Kanton BernBetrugsmasche: Traum-Partner will plötzlich eine Geschenkkarte
Derzeit sind mehrere Betrugsmaschen im Umlauf, bei denen Opfer dazu aufgefordert werden, Geschenkkarten zu kaufen und Codes zu verschicken. Ein Geschenkkartenverkäufer berichtet.

Weil Minderjährige noch nicht berechtigt sind, Überweisungen per Paypal zu tätigen, fordern Betrüger oft Geschenkkarten-Codes.
IMAGO/CHROMORANGEDarum gehts
Betrüger fordern Opfer auf, Geschenkkarten zu kaufen und Codes zu senden.
Eine ältere Dame verlor so 500 Franken an einen vermeintlichen Freund aus Hawaii.
Ein Verkäufer berichtet von häufigen Betrugsfällen in seinem Gutschein-Onlineshop.
Geschenkkarten sind bei Betrügern beliebt, da sie anonym und schwer rückverfolgbar sind.
Vor kurzem wurde ein junger Mann aus dem Kanton Bern verurteilt, weil er seinen Arbeitskollegen mit Nacktbildern erpresste und ihn dazu brachte, ihm Gutscheincodes zu schicken. Mittlerweile scheint diese Betrugsmasche mit Geschenkkarten auch im Bereich des Liebesbetrugs Fuss zu fassen, wie ein News-Scout gegenüber 20 Minuten schildert.
«Meine Augen wurden immer grösser»
«Ich war gerade ins Tram eingestiegen, als eine ältere Dame mich gefragt hat, was ‹delivered› auf Deutsch bedeute», so der News-Scout. Nach einem kurzen Gespräch stellte sich heraus, dass sie für ein Paket von ihrem vermeintlichen Schauspielfreund aus Hawaii Zollgebühren zahlen müsse. «Das ist mir etwas komisch vorgekommen», erzählt er. Die Dame habe dem News-Scout daraufhin den Chatverlauf auf Whatsapp gezeigt.

Eine ältere Dame wurde über Whatsapp aufgefordert, einen Gutscheincode an ihren vermeintlichen Freund zu schicken,
IMAGO/Wavebreak Media Ltd«Meine Augen wurden beim Weiterlesen immer grösser», so der News-Scout. Dann folgte der Schock: Die Frau hatte dem Betrüger bereits einen Gutscheincode im Wert von 500 Franken zugesandt. «Wenn man aufgefordert wird, einen Gutscheincode zu schicken, sollten die Alarmglocken läuten», sagt der Mann. Der News-Scout riet der Dame, den Mann zu blockieren und kein Geld mehr an Fremde zu senden – dann trennten sich ihre Wege.
Über 15'000 Franken für Love-Scammer
Dominik Megert kennt sich gut mit dieser Betrugsmasche aus. Er betreibt einen Onlineshop für Gutscheine mit Sitz in Blumenstein bei Thun. «Im Schnitt sind es etwa fünf Fälle pro Woche, die wir als Betrugsfälle wahrnehmen», sagt Megert im Gespräch mit 20 Minuten. «Die Dunkelziffer ist aber wohl höher.» Sein Onlineshop überprüft sämtliche Bestellungen automatisch und meldet verdächtige Transaktionen. Dann setzen Megert und sein Team sich mit den potenziellen Opfern in Verbindung und versuchen zu ermitteln, ob es sich um eine betrügerische Transaktion handelt. Dabei geraten sie teilweise in Konflikt mit den Kunden selbst.
«Eine Frau bestellte bei uns mehrmals Apple-Geschenkgutscheine im Wert von 200 Franken.» Sie sagte, sie seien für ihre Enkel – doch das war eine Notlüge, weil ihr der wahre Grund peinlich war. «Denn tatsächlich war sie aber Opfer eines Love-Scams geworden und forderte später ihr Geld zurück», erzählt er.
Codes wurden im Ausland eingelöst
In einem anderen Fall bestellte ein Mann eine Apple-Geschenkkarte, angeblich ebenfalls für seinen in der Schweiz lebenden Enkel – eingelöst wurde der Gutscheincode dann jedoch in der Elfenbeinküste.
Derselbe Kunde bestellte ein Jahr später wieder bei Megerts Onlineshop, diesmal Bitcoin im Wert von hundert Franken. Im Gespräch erklärte der Mann, der Gutschein sei für einen Frankreich lebenden Bekannten – eingelöst wurde der Code wieder in der Elfenbeinküste.
Wurdest du schon einmal Opfer eines Betrugs?
Besonders oft fordern die Betrüger laut Megert Gutscheine für den Apple Store, Google Play Store oder die Videospiele-Plattform Steam. Auch Gutscheine des Schweizer Kryptowährungsanbieters CryptoNow sind bei Betrügern beliebt.
Megert findet, Kunden müssen sich mehr Gedanken machen, wem sie im Internet Vertrauen schenken und Geld in Form von Geschenkkarten senden. «Ich bin immer wieder überrascht, wie leichtsinnig die Leute teilweise mit ihren Zahlungsmitteln umgehen», so Megert.
Verantwortung liegt beim Kunden
Auch der stationäre Handel kennt die Betrugsmasche mit den Geschenkkarten, wie eine Sprecherin von Interdiscount auf Anfrage bestätigt.
«Wir konnten in einigen Fällen die Geschenkkarten rechtzeitig deaktivieren oder den Verkauf der Geschenkkarten stoppen und damit Betrugsfälle verhindern.»
Das Personal in den Filialen werde spezielle geschult, um Anzeichen von Betrugsmaschen wie Love-Scams zu erkennen. Im Onlineshop gebe es Kontrollmechanismen für besonders beliebte Geschenkkarten. Die Sprecherin hält allerdings fest: «Die Verantwortung liegt jedoch bei den Kundinnen und Kunden, die Geschenkarten kaufen.»
Geschenkkarten sind für Betrüger attraktiv
Auf Anfrage von 20 Minuten erzählt das Bundesamt für Cybersicherheit Bacs den Grund, weshalb Geschenkkarten bei Betrügern beliebt sind. «Ein Hauptgrund ist, dass sie sich relativ leicht in Bargeld umwandeln lassen. Betrüger kaufen die Karten, aktivieren sie und tauschen die Codes dann entweder auf der jeweiligen Plattform ein oder verkaufen sie auf dem Schwarzmarkt, wodurch sie schnell an Geld kommen», so die Mediensprecherin.

Geschenkkarten bieten weniger Möglichkeiten für Rückverfolgbarkeit, was sie bei Betrügern beliebt macht.
Nicolas Armer/dpaIm Vergleich zu einer Banküberweisung würden Geschenkkarten auch weniger Möglichkeiten für Rückverfolgbarkeit bieten. «Während Banküberweisungen oft mit einem klaren Vermerk und einer Identifikation des Absenders und Empfängers verbunden sind, ist dies bei Geschenkkarten weniger der Fall», erklärt das Bacs. Die Codes seien meist anonym und könnten ohne nennenswerte Spuren weitergegeben werden, was es für die Strafverfolgung oder Banken schwieriger mache, die Herkunft oder den Empfänger zu ermitteln.

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