ImpfoffensiveIst die Pandemie in der Schweiz an Weihnachten vorbei?
Die Zertifikatspflicht könnte bei einer erhöhten Impfquote in wenigen Monaten fallen, sagt der oberste Impf-Chef. Ein Immunologe fasst bereits Weihnachten ins Auge.
Darum gehts
Impf-Chef Christoph Berger hält für möglich, dass die Impfquote bis im Januar um zehn bis 15 Prozent steigt – die Zertifikatspflicht und die Maskenpflicht wären nicht mehr nötig.
«Es liegt absolut drin, dass wir ohne Massnahmen Weihnachten feiern können, wenn die Impfoffensive gelingt», sagt Immunologe Daniel Speiser.
«Jetzt muss ein Ruck durch die Nicht-Geimpften gehen, sonst eiern wir noch ewig rum», sagt Mitte-Nationalrat Lorenz Hess.
SVP-Nationalrat Alfred Heer beeindrucken diese Prognosen nicht.
Aktuell sind rund 57 Prozent der Gesamtbevölkerung in der Schweiz geimpft. Mit einer Impfoffensive für 150 Millionen Franken will der Bundesrat den harten Kern der Ungeimpften aufweichen. Unter anderem sollen 1700 Beratungspersonen etwa in Form von Hausbesuchen mit noch nicht Geimpften das Gespräch suchen.
«Es ist gut möglich und zu hoffen, dass wir es schaffen, die Impfquote bis im Januar um zehn bis 15 Prozent zu erhöhen, sodass dann das Covid-Zertifikat und auch die Maskenpflicht nicht mehr nötig sein werden», sagt Christoph Berger, Präsident der eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF). Booster-Impfungen seien jetzt kein Thema. «Auffrischungsimpfungen bringen auch dann nur den gewissen Gruppen etwas, in welchen der Impfschutz nicht mehr voll da ist.»
Als Modell für die Schweiz eignet sich laut Berger Dänemark, wo so viele Personen geimpft sind, dass seit dem 10. September dort keine Corona-Beschränkungen mehr gelten.
«Wir waren noch nie so nahe am Ende»
Auch Daniel Speiser, Immunologie-Professor an der Uni Lausanne, sagt: «Wir waren noch nie so nahe am Ende der Pandemie wie jetzt.» Die Impfzentren liefen zwar nicht auf Vollbetrieb, seien aber bereit, den Betrieb hochzufahren, um der Impfkampagne innert Kürze den entscheidenden Schub zu verleihen.
«Es liegt absolut drin, dass wir ohne Massnahmen Weihnachten feiern können, wenn die Impfoffensive gelingt», sagt Speiser. Dazu könne auch der Impfstoff von Johnson & Johnson beitragen. «Einige Personen, die die mRNA-Impfungen vermeiden möchten, werden sich nun impfen lassen.»
In einer Gruppe gebe es viel Potenzial
Laut Berger steckt in der Gruppe der Ungeimpften viel Potenzial, um sie zu einer Impfung zu überzeugen. «Ein grosser Teil dieser Leute hat sich aus Bequemlichkeit noch nicht impfen lassen – und nicht, weil er mit der Impfung selbst ein Problem hat.» Mit Walk-In-Angeboten vor Einkaufszentren oder auch vor Kinos könne diese Gruppe gut erreicht werden. «Ohnehin bin ich der Meinung, dass überall dort, wo im Rahmen von Events Testzentren stehen, auch Impfangebote geschaffen werden sollen.»
Laut Speiser denken immer mehr Menschen, dass die Impfung eine gute Sache ist. «Die Impfquote ist in den letzten Monaten ja auch gestiegen. Daraus kann man die Hoffnung schöpfen, dass noch viele der Ungeimpften in den nächsten Wochen den Schritt machen werden.»
«Jetzt muss ein Ruck durch Nicht-Geimpfte gehen»
Auch Politikerinnen und Politiker zielen auf ein Ende der Massnahmen ab. «Jetzt muss ein Ruck durch die Nicht-Geimpften gehen, sonst eiern wir noch ewig rum», sagt Mitte-Nationalrat Lorenz Hess. Es sei «höchst wünschenswert», das Covid-Zertifikat im Winter fallen lassen zu können. «Ist die Schweiz dann das einzige Land, das wegen der zu tiefen Impfquote in den Skigebieten noch auf eine Zertifikatspflicht angewiesen ist, hält dies viele ausländische Gäste von Ferien in der Schweiz ab.»
SVP-Nationalrat Alfred Heer hingegen hält von einer Impfoffensive wenig. «Wir sind nicht mehr in der Katastrophe. Der Bund soll die Zertifikatspflicht, ausser bei Grossveranstaltungen, per sofort aufheben.» Er glaube nicht mehr an die Rückkehr zur Normalität, sobald das Impfziel erreicht sei. «Das sind alles leere Versprechen – als Nächstes kommt dann die Booster-Impfung und die Leute werden erneut zu etwas genötigt.»
Impfrate
Bei den über 65-Jährigen dürfte eine Impfrate von 90 bis 95 Prozent nötig sein, um die Massnahmen aufheben zu können, wie der Bundesrat am Freitag bekannt gab. Aktuell haben sich in dieser Gruppe 88,5 Prozent mindestens einmal impfen lassen. Die 18- bis 65-Jährigen weisen eine Impfrate von 71 Prozent auf – Ziel sind 80 Prozent.
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