577 Millionen Dollar VerlustDer gigantische Nickel-Betrug fiel erst auf, als man einen Container öffnete
Der Genfer Rohstoffhändler Trafigura ist offenbar Opfer eines gigantischen Betrugs geworden: In Containern, die angeblich wertvolles Nickel enthielten, fand sich nur minderwertiges Material.
Darum gehts
Der in Genf ansässige Rohstoffhändler Trafigura ist einem gigantischen Betrug aufgesessen.
Statt Container mit Nickel kaufte das Unternehmen solche mit minderwertigen Materialien.
Der Betrug kann Trafigura bis über eine halbe Milliarde Dollar kosten.
Dennoch erwartet das Unternehmen 2023 höhere Gewinne als im Vorjahr.
«Trafigura hat kürzlich einen systematischen Betrug entdeckt, der von einer Gruppe von Gesellschaften begangen wurde, die mit Prateek Gupta verbunden sind und von diesem kontrolliert werden, darunter TMT Metals und Firmen, die der UD Trading Group gehören», schreibt das Unternehmen auf seiner Website. Es seien nun rechtliche Schritte gegen Gupta und die entsprechenden Firmen eingeleitet worden. Der indische Geschäftsmann Gupta, der in Dubai wohnt, hat bisher nicht auf entsprechende Anfragen von Medien reagiert.
Der Betrug habe sich 2022 ereignet und betreffe Nickel, das in Containern gehandelt wurde. Doch statt des wertvollen Rohstoffs befanden sich in den Containern minderwertige Materialien. Der Betrug flog auf, als Inspektoren des Unternehmens kurz vor Weihnachten in Rotterdam einen Container öffneten und bemerkten, dass sich kein Nickel darin befand. Das Unternehmen musste wegen des Betrugs eine Wertminderung von 577 Millionen Dollar hinnehmen. Wie hoch der tatsächliche Verlust ausfallen wird, ist noch unklar – etliche Container harren noch einer Inspektion.
Nickel wird immer wertvoller
In einem einzigen Container kann sich Nickel im Wert von bis zu einer halben Million Dollar befinden. Eine Tonne des Materials, das etwa in rostfreiem Stahl, Münzen, Batterien, Gitarrensaiten oder Sanitär-Armaturen Verwendung findet, wird derzeit für fast 30’000 Dollar gehandelt. Der Ukraine-Krieg und der steigende Bedarf der Autoindustrie liessen die Preise zuletzt kräftig ansteigen.
Obwohl Trafigura davon ausgeht, dass niemand aus dem eigenen Unternehmen am Betrug beteiligt ist, hat sich das Unternehmen laut den Tamedia-Zeitungen von seinem bisherigen Leiter des Nickel- und Kobalthandels, Socrates Economou, getrennt. Dieser war einer der hochrangigsten Trader des Unternehmens. Trotz des gewaltigen Verlustes erwartet Trafigura für das erste Halbjahr 2023 aber einen höheren Nettogewinn als im Vorjahr.
Tödlicher Umweltskandal
Trafigura war 2006 wegen eines Umweltskandals in die Schlagzeilen geraten: Ein vom Unternehmen gecharterter, mit über 500 Tonnen hochgiftigem Schlamm beladener Frachter hatte nach mehrmonatiger Suche nach einem Entsorger seine problematische Fracht in Abidjan in der Elfenbeinküste abgeladen. Dort wurden die Chemikalien – Abfallprodukte aus der Erdölverarbeitung – nachts in verschiedene Bäche im Stadtteil Akuedo gekippt.
Mindestens 15 Bewohner von Akuedo starben wegen der Freisetzung von Schwefelwasserstoff sofort im Schlaf, über 30’000 Menschen erlitten schwere Vergiftungen, unter denen viele bis heute leiden. Obwohl ein Teil der Substanzen später wieder abtransportiert wurde, ist der Stadtteil Akuedo bis heute so schwer kontaminiert, dass er 2021 in die UN-Liste der 50 schlimmsten Opferzonen aufgenommen wurde. Das Unternehmen wurde deswegen 2010 verurteilt und erklärte sich zur Zahlung von 150 Millionen Dollar bereit. Ob das Geld wirklich bei den Betroffenen ankam, ist unklar.
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