MenstruationsurlaubFrauen sollen während Mens freibekommen
In Asien längst Standard, in Europa nicht: In Österreich sprechen sich nun 47 Prozent der befragten Unternehmensvertreter für den Menstruationsurlaub aus.
Viele Frauen leiden, wenn sie ihre Tage haben: Die Beschwerden sind vielfältig und Schmerzmittel helfen nicht immer. So leidet auch Sandra (29) an furchtbaren Unterleibsschmerzen, die bei ihr auf die chronische Krankheit Endometriose zurückzuführen sind (20 Minuten berichtete). «Es fühlt sich an, als wäre es angenehmer, mir die Eingeweide rauszureissen, anstatt die Schmerzen noch länger ertragen zu müssen», so Sandra. Wegen Unterleibsschmerzen müsse man sich nicht schämen, findet sie. «Wenn man Krebs hat, schämt man sich auch nicht dafür, dem Chef das mitzuteilen.»
Menstruationsurlaub in Asien verbreitet
So gibt es laut der NZZ mehrere Länder, die es Arbeitnehmerinnen ermöglichen, wegen Menstruationsschmerzen zusätzliche Tage freizunehmen. Dazu gehören vor allem asiatische Länder wie Japan, Indonesien, Taiwan und Südkorea (siehe Box). Doch Wissenschaftler zeigen auch, dass dieses Arbeitsgesetz nicht nur positive Wirkung hat. So schreibt Wissenschaftlerin Alice J. Dan der NZZ zufolge, dass die Anzahl der bezogenen Freitage in Japan zurückgehe. Dies könne daran liegen, dass die Frauen Angst hätten, ihre Karriere könnte darunter leiden.
Skeptisches Europa
In Europa ist das Konzept umstritten: 2017 scheiterte ein entsprechender Gesetzesentwurf in Italien mit der Begründung, diese Freitage seien sexistisch, so die NZZ. Gleiches passierte 2013 in Russland.
Doch wie aus einer kürzlich erschienen Umfrage von Österreichs grösstem Online-Stellenportal Karriere.at hervorgeht, scheint die Skepsis für solche Freitage in unserem Nachbarland weniger gross. Laut der NZZ sprachen sich 47 Prozent von 105 befragten Unternehmensvertretern für einen Menstruationsurlaub aus. 29 Prozent würden ihren Mitarbeiterinnen aber nur dann freigeben, wenn Medikamente gegen die Schmerzen nicht helfen würden.
Forderung nach Enttabuisierung
So fordern hierzulande nicht nur Frauen wie Sandra mehr Verständnis seitens der Arbeitgeber für Menstruations- und Unterleibsschmerzen. «Mit der Forderung nach einem Menstruationsurlaub brechen wir ein Tabu», sagt Barbara Keller, Mitglied der Juso Bern, gegenüber der NZZ.
Auch Tamara Funiciello sagt, dass es viele Frauen gebe, die stark unter ihrer Menstruation leiden. «Das muss man anerkennen», sagt sie zu 20 Minuten. «Eine Enttabuisierung der weiblichen Menstruation ist nötig, aber ob ein entsprechendes Gesetz der richtige Weg ist, ist fraglich.» Viel wichtiger sei es, dass Arbeitgeber den Arbeitnehmern wieder vertrauen. «Wenn eine Frau wegen Menstruationsbeschwerden zu krank ist, um zur Arbeit zu gehen, dann muss das der Arbeitgeber akzeptieren.»
«Menstruation ist schliesslich keine Krankheit»
Die Gewerkschaft Unia schliesst sich Funiciellos Forderung an: «Es kann sein, dass sich eine Frau bei starken Menstruationsbeschwerden krank fühlt. In diesem Fall ist sie auch krank, und es gilt das entsprechende Gesetz», so Sprecherin Leena Schmitter gegenüber 20 Minuten. Die Unia befürworte deshalb keinen generellen Menstruationsurlaub, denn Menstruation sei schliesslich keine Krankheit.
Auch der Schweizerische Arbeitgeberverband äussert sich laut NZZ kritisch: «Das konkrete Anliegen eines Menstruationsurlaubs prüfen wir nicht», so Fredy Greuter, Mitglied der Geschäftsleitung. So seien Gesetze immer «Einheitslösungen», die den individuellen Möglichkeiten und Gegebenheiten der verschiedenen Unternehmen in der Schweiz keine Rechnung trügen.
In diesen Ländern haben Frauen menstruationsfrei
Japan kennt seit 1947 ein Arbeitsgesetz, das freie Tage für Frauen vorsieht, die während der Menstruation unter Beschwerden leiden. Auch in Indonesien haben Frauen das Recht auf zwei freie Tage pro Periode. Taiwan führte 2013 drei freie Tage ein und in Südkorea können sich betroffene Frauen die Tage sogar auszahlen lassen, wenn sie diese nicht beziehen. Kein einziges europäisches Land kennt ein ähnliches Gesetz.
Quelle: NZZ, Die Welt