Ja zum VerhüllungsverbotIZRS will Burka-Bussen übernehmen
Nach dem Ja zum Verhüllungsverbot zeigt sich Nikabträgerin Valentina Weiss enttäuscht. Eine Rückreise in die Schweiz kommt für sie nicht mehr infrage. Auch der Islamische Zentralrat reagiert auf das Resultat.
Darum gehts
Das Schweizer Stimmvolk hat das Verhüllungsverbot knapp angenommen.
Nikabträgerin Valentina Weiss ist «absolut enttäuscht».
Der Islamische Zentralrat kündigt an, künftig Bussen zu übernehmen, die ausgesprochen werden könnten.
Die Nikabträgerin Valentina Weiss, die dem Islamischen Zentralrat nahe steht, äusserte sich in einer Online-Pressekonferenz zum knappen Ja zum Verhüllungsverbot.
Für sie komme eine Rückreise in die Schweiz nach dem Ja zum Burkaverbot nun nicht mehr infrage. Sie wolle dem Staat auch kein Geld in Form von Bussen in die Kasse schieben. «Ich bin absolut enttäuscht und ich schäme mich für die Schweiz», sagt Weiss. «Es zerreisst mir mein Herz.» Sie berichtet mit gebrochener Stimme: Dass die Islamophobie jetzt so weit vorgedrungen sei, sei nicht nachvollziehbar. «Ich bin absolut enttäuscht von den Schweizern.» Sie hoffe aber, dass die Glaubensschwestern in der Schweiz sich dem Gesetz nicht beugen werden. «Sie sollen dafür kämpfen. Es ist eine Prüfung von Allah. Ich hoffe, dass wir diese Prüfung erfolgreich meistern werden.»
Auch der Islamische Zentralrat der Schweiz (IZRS) äussert sich zur Annahme des Burkaverbots. «Es besteht kein Zweifel, dass sich die Grundeinstellung der Stimmbevölkerung seit der Minarett-Abstimmung 2009 nicht verbessert hat», heisst es in einer Mitteilung. Der heutige Entscheid reisse alte Wunden auf, baue das Prinzip der Rechtsungleichheit weiter aus und sende ein deutliches Signal der Exklusion an die muslimische Minderheit.
IZRS will Bussen bezahlen
Der IZRS deutet das Ergebnis als «islamophob». Das Verbot werde auch in der Schweiz kaum dazu beitragen, Radikalisierungstendenzen – sei es in muslimischen Milieus oder auf Seiten der Rechtsnationalen – abzuschwächen. «Es ist vielmehr damit zu rechnen, dass der erneute Erfolg weiteres Wasser auf die Mühlen des Egerkinger Komitees schüttet. Dessen Vorstand hat weitere Angriffe auf die muslimische Minderheit und ihre freie Religionsausübung bereits in Aussicht gestellt.»

Nicolas Blancho vom IZRS äusserte sich an einer Online-Medienkonferenz zum Burkaverbot.
ScreenshotJuristischen Widerstand haben bereits die Jungen Grünen angekündigt. Auch der IZRS will das Verbot gerichtlich bekämpfen. «Für den Fall, dass es tatsächlich zu Sanktionierungen kommen sollte, hat der IZRS einen Spendenpool zum Schutz der Religionsfreiheit eröffnet. Betroffene Musliminnen können sich, sollten sie gebüsst werden, an uns wenden. Bis zur Ausschöpfung der Ressourcen werden wir die Bussen bezahlen und darüber hinaus mittels Musterprozessen die Verfassungstauglichkeit der jeweiligen Ausführungsgesetze prüfen lassen.»
«Bezahlung wäre eine Missachtung unserer Gesetze»
Dass der IZRS allfällige Burka-Bussen bezahlen will, löst bei Walter Wobmann, Initiant der Burka-Initiative, hingegen wenig Begeisterung aus. «Das wäre eine Missachtung unserer Rechtsgrundlagen und unserer Gesetze», sagt Wobmann dazu. Gegen solche Zahlungen seien rechtliche Schritte möglich.
Empört ist sie
Er übernahm bereits die Bussen im Tessin
Der französisch-algerische Geschäftsmann Rachid Nekkaz setzt sich bereits aktiv gegen das Verhüllungsverbot in ganz Europa ein. So auch im Kanton Tessin, der sich bereits 2016 für ein Verhüllungsverbot entschieden hat. Nekkaz kündigte damals an, alle Bussen zu übernehmen, die mit dem Verbot zu tun hatten. Vier solcher Bussen soll er bereits übernommen haben. Und auch in St.Gallen wurde Nekkaz aktiv. Als sich der Kanton 2018 zum Verhüllungsverbot entschied, trat der Unternehmer in Begleitung einer Algerierin im schwarzen Niqab auf und kündigte an, auch hier alle Bussen übernehmen zu wollen.
Dieses Engagement will er jetzt auch schweizweit weiterziehen. Gegenüber 20 Minuten sagt Nekkaz: «Natürlich halte ich an meinem Engagement fest, die Freiheit der Kleidung und der Religion in Europa und in der muslimischen Welt zu verteidigen.» Aktiv ist Nekkaz dabei nicht nur in der Schweiz. So bezahlte er unter anderem bereits Bussen in Frankreich, Dänemark und Belgien. Insgesamt soll er dabei mehr als 300’000 Euro für Verhüllungs-Bussen aufgewendet haben.