Hohe NachfrageDarum wird das Fliegen trotz rekordhoher Ticketpreise noch teurer
Der Personalmangel intensiviert sich und Fliegen wird noch teurer – das prognostiziert eine Studie. Swiss und ein Aviatik-Experte nehmen Stellung.
Darum gehts
Stornierte Flüge, lange Wartezeiten, verärgerte Passagiere: Das Chaos an den Flughäfen und Check-in-Schaltern bereitet den reisebegeisterten Schweizerinnen und Schweizern Kopfzerbrechen. Vor allem jetzt, wo viele trotz rekordhoher Flugpreise ins Ausland reisen und sich auch gerne mal Luxus-Ferien gönnen.
Wird sich die Situation bald bessern? Nein, sagen die Autoren einer Studie von Allianz Trade. Im Gegenteil: Das Chaos werde anhalten und sich sogar noch zuspitzen. Die Redaktion hat drei Thesen der Studie aufgegriffen und der Swiss vorgelegt. Zusätzlich nimmt der Aviatik-Experte Hansjörg Bürgi von Skynews.ch Stellung.
These 1: Das Fliegen wird noch teurer
Das sagt die Studie:
Die Kosten für Treibstoff sind dieses Jahr bereits um 89 Prozent gestiegen – und sie werden noch weiter nach oben klettern. Das hat zur Folge, dass sich auch die Flugtickets verteuern. Bis Ende 2022 wird es eine weitere Preissteigerung von 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr geben.Das sagt Swiss:
Swiss hat die Preise in den letzten Monaten weltweit erhöht. Sie sind durch Angebot und Nachfrage bestimmt. In kaum einer anderen Branche schlägt das Marktumfeld so schnell auf die Preise durch. Weitere Preisanpassungen sind aufgrund der Entwicklung des Rohölpreises wahrscheinlich.Das sagt Bürgi:
Die Flugpreise sind gegenüber 2019 und 2020 schon massiv gestiegen und das Fliegen wird ganz sicher noch teurer. Dafür gibt es drei Gründe: teurer Treibstoff, grosse Nachfrage, höhere Personalkosten. Weil die Airlines dringend auf mehr Einnahmen angewiesen sind, ist es gar nicht so schlecht, dass die Preise nun steigen.
Ist das Fliegen zu teuer?
These 2: Der Personalmangel verschärft sich weiter
Das sagt die Studie:
Die Fluggesellschaften in Europa haben ihre Belegschaft 2021 um acht Prozent reduziert (siehe Box). Solange Treibstoff teurer wird, werden sie kaum mehr Leute einstellen. Denn die Kosten für Löhne und Gehälter machen bei den europäischen Fluggesellschaften schon jetzt 25 Prozent ihres Umsatzes aus.Das sagt Swiss:
Wir rekrutieren Flight-Attendants und bilden diese auch aus. Es gibt zahlreiche Bewerbungen, die Kurse von Juli bis September sind fast voll. Seit April kehrt sukzessive über die Hälfte der in Zürich und Genf stationierten Cabin Crew Member zurück, die im Rahmen der Restrukturierung gehen mussten. Bis Mitte 2023 wollen wir rund 800 Kabinenbesatzungsmitglieder einstellen.Das sagt Bürgi:
Findet die Swiss zu wenig Leute, wird sie nicht darum herumkommen, auch höhere Löhne zu bezahlen. Investiert die Swiss nicht in ihr Personal, wird sie die hohe Nachfrage nicht decken können. Für die Angestellten ist nicht nur der Lohn entscheidend, sondern das Gesamtpaket, das auch die Work-Life-Balance beinhaltet.
Swiss streicht über 650 Flüge
These 3: 2022 machen die Fluggesellschaften keinen Gewinn
Das sagt die Studie:
Die Fluggesellschaften müssen zwei Jahre Corona-Verluste wettmachen. Die gestiegenen Ticketpreise und die höhere Auslastung werden dazu führen, dass die Airlines dieses Jahr rund 102 Prozent mehr einnehmen. Die meisten europäischen Fluglinien werden trotzdem erst 2023 wieder Gewinn machen.Das sagt Swiss:
Swiss erwirtschaftete im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr eine deutliche Ergebnisverbesserung und einen positiven Cashflow. Im zweiten Quartal zahlte Swiss den vom Bund verbürgten Bankkredit vor Ende der Laufzeit zurück. Unser Ziel ist unverändert eine schwarze Null im Gesamtjahr 2022.Das sagt Bürgi:
Um das zu beurteilen, muss man jede Fluggesellschaft individuell anschauen, da die Unterschiede zu gross sind. Einige haben Unterstützung vom Staat erhalten, andere nicht. Helfen würden ein baldiges Ende des Ukraine-Kriegs und sinkende Treibstoffpreise. Das wird wohl leider so schnell nicht passieren.