Konservative reiten Angriffe auf kinderlose Kamala Harris

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Hypothek?Konservative reiten Angriffe auf kinderlose Kamala Harris

Kamala Harris hat keine leiblichen Kinder. Für einige Republikaner ein Grund, dass sie nicht Präsidentin der USA werden kann. Ist das Land überhaupt bereit für eine Madam President?

Mit der sich abzeichnenden Nominierung von Kamala Harris rücken neue Gruppen von Wählenden in den Fokus.
«51 Prozent der Wahlberechtigten in den USA sind Frauen. Und sie sind intelligente Wählende, die sich genau anschauen, wer ihre Interessen wirklich vertritt», sagt Politologin Cathryn Clüver Ashbrook.
Fragt sich, ob die USA für eine Frau im Präsidentenamt bereit sind.
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Mit der sich abzeichnenden Nominierung von Kamala Harris rücken neue Gruppen von Wählenden in den Fokus.

AFP

Darum gehts

  • Kamala Harris steht als voraussichtliche Kandidatin der Demokraten im US-Wahlkampf vor besonderen Herausforderungen.

  • Einige Republikaner finden, als kinderlose Frau dürfte sie nicht um das Amt des Präsidenten kandidieren.

  • Andere sehen sie als Quotenfrau ihrer Partei ohne besondere Fähigkeiten.

  • Harris dürfe nicht die gleichen Fehler machen wie einst Hillary Clinton, sagt die Politologin Cathryn Clüver Ashbrook.

  • Im Interview sagt die Politologin, ob die USA für eine Präsidentin bereit sind – und ob Harris als Frau in dem Rennen um das Amt einen Vorteil hat.

Ansichten zu Kamala Harris aus republikanisch-konservativen Kreisen haben in den sozialen Medien eine Diskussion ausgelöst: Die voraussichtliche Kandidatin der Demokraten könne nicht Präsidentin werden, weil sie keine Kinder habe. Für sie blieben Sorgen von Eltern und Familien so immer abstrakt. Harris hat keine leiblichen Kinder, aber eine bekannte Stieftochter.

Gleichzeitig bezeichneten einige Verbündete von Donald Trump die 59-jährige Harris quasi als Quotenfrau der Demokraten: Sie sei nur ausgewählt worden, weil sie für Diversitäts-, Gleichberechtigungs- und Inklusionsinitiativen stehe. Ranghohe Republikaner warnten sogleich vor rassistischen und sexistischen Angriffen auf Harris. Die Vizepräsidentin solle allein für die Politik ihrer Regierung kritisiert werden, es ginge nicht um «ihre ethnische Zugehörigkeit oder ihr Geschlecht».

Doch die Debatten und Warnungen zeigen, dass es in dem neu gemischten Wahlkampf sehr wohl auch darum geht – und dass sich für die Republikaner neue Risiken auftun. Welche das sind, ob Harris als Frau im Wahlkampf eher Vor- oder Nachteile hat und ob die USA für eine Frau im Präsidentenamt überhaupt bereit sind – nachgefragt bei der Politologin Cathryn Clüver Ashbrook* von der Bertelsmann Stiftung.

Wie soll sich eine Frau verhalten, die US-Präsidentin werden will?

Sie darf nicht die Fehler machen, die Hillary Clinton vor ihr gemacht hat, kalt-kalkulierend oder überheblich elitär zu wirken. Das wird Harris aber auch nicht unbedingt passieren, da sie eine andere Lebenserfahrung und eine andere Reputation hat. Zum Verhalten: Harris muss einerseits Menschen nah sein – aber immer noch mit einer gewissen Stärke, mit einem starken Bewusstsein und Verständnis für ihre eigene Politikausrichtung kommunizieren können. Und sie muss die Wärme ausstrahlen, die sie menschlich und nahbar macht, um sich besonders jetzt nochmal neuen möglichen Wählergruppen vorzustellen, die sie bislang entweder mit ihrer Politik, mit ihrer Art oder ihrer Position nicht hat erreichen können.

Klingt nach einem grossen Spagat.

Das stimmt. Harris muss jetzt vor allen Dingen viel ins Land und zu den Wählenden gehen. Denn für die Wechsel- und die unabhängigen Wähler muss sie wegkommen vom Image einer Politikerin, die vor allem auf Minderheitenpolitik versiert ist. Jetzt muss sie als fachkundige Vizepräsidentin das ganze Land mit ihrer Stossrichtung begeistern können.

Sind die USA für eine Madame President bereit?

Frauen haben über die Jahre eine starke Präsenz in der US-Politik aufgebaut. Da gibt es nicht nur Nancy Pelosi, die Grand Dame der Demokraten, und die Richterinnen, die an den Obersten Gerichtshof berufen wurden. Auch im Senat und im Kongress sind immer mehr Frauen tätig. Wenn jetzt Harris mit einer zwar langen, persönlichen politischen Historie in die Position der möglichen Spitzenkandidatin kommt, ist sie nicht so vorbelastet wie Hillary Clinton in dieser Rolle. So erklärt sich auch die aktuelle Begeisterung unter Demokraten. Mit Harris hat sich die Möglichkeit eröffnet, das Bild einer Politikerin zu schaffen, das sich von einer anderen Politikergeneration ganz absetzt.

Ist es ein Vor- oder ein Nachteil, in diesem Rennen eine Frau zu sein?

Für das Bild Amerikas in der Welt ist es meiner Meinung nach sehr heilsam und sehr notwendig. Dabei steht Harris’ Kurs natürlich im Gegensatz zu der frauenfeindlichen – man kann es nicht anders beschreiben – Ausrichtung der Gegenseite. Nur: Frauen sind demografisch eine Mehrheit in den USA, mittlerweile sind 51 Prozent der Wahlberechtigten in den USA Frauen. Und sie sind intelligente Wählende, die sich genau anschauen, wer ihre Interessen wirklich vertritt.

Für Frauen muss es schlussendlich doch darum gehen, die eigenen Individualrechte zu stärken, und dazu gehört für viele auch das Recht auf eine Abtreibung. Das darf nicht – und wird auch nicht – Harris’ Kernbotschaft sein, aber die Bedrohung der Individualrechte, wie sie von der anderen Seite ausgeht, wird ein Narrativ sein, mit dem sie in diese nächsten Wahlwochen geht. Wenn sie es schafft, diese Punkte mit der nachhaltigen wirtschaftlichen Stärkung der Mittelschicht anzubringen, wird sie viele Wählerinnen ansprechen können.

Hat Harris es im Wahlkampf einfacher oder schwerer als Frau?

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