GrenzortTrump plagt Kanadier: Für Bibliothek brauchts plötzlich den Pass
Über 100 Jahre konnten Kanadier aus Stanstead, Québec, problemlos in die US-Bibliothek in Derby Line, Vermont, durch welche die Landesgrenze verläuft. Dann kam Donald Trump.
Darum gehts
Über Generationen wurde eine Bibliothek auf der Grenze zwischen der kanadischen Provinz Québec und dem US-Bundesstaat Vermont von den Bewohnern beider Seiten genutzt.
Dieses Recht wurde nun massiv eingeschränkt: Künftig müssen Personen aus Stanstead in Kanada erst offiziell mit dem Reisepass nach Derby, USA einreisen.
Die Betroffenen wollen sich allerdings nicht voneinander entfremden lassen.
Seit 121 Jahren können die Einwohner von Stanstead, Québec, zu Fuss nach Derby Line, Vermont, gehen, um die grenzüberschreitende Haskell Free Library und das Opernhaus zu betreten – ohne Reisepass.
Im Inneren der Bibliothek konnten sich kanadische und amerikanische Bürgerinnen und Bürger frei über die auf dem Boden gezogene Grenzlinie bewegen – solange sie danach in das richtige Land zurückkehren. 2016 lobte der damalige Präsident Barack Obama die symbolische Bedeutung der 1901 erbauten Bibliothek. «Ein Einwohner einer dieser Grenzstädte sagte einmal: ‹Wir sind zwei verschiedene Länder, aber wir sind wie eine grosse Stadt›», sagte er.
Mit dem Reisepass in die Bibliothek
Wie nun am Freitag bekannt wurde, haben die US-Behörden jedoch beschlossen, diese ungeschriebene Vereinbarung aufzuheben. Die Entscheidung fällt in eine Zeit erhöhter Spannungen zwischen den beiden Ländern und hat in den Gemeinden auf beiden Seiten der Grenze – die teilweise nur durch Blumentöpfe markiert ist – für viel Aufregung gesorgt.
Ein Sprecher der US-Zoll- und Grenzschutzbehörde CBP bestätigte gegenüber AP, dass die jetzt eröffnete Kluft bald noch tiefer wird: In den kommenden Tagen werden nur noch Inhaber von Bibliotheksausweisen und Angestellte aus Kanada das Gebäude durch den Haupteingang auf der US-Seite betreten können. Und ab dem 1. Oktober wird kein Kanadier mehr über die USA die Bibliothek besuchen können, ohne den Grenzübergang zu passieren.
Verstehst du den Entscheid der USA?
Bereits im Februar hatte die US-Heimatschutzministerin Kristi Noem für Ärger gesorgt, als sie die Bibliothek besuchte und mehrfach die Grenze «überschritt». Dabei nannte sie Kanada konsequent «den 51. Staat der USA».
Nachbarn wollen sich nicht entzweien lassen
Kanadische Besucher ohne Bibliotheksausweis müssen durch einen Hintereingang über eine oft schlammige Rasenfläche gehen. Die Bibliothek gab am Freitag bekannt, dass sie eine GoFundMe-Kampagne gestartet hat, um die geschätzten 100'000 kanadischen Dollar (61'000 Franken) aufzubringen, die für den Bau eines Trottoirs, eines neuen Parkplatzes und eines Rollstuhlzugangs benötigt werden.
Als Grund gaben die USA an, es habe in den vergangenen Jahren eine Reihe von Vorfällen in und um die Bibliothek gegeben, die zu Festnahmen geführt hätten. Die «illegale grenzüberschreitende Aktivität in diesem Bereich» habe stetig zugenommen. Doch für Jody Stone, Bürgermeister von Stanstead, macht die Entscheidung der USA keinen Sinn. Und er sagt: «Egal, was diese Regierung tut – es wird nichts an der Tatsache ändern, dass Stanstead und Derby Line für immer Partner und Freunde sind.»
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