Baukran-Kletterer in Zürich-Oerlikon: «Hilfskräfte dürfen weder schreien noch drohen»

Publiziert

Baukran-Kletterer in Zürich-Oerlikon«Hilfskräfte dürfen weder schreien noch drohen»

Stundenlang befand sich ein Mann auf einem Baukran in Zürich-Oerlikon. Eine Psychologin erklärt, was Hilfskräfte in solchen Situationen beachten müssen. 

Hier bringen Einsatzkräfte den Kran-Kletterer in Sicherheit.

Video: 20min/Michelle Ineichen

Darum gehts

Über zwölf Stunden harrte ein Mann auf einem Baukran in Zürich-Oerlikon aus. Am Dienstag kurz nach elf Uhr konnten ihn die Einsatzkräfte überzeugen, sein Unterfangen aufzugeben. Laut der Stadtpolizei Zürich ist das Motiv des Mannes noch unklar. «Es sind unendlich viele Szenarien denkbar. Von einer kühn kalkulierten und bewussten Aktion bis hin zu einer akuten Psychose», sagt Psychologin Silvia Mancini Gasparini.

Das Wichtigste in solchen Situationen sei es, Ruhe zu bewahren. «Hilfskräfte dürfen weder schreien noch drohen. Sie müssen die Aussagen der Person ernst nehmen, zum Beispiel, wenn sie sagt, stopp, sonst springe ich», erklärt Mancini Gasparini. Es gehe darum, die Person zu beruhigen und ihr klarzumachen, dass man es gut mit ihr meine. Dabei könne der betroffenen Person Fragen gestellt werden, wie zum Beispiel welche Sprache sie spricht, was sie im Moment brauchen würde, um sich sicher zu fühlen oder ob sie jemanden aus der Familie oder Bekanntenkreis sehen möchte.

«Kurz gesagt: man muss sich richtig Zeit nehmen und keinen Stress machen. Am besten, man versucht, die Situation zu entschärfen, indem man sich hinsetzt, die Aussicht geniesst und versucht, mit der Person auch belanglos zu plaudern. So kann sich die Person entspannen und wieder zu sich selbst zurückfinden», so Mancini Gasparini. Wichtig sei dabei auch, dass sich die Hilfskräfte auch selbst gut schützen. «Es erfordert aber viel Fingerspitzengefühl und Einschätzungsvermögen, sich als Hilfskraft nicht auch noch zu gefährden», sagt Mancini Gasparini.

Einsatzkraft verletzt

Wie die Stadtpolizei Zürich am Dienstag in einer Mitteilung schreibt, trat der Mann auf die ersten Kontaktaufnahmen durch Spezialisten der Verhandlungsgruppe der Stadtpolizei Zürich nicht ein. Nachdem das Feuer in der Krankabine, das er am Dienstagmorgen legte, gelöscht werden konnte, setzte der Mann weitere Gegenstände in Brand, die gelöscht werden mussten.

Bei einem erneuten Versuch, mit ihm in Kontakt zu treten, warf er ein Werkzeug in Richtung der Personen im Hubretter und verletzte dabei eine Angehörige der Berufsfeuerwehr. Sie musste vor Ort medizinisch erstversorgt und ins Spital gebracht werden.

Danach gelang es den Einsatzkräften, mit dem Mann ins Gespräch zu kommen. Kurz nach elf Uhr konnte er überzeugt werden, sein Unterfangen aufzugeben und begleitet durch die Polizei freiwillig auf den Boden zurückzukehren. Er wurde anschliessend in eine Polizeiwache gebracht, wo er ärztlich untersucht wird.  

In Zürich-Oerlikon befand sich ein Mann über zwölf Stunden auf einem Baukran.
Auf die ersten Kontaktaufnahmen durch Spezialisten der Verhandlungsgruppe der Stadtpolizei Zürich trat er nicht ein.
Am Dienstag kurz nach elf Uhr konnte der Mann überzeugt werden, sein Unterfangen aufzugeben und begleitet durch die Polizei freiwillig auf den Boden zurückzukehren.
1 / 4

In Zürich-Oerlikon befand sich ein Mann über zwölf Stunden auf einem Baukran.

20min/Marco Zangger

Hast du oder hat jemand, den du kennst, eine psychische Erkrankung?

Hier findest du Hilfe:

Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858

Kinderseele Schweiz, Beratung für psychisch belastete Eltern und ihre Angehörigen

Verein Postpartale Depression, Tel. 044 720 25 55

Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen

VASK, regionale Vereine für Angehörige

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

Deine Meinung zählt