«Bin ein Militär»: Wie Oberst Markus Reisner den Krieg erklärt

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Interview«Ich bin ein Militär»: Wie Oberst Markus Reisner den Ukraine-Krieg erklärt

Seine Analysevideos zum Ukraine-Krieg erlangen auf Youtube weitreichende Anerkennung: Oberst Markus Reisner im Interview zu Objektivität, Neutralität und  ehrlichen Lagebeurteilungen.

Oberst Markus Reisner
So kennen viele den 46-Jährigen: Markus Reisner ist seit Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine zum bekannten militärischen Kriegserklärer geworden.
Seit März 2024 ist er Leiter des Institutes für Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wien.
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Oberst Markus Reisner

Screenshot österreichisches Bundesheer

Darum gehts

  • Seine Analysen zum Ukraine-Krieg haben Markus Reisner (46) einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht.

  • Viele vertrauen den Erläuterungen des österreichischen Oberst.

  • Wie sieht Reisner seine Rolle und wie versteht er seine Aufgabe als militärischer Kriegserklärer über den deutschsprachigen Raum hinaus?

  • Oberst Reisner spricht im Interview mit 20 Minuten über die Bedeutung von Ehrlichkeit und Objektivität – und plädiert für mehr Vertrauen in das Militär.

Markus Reisners Youtube-Analysen des Krieges gegen die Ukraine sind beliebt, vielen erscheinen die nüchternen Erläuterungen des österreichischen Oberst plausibel. «Das Militär ist zu äusserster Ehrlichkeit und Objektivität angehalten. Klingt pathetisch, ist aber oberste Pflicht», sagt Markus Reisner.

Oberst Reisner, «Die Zeit» bezeichnete den deutschen Politikwissenschaftler Carlo Masala als «Cheferklärer des Krieges zwischen Russland und der Ukraine». Wie soll man Sie bezeichnen?

Es besteht ein grundsätzlicher Unterschied zwischen uns beiden. Er ist Politikwissenschaftler und ich bin ein Militär. Die Bezeichnung «Kriegserklärer» wäre zwar durchaus anzuwenden, aber mit dem Wort «militärisch» zu ergänzen. Denn ich versuche, die Dinge aus der reinen militärischen Perspektive darzustellen. Und das Militär nimmt für sich in Anspruch, in seiner Lagebeurteilung objektiv und neutral zu sein.

Wieso ist die militärische Perspektive «objektiv und neutral»?

Weil eine militärische Lagebeurteilung die Grundlage darstellt für den Einsatz von Verbänden mit Soldaten. Eine falsche Entscheidung basierend auf einer falschen Lagedarstellung kann zum Tod und zur Verwundung von Hunderten, wenn nicht Tausenden Menschen führen. Darum ist das Militär zu äusserster Ehrlichkeit und Objektivität angehalten. Das klingt pathetisch, ist aber oberste Pflicht.

«Das hat sich herumgesprochen – begünstigt vom Informationsumfeld, das seit der Corona-Krise vom Streit um die Wahrheit geprägt ist.»

Oberst Markus Reisner

Hat das auch damit zu tun, dass Sie aus dem österreichischen Heer, sprich dem neutralen Österreich kommen?

Durchaus, wobei das sicher nicht nur begünstigend war, weil grundsätzlich ja Österreich nicht diese Relevanz hat, um in dieser Form wahrgenommen zu werden, auch nicht, was das Militär betrifft. Aber ich denke, dass wir zu Beginn des Angriffs eine sehr wichtige Entscheidung getroffen haben, nämlich die Bevölkerung auf dem Laufenden zu halten und das objektiv und neutral zu tun. Das hat sich, glaube ich, rasch herumgesprochen, begünstigt von einem Informationsumfeld, das seit der Corona-Krise davon geprägt ist, dass immer wieder Streit um die Wahrheit entbrennt.

«Die Militärs versuchen einfach wirklich, der Bevölkerung diese schwere Zeit – eine historische Zeit – zu erklären.»

Oberst Markus Reisner

Haben die Schweizer Berufskollegen also die Chance verpasst?

Das möchte ich mir nicht anmassen zu bewerten, es steht mir in keiner Art und Weise zu, hier belehrend zu wirken, was meine Schweizer oder auch die deutschen Kameraden betrifft. Ich kann nur dazu anhalten – und zwar gerade die Medien: Jetzt wäre genau der Moment, das Vertrauen, das man möglicherweise in den letzten Jahren etwas verloren hat, in die eigenen Militärs wiederherzustellen.

Und wie?

Indem man sie auch fragt. Wir haben alle eine sehr gute Ausbildung genossen. Und unsere Streitkräfte haben alle einen defensiven Charakter, ob das die Streitkräfte von NATO-Ländern sind oder die Streitkräfte Österreichs und der Schweiz. Also wir dienen der Verteidigung unserer Republik und unseres Volkes. Da kann man ihnen nicht unterstellen, dass sie hier irgendwelche Aggressions-Gedanken hegen, sondern einfach wirklich versuchen, der Bevölkerung diese schwere Zeit – eine historische Zeit – zu erklären.

Kennt ihr Markus Reisner?

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