BadmintonIn Thailand aufgewachsen – jetzt ist sie die Nummer 1 der Schweiz
Jenny Stadelmann (23) ist die beste Badminton-Spielerin der Schweiz. Im Gespräch mit 20 Minuten spricht sie über ihre zweite Heimat Thailand, Mental Health, den Olympia-Traum und über Roger Federer.
Darum gehts
Seit wenigen Monaten ist Jenjira «Jenny» Stadelmann die Nummer 1 im Schweizer Badminton.
20 Minuten hat sie getroffen und mit ihr über ihren Weg an die Spitze gesprochen.
Die thailändisch-schweizerische Doppelbürgerin wollte ihre Badminton-Karriere vor wenigen Jahren schon beenden und träumt nun von Olympia.
«Mich stört es nicht, wenn die Leute meinen Sport Federball nennen», erklärt Jenjira «Jenny» Stadelmann schmunzelnd, als sie 20 Minuten nach einem Training in der Nähe von Bern zum Interview trifft. Der Unterschied zwischen Federball und Badminton liegt darin, dass Letzteres den Wettkampfsport bezeichnet. Einen Sport, in dem Stadelmann nicht nur gut, sondern seit letztem Oktober offiziell die beste Schweizer Spielerin der Weltrangliste ist.
Die thailändisch-schweizerische Doppelbürgerin wuchs in der Heimat ihrer Mutter in Chiang Mai im Norden Thailands auf. Dort träumte sie, wie viele andere in der Badminton-Hochburg schon als kleines Kind von einer Profikarriere. Mit 14 Jahren versuchte sie sich in Bangkok, hatte dort aber mit immenser Konkurrenz zu kämpfen. «In jedem Club hatte es etwa zehn Jennys auf gleichem Niveau. Ich musste mich gegen Tausende Gleichaltrige durchsetzen», so Stadelmann.
«Das war eine einmalige Chance für mich»
Neben der Konkurrenzsituation machten der heute 23-Jährigen auch hartnäckige Rückenproblemen zu schaffen, weswegen sie sich einen Plan B überlegte und als alternatives Berufsziel einen Werdegang als Tierärztin anpeilte. Neue Motivation, doch wieder auf die Karte Sport zu setzen, gab ihr dann ein Besuch bei ihrem Vater in der Schweiz.
Während eines Badminton-Lagers im Appenzellischen 2016 wusste sie derart zu überzeugen, dass man ihr ein Angebot in der dortigen Sportschule und Unterstützung für ihre körperlichen Probleme anbot. «Das war eine einmalige Chance für mich», betont die aktuelle Nummer 61 der Welt. Gleichzeitig war der Sprung in die Schweiz ein riesiger Kulturschock. Essen, Menschen und auch die Sprache war für Stadelmann völlig neu, da sie auch mit ihrem Schweizer Vater ausschliesslich thailändisch spricht.
Mentalen Probleme getrotzt
Sechs Jahre später plaudert die aufstrebende Sportlerin in fliessendem Schweizerdeutsch und ist auch im Badminton an der nationalen Spitze angekommen. Dort ist sie weit von millionenschweren Salären der Stars anderer Sportarten entfernt, kann aber ihren Lebensunterhalt mit Badminton verdienen. Vor wenigen Monaten schloss Stadelmann zudem eine Ausbildung zur Fitness- und Bewegungstrainerin als zweites Standbein erfolgreich ab.
Auf dem Weg zur Schweizer Elite hatte sie nicht nur mit Rückenproblemen, sondern auch mit ihrer Psyche zu kämpfen. «Ich habe mich selber sehr stark unter Druck gesetzt, wollte unbedingt die Nummer 1 der Schweiz werden und litt an Depressionen», gibt die Wahl-Bernerin offen zu.
Mittlerweile geht es dem neuen Badminton-Aushängeschild mental wieder besser, die Rückenprobleme hat sie im Griff und auch sportlich stimmen die Resultate. Im Februar krönte sich Stadelmann zur Schweizer Meisterin im Einzel, nun will sie sich in der Basler St.-Jakobs-Halle am hochkarätig besetzten Swiss Open mit der Welt-Elite messen.
«Einer wie Federer fehlt dem Badminton»
Grosses Fernziel für sie ist natürlich Paris 2024. «Wenn ich eine Olympia-Medaille gewänne, würde ich weinen», meint die 23-Jährige, die sich für die Sommerspiele in der französischen Hauptstadt aber erst noch definitiv qualifizieren muss. Nach seinem Rücktritt letztes Jahr sicher nicht mehr dabei sein wird in Paris Tennis-Legende Roger Federer.

Gute Laune beim Training: Jenny Stadelmann (l.) neben ihrer Sparringspartnerin.
20min/Matthias SpicherEine Gallionsfigur wie der Maestro sei es laut Stadelmann, was dem Badminton hierzulande abgehe, um die Popularität des Sportes auch in der Breite zu verankern. «Ein Idol wie Roger fehlt uns ein wenig», und ergänzt, dass es in der Schweiz auch an der Bereitschaft mangle, alles auf eine Karte zu setzen. Bei der Frau aus Chiang Mai liegt der Fokus nun ganz auf Badminton und wer weiss – vielleicht schafft sie es bei Olympia ja tatsächlich, das Federball-Fieber auch in der Schweiz zu entfachen.
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