin. Zudem sei es wichtig, in der Schule darüber zu reden, wie man miteinander umzugehen habe. «Werden Grenzen überschritten, werden mit den Betroffenen oder je nach Situation mit der Klasse solche Dinge aufgearbeitet.»

Auch für Kamber ist zentral, das frühzeitig zu thematisieren. «Eltern und Schulen müssen wissen, was auf den Handys der Kinder und Jugendlichen geschieht, und gewisse Regeln im Umgang mit der Mediennutzung oder mit Handys im Schulbetrieb festlegen.» Im Idealfall könnten so Vorfälle verhindert werden, bevor jemand zu Schaden kommt. 

Bist du oder ist jemand, den du kennst, von (Cyber-)Mobbing betroffen? 

Hier findest du Hilfe:

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Fachstelle Mobbing (kostenpflichtig)

Elternberatung, Tel. 058 261 61 61

Hilfe bei Mobbing, Fachstelle für Schulen und Eltern (kostenpflichtig)

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz


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