Covid-Zertifikat - «Geimpft» soll bald nur noch nach dem Booster gelten

Aktualisiert

Covid-Zertifikat«Geimpft» soll bald nur noch nach dem Booster gelten

Wer sich erst kürzlich zweimal impfen liess, geniesst mehr Freiheiten als jemand, der sofort zur Impfung schritt, aber noch auf den Booster wartet. Das soll sich ändern, fordern Politiker.

Wird der Booster bald zum neuen Standard im Zertifikat?
Doppelt Geimpfte kommen nur testfrei in Lokale mit 2G+, wenn ihre Impfung nicht länger als vier Monate zurückliegt.
«2G+ ist für Geimpfte ein Schlag ins Gesicht und macht ihr Zertifikat gewissermassen wertlos», sagt FDP-Nationalrat Marcel Dobler.
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Wird der Booster bald zum neuen Standard im Zertifikat?

20min/Michael Scherrer

Darum gehts

Doppelt geimpft und trotzdem nicht zurück in der Normalität: So ergeht es ab Montag dem grössten Teil der geimpften Bevölkerung. Die 2G-Regel, die ab Montag gilt, befreit diese von der Maskenpflicht beim Kino- oder Restaurantbesuch nicht. Zutritt ins Hallenbad, in einen Club oder eine Bar haben sie nur mit negativem Test.

Mehr Freiheiten geniessen dagegen bereits Geboosterte, was rund 16 Prozent der vollständig Geimpften (67 Prozent) betrifft. Sie kommen etwa testfrei in einen Club, liegt ihre vollständige Impfung, Auffrischimpfung oder Genesung nicht länger als vier Monate zurück. Auch plagen sie keine Testsorgen, setzt ein Lokal freiwillig auf 2G+. Dasselbe gilt für Geimpfte und Genesene, die die Viermonatsfrist nicht überschritten haben.

«Für Geimpfte ein Schlag ins Gesicht»

Die Einschränkungen für doppelt Geimpfte stossen sauer auf. «2G+ ist für Geimpfte ein Schlag ins Gesicht und macht ihr Zertifikat gewissermassen wertlos», sagt FDP-Nationalrat Marcel Dobler. Geimpfte, die noch keine Gelegenheit zum Booster gehabt hätten, kämen kaum auf die Idee, sich vor jedem Hallenbadbesuch testen zu lassen. Auch die Maskenpflicht in Restaurants- und Freizeitbetrieben strafe die Geimpften ab. «Jetzt ist man geimpft und muss trotzdem eine Maske tragen. Ich frage mich, wann wir jemals wieder die Maske ablegen können.» Offensichtlich sei die Impfung nicht ansatzweise so wirkungsvoll wie vermutet.

Die Taskforce bestätigt den abnehmenden Schutz der Impfung. Eine dritte Impfdosis erhöhe den Schutz im Falle einer Infektion mit Delta wieder auf mindestens 95 Prozent, schreibt sie in ihrer neusten epidemiologischen Lagebeurteilung. Die dritte Impfung erneuere zumindest kurzfristig den Schutz vor einer Infektion mit Omikron auf rund 60 bis 85 Prozent.

«Covid-Zertifikat ist überholt»

Das aktuelle Covid-Zertifikat stimmt mit den neuesten Massnahmen hingegen nicht mehr überein: Nach wie vor gewährt es doppelt Geimpften eine 365-tägige Gültigkeitsdauer – von der Viermonatsfrist ist keine Rede. Verschiedene Stimmen aus der Politik drängen auf eine Anpassung.

«Das Covid-Zertifikat ist überholt», sagt Peter Metzinger, der die Pro-Kampagne für das Covid-Gesetz leitete. Veränderten sich der Impfschutz und das Virus, müsse auch das Zertifikat angepasst werden. «Das Covid-Zertifikat muss sobald wie möglich auf den neuesten Stand gesetzt werden und die Drittimpfung als neuen Impfstandard haben.» Bis dahin heisse es «boostern, boostern und nochmals boostern». Hätte Omikron keinen Strich durch die Rechnung gemacht, kämen die Geimpften in den Genuss von mehr Normalität. Er sei froh um jede Person, die sich erst kürzlich habe impfen lassen. «Aber es ist schon unfair, dass sich jetzt diejenigen, die seit Monaten geimpft sind, für den Eintritt in gewisse Lokale testen lassen müssen.»

«Booster soll bald zu neuem Standard werden»

SP-Nationalrat Mustafa Atici unterstützt die Forderung. Die dreifache Impfung biete laut Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den höchsten Schutz, sagt er. Zudem sei die Bereitschaft für den Booster in der Bevölkerung hoch. «Es macht deshalb nur Sinn, wenn der Booster im Zertifikat möglichst bald zum neuen Standard wird.»

Ausserdem sehnt sich laut Atici jeder, der sich hat impfen lassen, nach Normalität. «Dies bedeutet auch, keine Tests vorweisen zu müssen und sich in geschlossenen Räumen ohne Maske aufhalten zu können.» Zuerst müssten die Kantone beim Boostern jedoch aufs Tempo drücken. «So kann das Zertifikat angepasst werden, sobald sich jeder, der wollte, hat boostern lassen können.»

«2G+ muss abgeschafft werden»

Auch FDP-Nationalrat Marcel Dobler fordert mehr Tempo beim Verabreichen der Drittimpfung. Er sei aber dagegen, die doppelte Impfung im Covid-Zertifikat durch die Drittimpfung zu ersetzen. «2G+ ist ein rotes Tuch und muss abgeschafft werden.» Überall, wo 2G gelte, solle auch die Masken- und Sitzpflicht fallen. Die Seniorinnen und Senioren und Vorerkrankten seien im Falle eines Impfdurchbruchs vor allem gefährdet. «Diese haben ein hohes Eigeninteresse, sich boostern zu lassen.»

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) konnte am Sonntag die Frage, wann das Covid-Zertifikat angepasst werde, noch nicht beantworten.

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