Anti-Woke-Strategie: Aufstand in der jungen SVP

Aktualisiert

Knatsch bei Junger  SVP«Jeden woken Seich aufbauschen, das ist einfach nicht unser Ding»

Anti-Woke hier, Anti-Woke da: Die junge SVP Schweiz kennt derzeit nur ein Thema. Das sorgt bei den Kantonalparteien für Unmut. An der Delegiertenversammlung soll es zu einer Aussprache kommen.

David Trachsel ist seit Februar 2020 Präsident der Jungen SVP Schweiz. 
Seit Corona habe die Partei einen starken Mitgliederzuwachs erfahren, sagt er. Jetzt weht ihm aber ein rauer Wind entgegen. 
Grund dafür ist die schon seit Monaten anhaltende Kampagne gegen den «Woke-Wahnsinn». 
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David Trachsel ist seit Februar 2020 Präsident der Jungen SVP Schweiz. 

20min/Ela Çelik

Darum gehts

  • Die Strategie der Jungen SVP Schweiz wird seit Monaten von einem Kampf gegen die «Woke-Ideologie» dominiert. 

  • Das sorgt für Unmut: Mehrere Kantonalparteien beschweren sich, dass die Parteileitung sich zu fest auf dieses Thema eingeschossen habe. 

  • «Wir bewegen uns unter dem Niveau der Juso», sagt Samuel Hasler, Parteileitungsmitglied der JSVP Aargau.

  • An der Delegiertenversammlung vom Samstag soll es zu einer Aussprache kommen. 

Kulturelle Aneignung, der Gender-Stern, fluide Geschlechteridentitäten und jüngst das Blondfärben der Haare: Über «woke» Themen wurde in den letzten Monaten viel diskutiert. Mitverantwortlich dafür ist die junge SVP Schweiz unter Präsident David Trachsel. Sie lässt keine Gelegenheit aus, gegen den «Woke-Wahn» Stimmung zu machen.

Das passt einigen in der Partei gar nicht: «Mit dieser plumpen Polemik macht die JSVP sich lächerlich», sagt Samuel Hasler, Parteileitungsmitglied der JSVP Aargau. «Anstatt sich um die wichtigen Themen zu kümmern, wird ein riesiges Tamtam gemacht um eine Amerikanerin, die findet, die Haare blond zu färben, sei kulturelle Aneignung. Das kann man doch nicht ernst nehmen.» Für Hasler bewegt sich die JSVP unter der Führung von David Trachsel mit dem «Kampf gegen den Woke-Wahnsinn» auf einem «Niveau unter der Juso».

«Es gäbe so viel wichtigere Themen, die die Bevölkerung beschäftigen», sagt auch Marco Bortoluzzi, Nationalrats-Kandidat und Präsident der jungen SVP Thurgau. Er nennt etwa die Sicherheitspolitik im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, die finanzielle Belastung durch die Inflation oder die Migration.

«JSVP könnte sich auf die wichtigen Themen fokussieren»

Für Bortoluzzi wären das im Wahljahr «die perfekten SVP-Themen», während woke Themen «eher schon wieder etwas aus der Mode gekommen» seien. «Man könnte die woken auch einfach machen lassen, anstatt ihnen noch eine zusätzliche Plattform zu bieten. Dann könnte sich die JSVP auf die Themen konzentrieren, die wirklich wichtig sind», sagt Bortoluzzi.

Ähnlich sieht es Kathi Büttel, Präsidentin der jungen SVP Zug: «Das Thema Wokeness hat sicher seine Berechtigung. Doch jeden woken Seich so aufzubauschen, das ist einfach nicht unser Ding.» Auch in Whatsapp-Chats der jungen SVP Schweiz sei schon Kritik laut geworden. «Es wäre schön, wenn das Programm der JSVP wieder diverser würde», findet Büttel.

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«Werden nur noch als Anti-Woke-Partei wahrgenommen»

Auch Ramon Hug, Präsident der Aargauer Kantonalpartei, spricht von «vielen kritischen Stimmen innerhalb der JSVP, die gerne andere Themen bearbeiten möchten». Er kritisiert nicht, dass die Partei das Thema bearbeitet. «Doch es geht um die Gewichtung. Die Mutterpartei hat den Kampf gegen Wokeness auch auf dem Programm, nimmt sich aber auch anderer wichtigerer Themen an. Das würde ich mir auch von der Jungpartei wünschen.» Hug räumt aber ein, dass Jungparteien oft nicht die Mittel haben, um zwei oder drei grosse Themen gleichzeitig zu beackern.

Hug geht es auch um die Wahrnehmung der JSVP: «Die JSVP Schweiz hat eine nationale Plattform. Im Gegensatz zu den kantonalen Sektionen erreichen sie viel mehr Menschen und finden Eingang in die Berichterstattung der Massenmedien.» Das führe letztlich dazu, dass die ganze Jungpartei nur noch als die «Anti-Woke-Partei» wahrgenommen werde. «Das ist schade, denn in den Sektionen nehmen wir uns auch den lokal und national wirklich wichtigen Themen an.»

Am kommenden Samstag findet die Delegiertenversammlung statt. Die befragten Kantonalparteipräsidenten sind sich einig: Die monothematische Ausrichtung der JSVP Schweiz wird dann zum Thema werden müssen. Auch Hasler sagt: «Die Hoffnung, dass die Parteileitung den Fehler einsieht und den Kurs ändert, stirbt zuletzt. Ich hoffe auf konstruktive Diskussionen.»

JSVP-Chef gibt sich kämpferisch

David Trachsel, Präsident der JSVP Schweiz, will die Vorwürfe aus der eigenen Partei gegenüber 20 Minuten nicht kommentieren. Die Anti-Woke-Kampagne sei im letzten Frühling entstanden, als die Parteileitung sich erstmals mit dem Thema auseinandergesetzt habe. «Es geht dabei um viel mehr, als nur den Genderstern. Es droht eine sozialistische Umerziehung von den Linken, es geht um Bevormundung, Meinungsfreiheit und Zensur.»

Dass die junge SVP das Thema so intensiv bearbeite, sei nötig: «Bei politisch interessierten Menschen kommen Botschaften oft schneller an. Doch die junge SVP will alle erreichen. Deshalb ist es wichtig, dass wir am Thema dranbleiben», sagt Trachsel. Der bisherige Kampagnenverlauf gebe dem Präsidium recht: «Wir haben das Thema als erste aufgegriffen und konnten bereits einiges bewirken. Wir müssen aber weiterkämpfen.»

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