FCZ-Chaot muss ins Gefängnis: «Ich entschuldige mich bei der Fussballszene für die negativen Schlagzeilen»

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FCZ-Chaot muss ins Gefängnis«Ich entschuldige mich bei der Fussballszene für die negativen Schlagzeilen»

Vor dem Cup-Halbfinalspiel im Februar 2018 griffen FCZ-Fans vor dem Prime Tower versammelte GC-Anhänger an. Der Haupttäter, ein 27-jähriger Syrer, stand am Mittwoch vor Gericht. 

Die Polizei hatte die Aufnahme nach der brutalen Attacke vor dem Cup-Halbfinalspiel im Februar 2018 veröffentlicht und Zeugen und Zeuginnen gesucht.
Am Mittwoch musste sich ein 27-jähriger Syrier vor dem Obergericht verantworten. Laut Anklage trat er mehrmals brutal gegen den Kopf eines bewusstlosen GC-Fans.
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Die Polizei hatte die Aufnahme nach der brutalen Attacke vor dem Cup-Halbfinalspiel im Februar 2018 veröffentlicht und Zeugen und Zeuginnen gesucht.

Stadtpolizei Zürich

Darum gehts

Rund 60 FCZ-Chaoten schlugen am 28. Februar 2018 wahllos auf die vor dem Prime Tower versammelten GC-Fans ein. Die Stadtpolizei Zürich veröffentlichte nach der brutalen Attacke vor dem Cup-Halbfinalspiel die Aufnahmen einer Überwachungskamera und suchte Zeugen und Zeuginnen. Ein heute 27-jähriger Syrer gilt als Haupttäter. Er stand am Mittwoch vor dem Obergericht Zürich. Laut Anklage hat er einen am Boden liegenden GC-Anhänger mehrmals getreten.

Vor dem Obergericht zeigte sich der Beschuldigte geständig. Gemäss eigenen Angaben stand er am Tattag unter Einfluss von Alkohol und Drogen. «Ich verstehe nicht, wieso ich das getan habe. Wahrscheinlich habe ich mich cool gefühlt. Heute schäme ich mich für diese feige Tat. Es tut mir leid, was passiert ist», so der 27-Jährige. «Ich habe damit weder mich noch die Fussballszene in ein gutes Licht gerückt. Ich möchte mich beim Opfer für die Tat und bei der Fussballszene für die negativen Schlagzeilen entschuldigen.»

Im Juni 2021 verurteilte ihn das Bezirksgericht Zürich unter anderem wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 28 Monaten. In Kombination mit einem Urteil des Strafgerichts Basel-Stadt ergab das eine Gesamtstrafe von fünf Jahren und vier Monaten. Zusätzlich wurde ein Landesverweis von sieben Jahren ausgesprochen. Der Verteidiger kündigte noch in der Verhandlung Berufung gegen das Urteil an.

«Ich fand nur Halt bei meinen Freunden und dem Fussballverein»

Zu einem allfälligen Landesverweis sagte der 27-Jährige am Mittwoch: «Mein Leben ist in der Schweiz. In Syrien habe ich niemanden.» Er sei mit drei Jahren in die Schweiz gekommen und in Zürich aufgewachsen. Vor Gericht schildert der 27-Jährige eine schwierige Jugend. Einen Grossteil seiner Kindheit und Jugend habe er in Heimen und bei Pflegefamilien verbracht. «Ich fand nur Halt bei meinen Freunden und dem Fussballverein. Die Fussballfreunde waren meine Ersatzfamilie», so der Beschuldigte. 

Der Verteidiger wollte, dass sein Mandant vom Vorwurf der versuchten schweren Körperverletzung freigesprochen wird. Das erstinstanzliche Urteil sei zu hart. Es gebe keine Hinweise, dass der Beschuldigte beabsichtigte, den Geschädigten schwer zu verletzen. «Als vom Geschädigten keine Kraft mehr ausging, liess er von ihm ab», so der Anwalt. Im Bezug auf Raufhandel, Landfriedensbruch und Vergehen gegen das Waffengesetz sei der Beschuldigte schuldig zu sprechen und mit einer Freiheitsstrafe von maximal zwölf Monaten zu bestrafen. Die Strafe sei zugunsten einer Massnahme für junge Erwachsene aufzuschieben.

«Man muss mich bestrafen. Die Frage ist, wie hart?»

Die Staatsanwaltschaft forderte hingegen, dass das Urteil des Bezirksgerichts bestätigt wird. Mit dem «sinnlosen und brutalen» Vorgehen habe der Beschuldigte eine schwere Körperverletzung in Kauf genommen. Zum Schluss der Verhandlung ergriff der Beschuldigte das Wort: «Man muss mich bestrafen. Die Frage ist, wie hart? Ich wünsche mir ein gerechtes Urteil.» Er habe am Tattag völlig übertrieben. Den Ernst der Lage habe er erst später begriffen.

Das Obergericht verurteilte den 27-Jährigen unter anderem wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten. Zudem muss er für sechs Jahre das Land verlassen. «Der erste Tritt war kein ‹Kick›, sondern ein Stampfen. Der Beschuldigte wusste, was er macht, auch wenn alles sehr schnell ging», sagte der Richter bei der Urteilsbegründung. Deshalb qualifiziert das Gericht diesen Tritt als versuchte schwere Körperverletzung.

Bezüglich der Landesverweisung habe das Gericht lange beraten, so der Richter. Das Gericht anerkennt zwar, dass der Mann beinahe sein ganzes Leben in der Schweiz verbracht hat und somit ein Härtefall sein könnte. Aber es gewichtet das öffentliche Interesse an einer Wegweisung höher. «Der Beschuldigte hat in Basel und in Zürich wehrlose Menschen traktiert. Es ist zu viel passiert», sagte der Richter.  

Bist du oder ist jemand, den du kennst, von sexualisierter, häuslicher, psychischer oder anderer Gewalt betroffen?

Hier findest du Hilfe:

Polizei nach Kanton

Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz

Lilli.ch, Onlineberatung für Jugendliche

Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein

Zwüschehalt, Schutzhäuser für Männer

LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133

Alter ohne Gewalt, Tel. 0848 00 13 13

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Beratungsstellen für gewaltausübende Personen

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