Kritik an Olympia-Komitee«Christen verhöhnt»: Geistliche und Politiker fordern Antworten
Dragqueens, die eine Szene nachspielen, die an das letzte Abendmahl erinnert, erzürnen Christinnen und Christen weltweit. Politiker und Kirchenvertreter fordern jetzt Antworten vom olympischen Komitee.
Die strittige Szene an der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Paris.
20min/IOKDarum gehts
Die Darstellung des letzten Abendmahls durch Dragqueens bei der Eröffnungszeremonie in Paris hat weltweit Empörung bei Christen ausgelöst.
Kritiker werfen den Organisatoren vor, den christlichen Glauben zu verhöhnen, und fordern eine Entschuldigung vom Internationalen Olympischen Komitee mit Sitz in Genf.
Das IOK hat bisher weitgehend zur Kritik geschwiegen.
Der Regisseur der Zeremonie rechtfertigte die Szene mit Kunstfreiheit und damit, dass er die Toleranz der Gemeinschaft aufzeigen habe wollen.
Das ist passiert
In der vierstündigen Eröffnungszeremonie von Paris gab es eine Szene, die derzeit weltweit Empörung bei gläubigen Christinnen und Christen hervorruft (siehe Video). In Tausenden Beiträgen in den sozialen Medien beschweren sich Menschen in den unterschiedlichsten Sprachen.
Die Kritik im Detail
Kritisiert werden im Wesentlichen diese drei Punkte:
Diese Darstellung des letzten Abendmahls durch Dragqueens verhöhne den christlichen Glauben.
Die Organisatoren verhöhnten den christlichen Glauben, trauten sich aber nicht, dasselbe mit dem jüdischen oder muslimischen Glauben zu machen.
Die Olympischen Spiele seien der falsche Ort, um Werbung für Diversity oder Wokeness zu machen.
Das sagt der Erfinder
Verantwortlich für die Inszenierung war Thomas Jolly. An einer Medienkonferenz des Internationalen Olympischen Komitees (IOK) sagte er, er habe die Toleranz der Gemeinschaft feiern wollen. Und in einem Interview mit «Le Monde» ergänzte er, er habe absichtlich mit Gegensätzen gearbeitet.
Fragen von 20 Minuten beantworteten am Sonntag weder das IOK noch Jolly.
Das sagt das IOK
Wenig. An der Pressekonferenz von Sonntag sagte Anne Descamps, Kommunikationschefin des IOK, lediglich: «Es war nie beabsichtigt, irgendeine religiöse Gruppe zu verletzen. Die Eröffnungsfeier sollte die Toleranz der Gemeinschaft feiern. Wir glauben, dass dieses Ziel erreicht wurde. Wenn sich jemand beleidigt gefühlt hat, tut uns das sehr leid.»
Anne Descamps, Kommunikationschefin des IOK, nimmt an einer Pressekonferenz kurz angebunden Stellung zu den Vorwürfen.
20min/IOKEhemaliger Generalvikar übt Kritik
Martin Grichting, ehemaliger Generalvikar des Bistums Chur, schiesst in der NZZ ebenfalls scharf: Das IOK habe sich «mit einem PR-Stunt beim Wokeismus angedient», wodurch der olympische Gedanke «selbst zur Satire geworden» sei. Das IOK und Frankreich hätten deshalb «im Namen Olympias nicht nur die Menschen gespalten, anstatt sie zu einen», sondern auch «an den Grundfesten des Westens gesägt».
Freikirchen fordern Antworten
Der Dachverband der Freikirchen und christlichen Gemeinschaften der Schweiz fordert in einer Mitteilung IOK-Präsident Thomas Bach dazu auf, sich zu erklären. Er kritisiert insbesondere sieben Punkte:
Das IOK verspotte seine eigenen Athleten, die sich zum christlichen Glauben bekannten.
Die herabsetzende Darstellung sei respektlos, ja bösartig und verletze die Gefühle von Christen.
Wer sich über eine Religion lustig mache, fördere Intoleranz.
Die kontroverse religiöse Darstellung lenke vom Sport ab.
Die Darstellung gefährde den Ruf der Olympischen Spiele.
Spott über religiöse Symbole widerspreche den Werten Freundschaft, Respekt und Exzellenz, für die die Olympischen Spiele stünden.
Die entstandene Kontroverse führe zu unnötigen Konflikten und Spannungen.
Für Markus Baumgartner, Mediensprecher des Dachverbands, ist klar: «Wir verlangen eine Erklärung und eine Entschuldigung vom IOK.»
Auch Politiker schiessen gegen das IOK
Mitte-Nationalrätin Maya Bally würdigt zwar die Kunstfreiheit und den Versuch des Regisseurs, Vielfalt darzustellen. Sie sagt aber auch: «Die Szene war schon sehr übertrieben und provokativ. Ich glaube nicht, dass man damit der queeren Community einen Gefallen getan hat.» Sie finde es unnötig, sie Szene zu verteufeln. Sie persönlich störe diese nicht. Aber: «Mit mehr Fingerspitzengefühl und Weitsicht hätte eine solche Kontoverse vermieden werden können. Vom Künstler kann man das vermutlich nicht verlangen, er wollte ja womöglich absichtlich provozieren. Aber bei einer Organisation dieser IOK und Tragweite gab es doch bestimmt ein Kontrollgremium des IOK, das die Szene abgenommen hat. Sie wären verantwortlich gewesen, das zu merken.»
Diese Ausschnitte aus vergangenen Eröffnungszeremonien der Olympischen Spiele sorgten in den sozialen Medien teils für hämische Vergleiche.
20minSVP-Nationalrat Andreas Glarner schliesst sich dem an: «Das IOK hat entweder nicht hingeschaut oder, und das wäre noch viel schlimmer, diese Darstellung bewusst zugelassen. Das ist reiner Hohn für Christinnen und Christen, nie hätten das IOK oder der Künstler sich getraut, auf dieselbe Art Muslime zu verhöhnen. Das IOK muss jetzt hinstehen und sich erklären.»
Präsidentin der reformierten Kirche nimmt IOK in Schutz
Anders sieht es Rita Famos, Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz: «Die Kunstfreiheit ist ein wertvolles Gut. Die Darstellung des Abendmahls bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in Paris mag auf den ersten Blick irritieren. Wie der Regisseur Thomas Jolly aber treffend bemerkt, erinnert sie uns daran, dass Schönheit, Emotionen und Freude oft genau dann entstehen, wenn unterschiedliche Schachteln, in die wir die Welt einsortieren, zusammenkommen», sagt sie. Sie plädiert dafür, gemeinsam für eine «offene Gesellschaft, Vielfalt in Kultur und Sport und gegen Fundamentalismus in Religion und Politik einzustehen».
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