Sissach: Chef verbietet Verkäuferin (18) das Kopftuch

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Sissach BL«Das ist deine Privatsache» – Chef verbietet Verkäuferin (18) das Kopftuch

Eine 18-jährige Aushilfskraft verliess im Baselbieter Sissach ihre Stelle, weil sie mit einem Hidschab zur Arbeit erschien. Die Kundschaft und eine Kollegin haben sich daran gestört.

Der Chef einer Verkaufsangestellten in Sissach BL verbot seiner 18-jährigen Mitarbeiterin, ein Kopftuch zu tragen, da sich andere Mitarbeitende und die Kundschaft daran störten. Die Gymnasiastin startete im Juli ihre Anstellung als Aushilfskraft. Im Oktober entschied sie sich dazu, einen Hidschab zu tragen.
Der Chef, dessen Geschäft in Sissach steht, habe grundsätzlich nichts dagegen. Er könne jedoch nicht riskieren, Umsatz zu verlieren, wenn sich Kundinnen und Kunden daran störten. Der Arbeitsvertrag wurde auf Wunsch der 18-Jährigen aufgelöst.
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Der Chef einer Verkaufsangestellten in Sissach BL verbot seiner 18-jährigen Mitarbeiterin, ein Kopftuch zu tragen, da sich andere Mitarbeitende und die Kundschaft daran störten. Die Gymnasiastin startete im Juli ihre Anstellung als Aushilfskraft. Im Oktober entschied sie sich dazu, einen Hidschab zu tragen.

Getty Images/Symbolbild

Darum gehts

Weil eine 18-jährige Gymnasiastin in ihrem Nebenjob als Verkäuferin ein Kopftuch trug, verlor sie ihre Anstellung. Der Geschäftsführer befürchtete finanzielle Einbussen. Kundinnen und Kunden hätten sich beschwert. Eine Mitarbeiterin drohte gar zu kündigen, sollte die Schülerin weiterhin mit Kopftuch zur Arbeit erscheinen.

Im aktuellen Zeitgeist der heftigen Proteste im Iran, wo sich Frauen dafür stark machen, selbst entscheiden zu dürfen, ob sie ein Kopftuch tragen möchten oder nicht, polarisiert der Hidschab sehr. Für einige ist er ein Zeichen der Unterdrückung. Andere verstehen ihn als Symbol der Selbstbestimmung. Im Baselbiet kam es zwischen einer jungen Frau und deren Vorgesetzten wegen des Kopftuchs zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses, wie die «Basler Zeitung» berichtet. 

«Im Geschäft nicht gut»

«Ich wollte das schon lange tun», sagt die 18-Jährige gegenüber der BaZ. Sie habe weder mit ihren Lehrern noch ihren Eltern vorher darüber gesprochen. «Ich wollte keine autoritäre Person fragen, ob ich das darf.» Als sie eines Tages zum ersten Mal mit dem Kopftuch zur Arbeit erschien, kam vor dem nächsten Arbeitstag die Nachricht ihres Chefs: «Was du privat tust, geht mich nichts an, aber im Geschäft finde ich das nicht gut», steht darin.

Er habe das Kopftuch der ehemaligen Angestellten auch deshalb nicht akzeptieren können, weil sie dieses im Vorfeld nicht angekündigt hatte. «Wir hätten miteinander reden und eine modische Lösung finden können», so der Ladenbesitzer. «Hätte er es netter gesagt, hätte ich das Kopftuch ausgezogen – nur für die Arbeit, um Rassismus zu umgehen», sagte die 18-Jährige. Auf ihre Bitte hin wurde das Arbeitsverhältnis aufgelöst.

Informations- und Fürsorgepflicht

«Es sind Konstellationen denkbar, in denen Mitarbeitende ihren Vorgesetzten informieren müssen, wenn sie ein Kopftuch tragen wollen», weiss Kurt Pärli, Professor für soziales Privatrecht an der Universität Basel. Das sei hier aber kaum der Fall. Zudem sei die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers relevant. Im vorliegenden Fall sei der Arbeitgeber dazu verpflichtet, mit Mitarbeitenden und der Kundschaft zu sprechen, um die Wogen zu glätten.

Auch sei es die Pflicht des Arbeitgebers, die verschiedenen Interessen auszubalancieren. Klar sei auch, dass die Mitarbeitende dabei mitmachen und Kompromisse eingehen müsste, sagt Pärli. Hätte das Geschäft ihr gekündigt, wäre das missbräuchlich gewesen. 

Bist du oder ist jemand, den du kennst, von Rassismus betroffen?

Hier findest du Hilfe:

Beratungsnetz für Rassismusopfer

GRA, Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

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