Flugsicherheit in Gefahr? Trumps Entlassungen im Fokus

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Flugunglück in WashingtonTrump fand seine Schuldigen – zuvor kürzte er bei der Sicherheit

Nach dem tödlichen Unglück in Washington gerät Donald Trump unter Druck – er hatte zuvor mehrere Flugsicherheitsexperten entlassen und Budgets gestrichen. Die Schuld sucht der US-Präsident jedoch bei anderen.

Bei der Kollision eines Passagierflugzeugs und eines Militärhelikopters in Washington sind nach Einschätzung der Behörden mutmasslich alle 67 Insassen beider Maschinen ums Leben gekommen.
Die Passagiermaschine mit 60 Fluggästen und vier Besatzungsmitgliedern an Bord war am 29. Januar gegen 21 Uhr (Ortszeit) im Landeanflug auf den Flughafen Reagan National mit dem Helikopter kollidiert.
Rund 300 Polizisten, Feuerwehrleute und Mitglieder der Küstenwache suchten die ganze Nacht über in der Dunkelheit und im eiskalten, schlammigen Wasser des Potomac nach den Insassen der beiden Maschinen.
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Bei der Kollision eines Passagierflugzeugs und eines Militärhelikopters in Washington sind nach Einschätzung der Behörden mutmasslich alle 67 Insassen beider Maschinen ums Leben gekommen.

Getty Images via AFP

Darum gehts

  • Nach Donald Trumps Entlassung des Chefs der US-Transportsicherheitsbehörde kommt es zu einem tödlichen Flugzeugabsturz.

  • 28 Menschen sterben, als ein Flugzeug mit einem Helikopter kollidiert.

  • Experten hatten vor den Folgen der Entlassungen gewarnt.

  • Trump gibt Diversitätsprogrammen die Schuld, äussert sich nicht zur TSA.

Es scheint schon fast, als hätte US-Präsident Donald Trump bereits die Quittung dafür bekommen, dass er viele der wichtigsten Personen für die Flugsicherheit in seinem Land kürzlich gefeuert hat – rund zehn Tage später kollidierte ein Flugzeug von American Airlines mit 60 Passagieren und vier Besatzungsmitgliedern an Bord mit einem Armeehelikopter. Mindestens 28 Leichen wurden am Donnerstagmorgen aus den eisigen Gewässern des Potomac-Flusses geborgen.

Die Fluglotsen hatten die Besatzung des Helikopters vor der auf den Reagan National Airport zufliegenden Maschine der PSA Airlines gewarnt. Das geht aus einer Tonaufzeichnung hervor, über die US-Medien berichteten.

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Auf Anordnung Trumps kam es in den Tagen nach seiner Amtseinführung zu etlichen Entlassungen und Einsparungen. Kritik kam von den Demokraten, die Trump vorwerfen, Sicherheit und Kontinuität im Luft- und Küstenschutz zu gefährden.

Entlassungen:

  • David Pekoske, Chef der Transportation Security Administration (TSA), obwohl er ursprünglich von Trump selbst ernannt wurde.

  • Admiral Linda Fagan, Chefin der US-Küstenwache (Coast Guard) und erste Frau in diesem Amt.

  • Aviation Security Advisory Committee: Alle Mitglieder des Gremiums, das nach dem Lockerbie-Anschlag zur Flugsicherheit gegründet wurde, wurden entlassen – das Komitee existiert nun ohne Mitglieder.

Einsparungen:

  • Abschaffung mehrerer Beratungsgremien im Department of Homeland Security (DHS), offiziell, um «Ressourcenverschwendung zu vermeiden».

  • Neubesetzung der Leitung der Katastrophenschutzbehörde FEMA, die Trump für Versagen bei Naturkatastrophen kritisiert hatte.

Wie rechtfertigte Donald Trump die Entlassungen?

Trump entliess den Leiter der TSA nach wachsender Kritik an der Leistung der Behörde. Pekoske erhielt ein Memorandum aus Washington, in dem es hiess, dass das Heimatschutzministerium die Mitgliedschaft aller Beratungsausschüsse eliminiere, als Teil einer «Verpflichtung, den Missbrauch von Ressourcen zu unterbinden und sicherzustellen, dass die Aktivitäten des Heimatschutzministeriums unsere nationale Sicherheit priorisieren».

Die TSA steht seit Jahren in der Kritik wegen unzureichender Genauigkeit beim Gepäck-Scan und der Erkennung potenzieller Sicherheitsrisiken. Mehrfach waren auch Fälle von Korruption und mangelnder Integrität innerhalb der TSA bekannt geworden. Der Zeitpunkt war ideal: Der Regierungswechsel ermöglichte Trump, seine Kontrolle durch die Ernennung von loyaleren Beamten zu festigen.

Wurde Trump vor den Folgen der Kündigungen gewarnt?

Nur wenige Stunden vor dem Absturz in Washington hatte Thomas Schaller, Professor für Politikwissenschaft an der Uni Maryland, auf X vor dem Einstellungsstopp bei TSA gewarnt. «Ein mir bekannter FAA-Mitarbeiter bestätigt, dass es der Behörde bereits an ausreichend Fluglotsen mangelt. Die sogenannten ‹Buyouts› und andere Angriffe auf Bundesangestellte werden nicht helfen. Erinnert euch daran, wenn die Flugverspätungen (Abstürze?) beginnen und Trump-Anhänger anfangen, DEI oder Biden fälschlich die Schuld dafür zu geben», hatte Schaller geschrieben.

Auch andere Flugsicherheitsexperten hatten Bedenken über die Entlassung des TSA-Administrators geäussert. Einige von ihnen befürchteten, dass der Weggang einer erfahrenen Führungskraft die bestehenden Sicherheitsmassnahmen schwächen könnte.

Wie reagierte Donald Trump am Donnerstag auf das Unglück?

Politikwissenschaftler Schaller hatte nicht ganz Unrecht mit seiner Einschätzung: Am Donnerstagnachmittag machte der US-Präsident Diversitätsprogramme bei der Flugsicherung für den Unfall verantwortlich. Die Programme bei der Bundesluftfahrtbehörde FAA zielten darauf ab, «Menschen mit schweren geistigen und psychischen Behinderungen einzustellen», sagte der Republikaner im Weissen Haus.

Er griff die Politik seiner demokratischen Vorgänger Barack Obama und Joe Biden an. «Für mich steht die Sicherheit an erster Stelle. Für Obama, Biden und die Demokraten steht die Politik an erster Stelle.»

Pete Buttigieg, Verkehrsminister unter Joe Biden, reagiert auf X auf diese Aussagen und kritisierte Trump. «Verachtenswert», schrieb er, «Während die Familien trauern, sollte Trump Führungsqualitäten zeigen, nicht lügen. Wir haben Sicherheit an die erste Stelle gesetzt, haben die Zahl der Beinahe-Zusammenstösse verringert, die Luftverkehrskontrolle ausgebaut und bei Millionen von Flügen während unserer Amtszeit keine tödlichen Unfälle mit kommerziellen Flügen verzeichnet.» Auch er wies auf die Entlassungen unter Trump hin.

US-Präsident Donald Trump hat nahegelegt, dass das Flugunglück in Washington auf einen Pilotenfehler in dem beteiligten Militärhubschrauber zurückgehen könnte.

US-Präsident Donald Trump hat nahegelegt, dass das Flugunglück in Washington auf einen Pilotenfehler in dem beteiligten Militärhubschrauber zurückgehen könnte.

AFP

Das soll der Grund für das Unglück sein

Als Ursache für das Unglück wies Trump auf einen Pilotenfehler in dem beteiligten Militärhelikopter hin, ohne Belege zu nennen. Der Helikopter hätte stoppen können, behauptete der 78-Jährige an einer Pressekonferenz. «Ich habe Helikopter, man kann einen Helikopter sehr schnell stoppen.» Die Piloten in dem Helikopter hätten «sehen müssen, wohin sie fliegen».

US-Ermittler: Ursachenklärung dauere

US-Medien zufolge haben die Behörden die beiden Flugschreiber der Maschine gefunden. Aus mit den Ermittlungen vertrauten Kreisen hiess es am Donnerstag gegenüber den Sendern CBS News und ABC News, dass der Cockpit-Stimmrekorder und der Flugschreiber aus dem abgestürzten Passagierflugzeug geborgen worden seien. Demnach werden die Geräte nun von der US-Verkehrssicherheitsbehörde NTSB analysiert, welche die Ermittlungen zu dem Absturz leitet.

In scharfem Kontrast zu Äusserungen des US-Präsidenten Donald Trump haben zuständige Ermittler erklärt, dass es für Aussagen über die Ursachen der Katastrophe noch einige Zeit dauere. «Wir führen eine wichtige Sicherheitsmission aus, bei der wir sehr vorsichtig vorgehen», sagte die Vorsitzende der US-Verkehrssicherheitsbehörde NTSB, Jennifer Homendy, am Donnerstag vor Journalisten. «Wir sehen uns die Fakten an (...) und das wird einige Zeit dauern.»

Auch Todd Inman von der NTSB sagte, dass es keine sofortigen Schlussfolgerungen über die Ursache der Katastrophe geben werde. «Wir kennen nicht genug Fakten, um menschliche oder mechanische Faktoren ausschliessen zu können», sagte er. Das sei Teil des Untersuchungsprozesses der Behörde. (AFP)

Trump beklagte auch, die Flugsicherung am Hauptstadt-Airport habe zu spät eine Warnung ausgesprochen. «Diese Warnungen wurden sehr spät gegeben», kritisierte er. «Ich gebe nicht dem Fluglotsen die Schuld», schob er später nach. Er sage lediglich, dass es Dinge gebe, die man infrage stellen könne – wie die Tatsache, dass das Passagierflugzeug und der Militärhelikopter auf gleicher Höhe geflogen seien.

Zur Entlassung von TSA-Chef David Pekoske äusserte er sich nicht.

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