Neuendorf SO«Brombeeri»: Tierklinik bleibt auf 3322 Fr. Kosten sitzen
Eine Tierklinik blieb auf den Behandlungskosten sitzen, weil der Halter nicht gefunden wurde. «Network for Animal Protection» kritisiert das Katzenelend in der Schweiz.
Darum gehts
Die Katze «Brombeeri» wurde schwer verletzt gefunden und notfallmässig behandelt. Die Tierklinik blieb auf 3322 Franken Behandlungskosten sitzen.
Das Bundesgericht entschied gegen die Kostenübernahme durch die Gemeinde Neuendorf.
«Network for Animal Protection» ist enttäuscht von dem Urteil.
Das Büsi «Brombeeri» wurde vor zweieinhalb Jahren schwer verletzt gefunden und zu einem Tierarzt gebracht. Dieser behandelte die Katze sofort notfallmässig und konnte so ihr Leben retten. Der Besitzer der Katze konnte jedoch nie ausfindig gemacht werden und so blieb die Tierklinik auf 3322 Franken Behandlungskosten sitzen.
«Man kriegt an jeder Ecke eine neue Katze»
«Katzen werden von vielen Menschen wie Wegwerfartikel behandelt. Ist die Katze ‹kaputt›, lohnt sich die ‹Reparatur› nicht, denn man kriegt ja an jeder Ecke eine neue für wenig oder gar kein Geld.» So beschreibt «Network for Animal Protection» (NetAP) die Situation.
In der Schweiz gebe es einen Tierärztemangel, erklärt die NetAP-Präsidentin Esther Geisser. Immer weniger Tierärzte und -ärztinnen seien bereit, Notfalldienste zu leisten. Deshalb würden sich Fundtier-Notfälle auf die wenigen Kliniken konzentrieren, die einen 24-Stunden-Service anbieten und zur finanziellen Belastung werden.
Klage von Bundesgericht abgelehnt
Die Tierklinik versuchte mit Unterstützung des NetAP die Solothurner Gemeinde Neuendorf, wo die Katze gefunden wurde, zur Verantwortung zu ziehen. Sie argumentierte, dass die Gemeinde aufgrund ihrer Aufgabe zur Durchsetzung des Tierschutzrechtes und ihrer Funktion als öffentliches Fundbüro verpflichtet sei, die Kosten zu übernehmen. Die Klage fand ihren Weg bis vor das Bundesgericht, wo sie schliesslich abgelehnt wurde. 20 Minuten berichtete.
Wie wichtig ist dir der Tierschutz?
Das NetAP ist schwer enttäuscht von diesem Entscheid: «Wir haben den Fall ans Bundesgericht gezogen, weil wir einen Grundsatzentscheid erwirken wollten und nicht, weil die Klinik die Kosten für den Einzelfall nicht tragen wollte.» Fälle wie der von Brombeeri würden sich immer mehr häufen. Sie hätten sich aus diesem Grund entschieden, einen typischen Fall stellvertretend gerichtlich beurteilen zu lassen.
«Negative Spirale» geht weiter
«Es überrascht, dass die Gemeinden von ihrer Pflicht entbunden wurden», sagt NetVP-Vizepräsident Bruno Mascello zu dem Urteil. «Hier wurde nicht nur eine Chance vertan, sondern eine negative Spirale in Gang gesetzt», erklärt er. «Autofahrer könnten weiterhin Tiere liegen lassen, Gemeinden ihre Verantwortung ablegen und Überbringer könnten bei möglichen Kostenfolgen präventiv das Einschläfern eines Tieres verlangen.»
Tierschutzorganisationen würden schliesslich als letztes Glied in der Kette auf den Tieren und den Kosten sitzen bleiben. «Der Staat bleibt weiterhin passiv, jetzt sogar mit dem Segen des Bundesgerichts, obschon der Tierschutz Staatsaufgabe ist», so der Anwalt.
Kastrationspflicht für Freigängerkatzen gefordert
Die Katze zähle zwar mit über zwei Millionen Katzen zu den beliebtesten Haustieren. Die Schweiz habe aber gleichzeitig auch ein immenses Katzenelend, so Mascello. Für die Verbesserung der Situation stellt die NetVP drei Forderungen: Erstens müsse eine Kastrationspflicht für Freigängerkatzen eingeführt werden.
Zweitens brauche es eine Chip- und Registrationspflicht, damit die Halter schneller gefunden und in die Pflicht genommen werden können. Drittens müsse das Gemeinwesen für verletzte Tiere eine Ausfallhaftung übernehmen, bis der Halter gefunden werden kann.
Zumindest für das Büsi Brombeeri gab es ein Happy End: Es ist wieder ganz fit und wird in ihrem neuen Zuhause geliebt. Nur ein Auge hat sie eingebüsst.
Du weisst von einem Tier in Not?
Hier findest du Hilfe:
Feuerwehr, Tel. 118 (Tierrettung)
Polizei, Tel. 117 (bei Wildtieren)
Tierrettungsdienst, Tel. 0800 211 222 (bei Notfällen)
Schweizerische Tiermeldezentrale, wenn ein Tier entlaufen/zugelaufen ist
Stiftung für das Tier im Recht, für rechtliche Fragen
GTRD, Grosstier-Rettungsdienst, Tel. 079 700 70 70 (Notruf)
Schweizerische Vogelwarte Sempach, für Fragen zu Wildvögeln, Tel. 041 462 97 00
Tierquälerei:
Meldung beim kantonalen Veterinäramt oder beim Schweizer Tierschutz (anonym möglich)

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