«Ort des Vertrauens»: Angriff auf Hortkinder besonders traumatisch

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Kinderpsychologe«Kinderhort ist ein Ort des Vertrauens, auch für die Eltern»

Ein 23-jähriger Mann verletzte in Oerlikon drei fünfjährige Buben mit einer Stichwaffe. Der Kinder- und Jugendpsychologe Felix Hof erklärt, was nun im Umgang mit den betroffenen Kindern und Eltern wichtig ist.

Ein Mann verletzte mit einer Stichwaffe drei Buben im Alter von fünf Jahren in Oerlikon.
In diesem Zusammenhang wurde eine tatverdächtige Person, ein 23-jähriger Chinese, festgenommen.
Der Kinder- und Jugendpsychologe Felix Hof sagt klar: «Wir müssen davon ausgehen, dass die Kinder traumatisiert sind.»
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Ein Mann verletzte mit einer Stichwaffe drei Buben im Alter von fünf Jahren in Oerlikon.

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Darum gehts

  • Ein Mann verletzte in Oerlikon drei fünfjährige Buben mit einer Stichwaffe, als diese mit einer Hortmitarbeiterin unterwegs waren.

  • Der Tatverdächtige wurde festgenommen, die Polizei ist mit einem Grossaufgebot vor Ort.

  • Kinderpsychologe Felix Hof betont die Wichtigkeit einer sofortigen Betreuung der traumatisierten Kinder, ihrer Eltern und des Hortpersonals.

  • Die Kinder müssten nun wieder das Gefühl bekommen, dass sie sicher und ihre engsten Bezugspersonen für sie da seien.

In Oerlikon wurden drei fünfjährige Buben von einem Mann mit einer Stichwaffe verletzt, als sie mit einer Hortmitarbeiterin auf dem Weg zu einem Kinderhort waren. Die Polizei ist mit einem Grossaufgebot vor Ort, der Tatverdächtige – ein 23-jähriger Chinese – wurde festgenommen, wie die Stadtpolizei Zürich im Laufe des Einsatzes bekannt gab. Der Kinder- und Jugendpsychologe Felix Hof erklärt im Interview, was jetzt im Umgang mit den Kindern wichtig ist.

Der Kinder- und Jugendpsychologe Felix Hof.

Der Kinder- und Jugendpsychologe Felix Hof.

Privat

Was macht so eine Tat mit den Kindern?

«Wir müssen davon ausgehen, dass die Kinder traumatisiert sind. Es ist wichtig, dass die Eltern vor Ort in die Betreuung miteinbezogen werden und diese sowie die Kinder und das Hortpersonal von einem Care-Team betreut werden. Einige Kinder reagieren mit Erstarrung, während sich andere besser ausdrücken können. Die engsten Bezugspersonen der Kinder – meist die Eltern – sind von grosser Bedeutung und müssen unbedingt in die Betreuung miteinbezogen werden.»

«Wie genau sich die Traumatisierung äussert, hängt davon ab, wie belastbar das einzelne Kind ist und auf welche Weise es das Geschehene verarbeitet. Manche Kinder können Ängste und Panik entwickeln, klammern sich an ihre Eltern und haben Angst, von ihnen getrennt zu sein. Im schlimmsten Fall kann das Erlebnis langanhaltende Folgen haben, vor allem für die drei verletzten Kinder.»

Was muss nun im Umgang mit den Kindern geachtet werden?

«Die engsten Bezugspersonen müssen jetzt sehr nahe am Kind sein und auf seine Ängste und Verunsicherung eingehen. Sie sollten zwar nicht explizit nach den Erlebnissen fragen, um keine Retraumatisierungen auszulösen, aber bestätigende und sichere Zuwendung geben. Das Kind muss jetzt die Erfahrung machen: ‹Ich bin sicher und meine engsten Bezugspersonen sind für mich da.› Dabei dürfen die Familien nicht alleine gelassen werden, sondern sollten von Fachpersonal immer wieder kontaktiert werden.»

«Dieser Ort ist nun für Eltern und Kinder mit diesen schlimmen Erlebnissen besetzt.»

Was hat der Tatort für eine Bedeutung?

«Es ist schlimmer, dass die Gewalttat in einem Hort passiert ist, als in einem Supermarkt. Ein Hort ist ein Ort des Vertrauens, die Eltern gehen davon aus, dass ihre Kinder dort sicher sind. Nun ist er für Eltern und ihre Kinder mit diesen schlimmen Erlebnissen besetzt, was zu grosser Verunsicherung führt. Es muss eng beobachtet werden, wie die Kinder reagieren, wenn sie wieder zurück in den Hort kommen.»

Was kann der Kinderhort nach diesem Erlebnis tun?

«Wenn der Kinderhort in den nächsten Tagen nicht vollständig geschlossen bleibt, sollten zusätzliche Betreuungskräfte anwesend sein. Da die verletzten Kinder zunächst nicht zurückkehren, könnte dies bei den anderen Kindern zu mehr Verunsicherung und Fragen führen. Sie vermissen ihre Spielkameraden und wollen wissen, wo diese sind. Es braucht ausserdem eine Hotline, an die sich Eltern mit Fragen und Sorgen wenden können, und Fachleute, die gegebenenfalls auch direkt in die Familien gehen.»

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