Eltern kooperieren schlechtImmer mehr verhaltensauffällige Kinder – jetzt reicht es den Lehrern
Schwierige Kinder bringen die Schule an ihre Grenzen, sagen Lehrer. Sie fordern Unterstützung und Mitwirkung der Eltern.
Darum gehts
Die Zahl der verhaltensauffälligen Kinder habe zugenommen, sagen Lehrerinnen und Lehrer.
Sie fordern bessere Bedingungen, um diese Aufgabe zu bewältigen. Die Schule stosse an ihre Grenzen, sagen Vertreterinnen von Lehrerverbänden.
Die Präsidentin des Aargauer Lehrerverbands sagt: «Man müsste die Eltern stärker in die Pflicht nehmen können.»
Es gibt Kinder, die tanzen aus der Reihe. Entweder, weil sie körperliche oder geistige Einschränkungen haben, oder weil sie so genannt verhaltensauffällig sind. Sie halten sich nicht an Regeln, können sich nicht konzentrieren, werden aggressiv gegen Mitschüler und Lehrpersonen.
Die Zahl der Kinder, die speziell betreut werden müssen, habe klar zugenommen, sagen Lehrpersonen und Lehrerverbands-Vertreterinnen im Gespräch mit 20 Minuten. Eine im Januar publizierte Studie des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) zeigt, dass zwei Drittel der Lehrpersonen in den letzten fünf Jahren im Bereich der Schule Gewalt erlebt haben. Am häufigsten kam die Gewalt von den Eltern der Kinder, am zweithäufigsten von den Schülerinnen und Schülern der eigenen Klasse. In den meisten Fällen handelte es sich um Beschimpfungen und Beleidigungen. Bei rund 15 Prozent ging es um körperliche Angriffe.
«Schule stösst an ihre Grenzen»
Lehrerverbände wollen das nicht mehr länger hinnehmen. Der Lehrerverband Basel-Stadt verlangt mit einer kantonalen Volksinitiative, dass schwierige Kinder in Förderklassen unterrichtet werden.
Auch beim schweizerischen Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) ist die Integrative Förderung ein Thema, wie Präsidentin Dagmar Rösler sagt. «Die Schule stösst zuweilen tatsächlich an ihre Grenzen.» Sie betont zwar, dass bei der Integrativen Förderung nicht alles schieflaufe und viele Kinder davon profitierten. Doch die Zahl verhaltensauffälliger Kinder habe zugenommen und es brauche mehr Unterstützung für Lehrpersonen und Time-out-Möglichkeiten für betroffene Schüler.
«Eltern kooperieren schlecht bis gar nicht»
Der Aargauer Lehrerverband hat eine interne Kommission gebildet, die Handlungsoptionen betreffend integrative Schulung erarbeitet. Die Belastung habe ein Ausmass erreicht, das für viele Lehrpersonen nicht mehr tragbar sei, sagt Präsidentin Kathrin Scholl. Grundsätzlich stünden die Lehrpersonen hinter der integrativen Schulung. Separierung sei langfristig keine Option. Kurzfristig jedoch schon: «In schwierigen Situationen braucht es Time-out-Möglichkeiten zur Entlastung aller Beteiligter.» Zudem müssten Lehrpersonen unterstützt und befähigt werden im Umgang mit schwierigen Kindern.
Auch sollten Eltern besser in die Verantwortung eingebunden werden können, sagt Kathrin Scholl. «Die Eltern schwieriger Schüler kooperieren oft schlecht bis gar nicht. Sie sehen das Problem nicht oder geben der Schule und den Lehrpersonen die Schuld.» Es müsste eine Möglichkeit geben, sie zur Mit-Erziehung ihrer Kinder zu verpflichten, sagt Scholl. Ob das rechtlich möglich sei, wäre abzuklären.
Dagmar Rösler vom schweizerischen Lehrerverband hält es für rechtlich schwierig, Eltern in die Pflicht zu nehmen. Wünschbar wäre es aber, sagt sie. Sie höre immer wieder von Lehrpersonen, dass die Kooperation der Eltern in schwierigen Situationen unbefriedigend sei. Dass sie bei Eltern gegen eine Wand laufen, dass diese nicht gewillt sind, gemeinsam mit der Lehrperson nach Lösungen zu suchen. «Die allermeisten Eltern kooperieren. Aber bei denen, die es nicht tun, ist es umso schwieriger.»
Sollten schwierige Schüler separat unterrichtet werden?
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