Jonathan Kreutner: Juso unterstützen antisemitische Bewegung

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Israel-BoykottIsraelitischer Gemeindebund findet Juso-Entscheid «naiv»

Die Juso hat beschlossen, die zum Teil als antisemitisch bewertete Bewegung «Boycott, Divestment, Sanctions» (BDS) zu unterstützen. Dies sorgt beim Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund für Kritik.

Die Juso unterstützt die Bewegung «Boycott, Divestment, Sanctions». Sie gilt in Teilen als antisemitisch.
Der Grossteil der Juso sieht das anders. Im Bild: Juso-Präsidentin Miriam Hostetmann  und Jakub Walczak.
Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, kritisiert die Entscheidung der Juso scharf.
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Die Juso unterstützt die Bewegung «Boycott, Divestment, Sanctions». Sie gilt in Teilen als antisemitisch.

AFP

Darum gehts

  • Die Juso Schweiz hat beschlossen, die sogenannte BDS-Bewegung zu unterstützen.

  • BDS steht für «Boycott, Divestment, Sanctions» und fordert einen Boykott von israelischen Gütern und Dienstleistungen.

  • Für den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) weist die BDS-Bewegung dagegen klar antisemitische Züge auf.

Trotz des Widerstands ihrer Geschäftsleitung hat die Juso Schweiz Ende September eine Resolution verabschiedet, die die Unterstützung der umstrittenen und zum Teil als antisemitisch bewerteten BDS-Bewegung beinhaltet. Die Bewegung ruft zum Boykott israelischer Produkte und Dienstleistungen auf und wirft Israel unter anderem Apartheid und Genozid vor. Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann verteidigt gegenüber der NZZ den Entscheid und bezeichnet die BDS-Massnahmen als legitimes Mittel, um «die israelische Kriegskasse auszutrocknen». Im Interview mit 20 Minuten sagt Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, was er davon hält.

Herr Kreutner, wie beurteilen Sie die Unterstützung von BDS durch die Juso?

Das ist unverständlich, denn BDS folgt antisemitischen Handlungsmustern. Auch wenn ich den Juso-Delegierten, die diese Resolution angenommen haben, keinen Antisemitismus unterstelle, so nehmen sie dennoch aus historischer Ignoranz oder Naivität in Kauf, dass sie sich in die Fänge einer Bewegung begeben, die von vielen als antisemitisch angesehen wird. Damit stellen sie sich ins Abseits. Dass die Juso Schweiz diesen Entscheid nicht offiziell publiziert hat, zeigt auch, dass sie selbst wissen, wie heikel ihre Position ist.

Sollten Parteien aktivistische Gruppen, egal welcher Art, unterstützen?

Warum ist BDS Ihrer Ansicht nach antisemitisch?

Die Handlungsmuster und Methoden der BDS-Bewegung haben im Kern einen eindeutig antisemitischen Anstrich und erinnern an historische Boykotte gegen Juden wie etwa den Nazi-Slogan «Kauft nicht bei Juden». Es geht hier um eine gezielte Diskriminierung und Stigmatisierung. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel hat sich die Bewegung zudem weiter radikalisiert. Eine Studie aus Deutschland zeigt, dass es im Verlauf des letzten Jahres zu mehreren Hundert antisemitisch motivierten Vorfällen kam, die mit BDS in Verbindung stehen – darunter etwa Vandalismus an sogenannten Stolpersteinen, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Das zeigt, in welchem Fahrwasser sich BDS bewegt.

Die Juso sagt, BDS sei nicht antisemitisch, Boykotte seien ein legitimes Mittel zur politischen Einflussnahme. Was sagen Sie dazu?

Die Bewegung pickt sich gezielt den einzigen jüdischen Staat heraus und ruft zum Boykott gegen ihn auf. Wer in diesem Kontext nicht die antisemitischen Handlungsmuster erkennt, ist geschichtsblind. Zudem spielt hier auch der ganze Kontext rund um die Gründung Israels und das Umfeld der Aktivisten, die teils antisemitisch motiviert sind, eine Rolle.

Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds. (Archivbild)

Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds. (Archivbild)

Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund SIG

BDS wirft Israel Apartheid und Genozid im Gazastreifen vor und fordert unter anderem ein Ende der Besatzung. Sind das nicht legitime Forderungen?

Kritik an der israelischen Regierung zu üben oder ein Ende des Krieges in Gaza zu fordern, ist selbstverständlich legitim. Doch darum geht es bei BDS gar nicht. Die Bewegung stellt den jüdischen Staat als Unrechtsstaat dar und delegitimiert ihn als Ganzes. Im Kern lehnt BDS den jüdischen Staat vollständig ab, das ist der entscheidende Punkt. Der Entscheid der Juso Schweiz, BDS zu unterstützen, steht übrigens auch im Widerspruch zur Antisemitismusresolution ihrer Mutterpartei, der SP. Darin steht klar, dass es antisemitisch ist, Israel das Existenzrecht in Abrede zu stellen. Es ist da auch bezeichnend, dass die SP Schweiz zu BDS offenbar eine andere Position vertritt.

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