Ukraine-KriegGreift Russland als nächstes Unterwasser-Internetkabel an?
Die Kappung von Unterwasser-Glasfaserkabeln in Südfrankreich richtete riesige Schäden an. War es ein Unfall oder Sabotage? Die Angst, dass Russland die Internetverbindungen in Europa lahmlegen könnte, geht schon lange um – sogar vor Kriegsbeginn.
Darum gehts
Im Süden Frankreichs wurden über Nacht mehrere Unterseekabel gekappt, wodurch das Internet weltweit beeinträchtigt wurde. Mindestens drei Glasfaserkabel wurden vergangene Woche durchtrennt, was den Internetzugang für Nutzer und Nutzerinnen in Europa, Asien und den USA verlangsamte. Der Betreiber und Internetdienstleister Free sprach von einem «Akt des Vandalismus gegen unsere Glasfaserinfrastruktur». Die Angriffe seien gleichzeitig und an verschiedenen Stellen in der Nähe von Marseille verübt worden.
Es sei wahrscheinlich, dass russische U-Boot-Saboteure am Werk gewesen seien, vermutet das ukrainische Tech-Portal «Sundries». Die Ermittler und Ermittlerinnen haben jedoch bisher keine Beweise für eine Beteiligung Russlands an dem Schaden gefunden.
Fischerboot schuld an Internetproblemen auf Shetland-Inseln
Kurz zuvor war ein wichtiges Unterseekabel im Nordatlantik beschädigt worden, das zum Ausfall der Telefon- und Internetleitungen auf den britischen Shetland-Inseln führte. In den sozialen Plattformen wurde bald darüber spekuliert, ob es sich in diesem Fall um eine technische Störung oder um ein Sabotage-Akt handeln könne.
Die Antwort darauf lieferten die Behörden wenig später: «Wir haben Grund zur Annahme, dass das Kabel von einem Fischerboot beschädigt wurde», sagte der zuständige Manager des Betreibers auf den Färöer-Inseln, Páll Vesturbú, der BBC zufolge.
1,3 Millionen Kilometer Kabel
Die Verletzlichkeit wichtiger Infrastruktur wie etwa Glasfaserkabel besonders im Meer ist durch die Explosionen an den Erdgaspipelines Nord Stream 1 und 2 im September in den Blickpunkt gerückt. Nach Auffassung von Analysten waren die Störungen in Südfrankreich nur ein Vorgeschmack auf weit grössere Probleme, falls es zu einem systematischen Angriff auf Datenkabel kommen sollte.
Heutzutage wird fast der gesamte weltweite Internetverkehr über ein globales Netz von mehr als 400 Glasfaserkabeln übertragen, die zusammen eine Länge von 1,3 Millionen Kilometern haben. Sie werden fast ausschliesslich von privaten Unternehmen wie Google und Microsoft sowie von Alcatel Submarine Networks aus Frankreich und zunehmend auch von Huawei Marine Networks aus China betrieben.
Von Spionage-U-Booten bis zu Walfischen und Delfinen
«Diese Kabel sind seit mehr als einem Jahrzehnt ein Ziel in Fall von Konflikten», sagte Keir Giles, Experte für russische Informationskriegsführung beim Think Tank Chatham House, in einem Interview Ende September mit dem US-Portal «Politico».
Im August 2021 – also gut zehn Monate vor dem Beginn des Ukraine-Kriegs – widmete das französische Portal «Naval News» diesem Thema einen Artikel mit dem Titel: «Fünf Möglichkeiten, wie die russische Marine Unterwasser-Internetkabel angreifen könnte». Darin beschreibt der Autor, wie etwa Spionage-U-Boote, Unterwasserdrohnen, Tieftauch-U-Boote und sogar trainierte Beluga-Walfische und Delfine, die «unverzichtbaren, aber unsicheren» Kabel beschädigen könnten.

Russische Spionage-U-Boote, Unterwasserdrohnen, Tieftauch-U-Boote und sogar trainierte Beluga-Walfische und Delfine könnten nach Angaben von «Naval News» die Unterwasser-Kabel beschädigen.
Screenshot Naval NewsNicht nur der Internetverkehr, sondern auch die Energieinfrastruktur, die militärische Kommunikation und Sensornetzwerke seien anfällig für die Seekriegsplattformen der russischen Marine. Schätzungen zufolge werden 97 Prozent der weltweiten Kommunikation über Unterseekabel übertragen. Dazu gehörten auch Finanztransaktionen in Höhe von Billionen Dollar, warnte der Marine-Experte.
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