US-WahlDarum schlägt Kamala Harris beim Thema Migration härtere Töne an
Über kein Thema wird im US-Wahlkampf hitziger diskutiert als über die Einwanderungspolitik. Während Donald Trump immer hemmungsloser Migrantinnen und Migranten beleidigt, schlägt Kamala Harris härtere Töne an – weil sie muss, sagen Experten.
Jetzt schlägt Kamala Harris härtere Töne an. 20 Minuten besuchte die Grenze zwischen USA und Mexiko und sprach mit Migranten und Menschen, die an der Grenze leben.
20min/Carolin Teufelberger/Mikko StammDarum gehts
Migration ist eines der umstrittensten Themen im US-Wahlkampf.
Trump profitiere vom Migrationsthema viel mehr als Harris, sagt der USA-Experte Rüdiger Heinze.
Laut USA-Experte Karsten Fitz steht Kamala Harris eher für Integration, Trump für Isolation. Trumps Narrativ biete einfachere Lösungen.
Migration ist eines der wichtigsten Themen für Wählerinnen und Wähler in den USA. Sowohl registrierte Demokraten als auch Republikaner wollen mehr Sicherheit an den amerikanischen Aussengrenzen. Kein Wunder also, dass die Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Kamala Harris in ihren Reden auf mehr Kontrolle setzen.
Donald Trump profitiert, Kamala Harris nicht
«Während Trump gar niemanden mehr reinlassen will, ausser gut ausgebildete Menschen, will Harris die Einwanderungsproblematik mit mehr Grenzpersonal und geregelten Verfahren lösen», sagt Rüdiger Heinze, Professor für amerikanische Kulturwissenschaft an der Technischen Universität Braunschweig. «Harris präsentiert sich härter, als sie es noch vor dem Wahlkampf getan hat.»
Der Grund: Trump profitiere vom Migrationsthema viel mehr. Die öffentliche Meinung über Einwanderer habe sich in den letzten Jahren verschlechtert – insbesondere angesichts steigender Lebenshaltungskosten. «Ein Problem, das Harris als Vizepräsidentin bislang nicht ausreichend adressiert hat.»

Trump stehe für «sichere Grenzen», Harris für «offene Grenzen», heisst es auf einem Wahlplakat des Trump-Lagers.
IMAGO/Sipa USATrump hingegen gebe den Migrantinnen und Migranten die Schuld daran und fördere so die ablehnende Haltung. «Er bezeichnet Migranten als ‹Ungeziefer›, das die Demokraten ins Land gelassen hätten, und die nun Probleme wie hohe Kriminalität, tiefere Löhne und weniger Jobs befeuern», sagt Heinze. Alles Probleme, die, wenn man die nackten Zahlen betrachte, nichts mit der Migration zu tun hätten.
Das US-Wahlsystem kurz erklärt
Integration vs. Isolation
Dass ihm seine harte Rhetorik und seine Falschaussagen nicht schadeten, liege daran, dass seine Grundposition viel Anklang finde, betont Karsten Fitz, Professor für Amerikanistik an der Universität Passau. «Kamala Harris steht eher für Integration, Trump für Isolation. Sein Narrativ bietet einfachere Lösungen. Da wird dann auch mal über Aussagen zu katzenessenden Haitianerinnen und Haitianern hinweggeschaut.»
Was aber tatsächlich stimme: Die Situation an der Grenze sei chaotisch. «Die Behörden sind seit Jahren unterfinanziert und haben gar nicht die Ressourcen, um so viele geregelte Verfahren abzuwickeln», sagt Heinze. Die Folgen: Menschen, die gar nicht im Land sein sollten, seien es trotzdem und die Dauer der Asylverfahren werde immer länger.

«Für Harris ist Migration ein undankbares Thema, da sie als Vizepräsidentin in der Öffentlichkeit für die Problematik an der Grenze verantwortlich gemacht wird – eine Angriffsfläche, die die Republikaner gern nutzen und ihr eine zu lasche Haltung vorwerfen.» Harris kontere mit dem Migrationsentwurf der Biden-Regierung von Anfang Jahr, der viele klassisch republikanische Forderungen enthielt. Dieser wurde jedoch am Ende von den Republikanern im Senat blockiert. «Harris' Argument: Die Demokraten wollten eine Lösung, doch die Republikaner hätten sich verweigert.»
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Öffentliche Wahrnehmung ist verzerrt
Aber auch wenn die Demokraten eine restriktive Grenzpolitik umsetzten, nütze das der Partei oft nur bedingt, sagt Heinze. «Es gibt Analysen, die zeigen, dass die öffentliche Wahrnehmung des Themas oft völlig falsch ist.» Machte sich Harris für Massnahmen für mehr Grenzsicherheit stark, würde das am Ende oft Trump zugeschrieben, weil er mit dieser Härte assoziiert werde.
Ausserdem trauten ihm mehr Menschen zu, wirklich etwas ändern zu können, sagt Fitz. «Zudem ist es schwierig, Entscheidungen im Kongress durchzubringen, weil die Sitzverteilung zwischen Republikanern und Demokraten fast ausgeglichen ist. Trump gilt im Gegensatz zu Harris als Machtmensch, der macht, was er will. Deshalb denken viele Wählerinnen und Wähler, dass er seine Ideen am Ende schon irgendwie durchsetzen wird.»
Behind the Scene
Für die Video-Reportage zur US-Einwanderung sind die 20-Minuten-Redaktoren Carolin Teufelberger und Mikko Stamm im August nach Texas an die mexikanische Grenze gereist. Hier verbrachten sie drei Tage – einen davon in einem Flüchtlingscamp in der mexikanischen Stadt Reynosa. Dieser Besuch wurde schon von der Schweiz aus mit «Ärzte ohne Grenzen» organisiert. Die anderen Interviews kamen durch Gespräche vor Ort zustande, zum Beispiel mit Hotelmitarbeitenden und Passanten.
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