Ukraine-Vorstoss in Kursk: Gaspreis steigt auf Jahreshoch

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Kampf um GasstationMärkte zittern nach Ukraine-Vorstoss: Gaspreis steigt auf Jahreshoch

Die ukrainischen Truppen haben laut Berichten eine wichtige Gasübertragungsstation in Russland erobert. Falls sie das Gas abdrehen, wäre es ein Schock für viele Länder.

Die russische Armee verlegt Konvois in die Region Kursk, um die ukrainischen Truppen zu bekämpfen.
Laut russischen Militärbloggern haben die Ukrainer die wichtige Gasstation bei Sudscha erobert.
Die Pipeline ist die letzte, die noch Gas durch die Ukraine nach Europa liefert.
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Die russische Armee verlegt Konvois in die Region Kursk, um die ukrainischen Truppen zu bekämpfen.

IMAGO/ITAR-TASS/ Sipa USA

Gaspreis: Darum gehts

  • Die Ukraine schlägt gegen Russland zurück und besetzt russisches Territorium.

  • Die beiden Länder kämpfen um eine wichtige Gasstation.

  • Jetzt steigen die Gaspreise auch in der Schweiz.

Die Ukraine überrascht mit ihrem Vorstoss nach Russland. Trotz Soldatenmangel und Geländeverlust an der Front im Donbass und obwohl die USA den Einsatz ihrer Waffenlieferungen nur in begrenztem Umfang auf russischem Territorium erlaubte, schickt das Land tausend Soldaten über die Grenze in die russische Region Kursk. An Tag vier des Vormarschs rief Russland nun den nationalen Notstand aus.

Russland-Experte Alexander Dubowy sieht drei mögliche Gründe für den Vorstoss: Die Ukraine will eine bessere Verhandlungsposition erreichen, sie will die russische Donbass-Offensive verlangsamen, weil Russland gezwungen wird, Truppen von der Front abzuziehen, oder sie will das Atomkraftwerk in Kursk einnehmen.

Kampf ums Gas

Doch es kristallisiert sich ein weiteres Ziel heraus: In Kursk verläuft die einzige Gaspipeline, über die Russland noch via Ukraine Erdgas nach Europa liefert. Gemäss unbestätigten Berichten haben die ukrainischen Streitkräfte die wichtige Gasübertragungs- und Messstation in der Nähe der Stadt Sudscha erobert. Es ist der einzige Eintrittspunkt für russisches Erdgas in das ukrainische Gasübertragungssystem. Nun könnten sie die Gaslieferungen stoppen.

Hat es die Ukraine auf die Gasübertragungs- und Messstation in Sudscha abgesehen?

Hat es die Ukraine auf die Gasübertragungs- und Messstation in Sudscha abgesehen?

IMAGO/Pond5 Images

Der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko versicherte gegenüber Reuters, dass die Gaslieferungen trotz des ukrainischen Militärschlags weiterhin funktionieren, allerdings auf dem tiefsten Niveau in diesem Jahr. Derzeit fliessen täglich etwa 42 Millionen Kubikmeter Gas durch Sudscha. Das gesamte jährliche Transitvolumen beträgt etwa 14 Milliarden Kubikmeter.

Laut dem ukrainischen Energieminister Herman Haluschtschenko gab es keinen Unterbruch der Gaslieferungen.

Laut dem ukrainischen Energieminister Herman Haluschtschenko gab es keinen Unterbruch der Gaslieferungen.

IMAGO/ABACAPRESS

Der Gasmarkt reagiert nervös, weil unklar ist, wie sich die Lage weiter entwickelt. Das Potenzial einer weiteren Eskalation ist gross. Der Gaspreis stieg am Donnerstag auf zeitweise umgerechnet über 38 Franken pro Megawattstunde. Das sind zwölf Prozent mehr als Ende Juli und so viel wie seit vergangenem Dezember nicht mehr.

Osteuropäische Länder befürchten Engpässe

Der Ukraine sind die Lieferungen angesichts des Kriegs trotz Milliardenerlösen durch die Transitverträge ein Dorn im Auge. Die Vereinbarung für den Gastransit von Russland über die Ukraine nach Europa läuft dieses Jahr aus und die Ukraine erklärte bereits, den Vertrag nicht verlängern zu wollen.

Glaubst du, dass es zwischen der Ukraine und Russland bald wieder Frieden geben kann?

Länder wie die Slowakei, Ungarn, Tschechien und Österreich sind besorgt. Sie decken weiterhin einen Grossteil ihres Bedarfs mit russischem Gas. Ein früherer Stopp der Gaslieferungen wäre ein Schock für diese Länder, da sie darauf angewiesen sind, wie es in einem Bericht der «Finanzmarktwelt» heisst. Eine weitere Pipeline aus Russland stellte die Ukraine bereits 2022 ein. Es gibt nur noch eine Alternative von Russland via Türkei.

Steigende Gaspreise auch in der Schweiz

Obwohl sich die Schweiz vom russischen Gas verabschiedet hat, steigen nun auch hierzulande die Gaspreise und dürften bei einem Stopp des Transfers aus der Ukraine noch deutlich teurer werden. «Die Schweiz und das restliche Europa sind nicht losgelöst, wenn Länder wie Österreich kein Gas mehr aus Russland bekommen würden, müssten sie es anderswo beziehen, was die Preise erhöht», sagt ZKB-Rohstoffexperte Elias Hafner zu 20 Minuten. Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten blieben latente Risiken für die Energie- und Gaslieferungen, so Hafner.

David Kohl, Chefökonom der Bank Julius Bär, geht aber davon aus, dass Europa die Ausfälle aus Russland gut kompensieren könnte. Darauf deute das relativ geringe Niveau der Flüssiggas-Importe aus anderen Ländern. Zudem sei die Versorgung durch die Produktion in Norwegen und gut gefüllte Speicher abgedeckt.

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