Neuer RegierungschefMohammed al-Baschir: Hoffnung oder Gefahr für Syrien?
Mohammed al-Baschir führt bis zum 1. März Syriens neue Übergangsregierung. Wer ist der unbekannte Ex-Chef der HTS-nahen «Heilsregierung» von Idlib?
Darum gehts
Mohammed al-Baschir leitete bislang die «Heilsregierung» in Idlib.
Der 41-Jährige wurde nach Assads Sturz zum neuen Übergangs-Regierungschef Syriens ernannt.
Er soll bis 1. März im Amt bleiben.
Als Vertreter eines politisch-sunnitischen Islams steht al-Baschir für den Einfluss der HTS-Islamisten, die in der Post-Assad-Ära eine zentrale politische Rolle anstreben.
Während al-Baschir Stabilität verspricht, warnen Experten vor der möglichen Errichtung eines islamistischen Gottesstaates.
Selbst im Nahen Osten ist Mohammed al-Baschir ein gänzlich Unbekannter. Das zeigte sich, als der Moderator einer Livesendung des saudiarabischen Fernsehsenders Al-Hadath den Syrien-Korrespondenten nach al-Baschir fragte. Dessen Antwort: «Ich höre den Namen zum ersten Mal. Ich habe keine Informationen über ihn.»
Tatsächlich stand bislang vor allem der Chef der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham HTS im Vordergrund. Doch seit klar ist, dass der wenig bekannte al-Baschir nach dem Sturz von Diktator Baschar al-Assad bis zum 1. März die neue Übergangsregierung Syriens führen soll, fragen sich viele, wer der 41-Jährige ist.
Bis jetzt war al-Baschir in Idlib Chef der sogenannten «Syrischen Heilsregierung» (siehe Bildstrecke). Diese vertritt einen politisch-sunnitischen Islam und schliesst Frauen von politischen Ämtern aus.
Er wurde 1983 in Dschabal Al-Sawija in Idlib im Nordwesten Syriens geboren.
Er studierte Elektrotechnik in Aleppo und später islamisches und ziviles Recht in Idlib. Später arbeitete er für die staatliche Gasgesellschaft Syriens.
Im Verlauf des syrischen Bürgerkriegs wurde al-Baschirs Heimatprovinz Idlib zum Hafen von islamistischen und jihadistischen Assad-Gegnern unter der Kontrolle der HTS-Miliz und ihr verbündeten Gruppen.
2017 riefen die HTS-Islamisten ihre «Heilsregierung» aus und al-Baschir wurde erst Entwicklungsminister. Im Januar 2024 wurde er vom Schura-Rat zum Regierungschef von Idlib gewählt.
Die Islamistenregierung sei durch einen neuen Pragmatismus aufgefallen, «den auch al-Baschir zu verkörpern scheint», so «Der Spiegel». Statt Jihadistenbanner begannen in Idlib neu eröffnete Einkaufszentren hervorzustechen. Auch die öffentliche Grundversorgung wurde ausgebaut.
Folter in Idlib
Auch Aktivisten arrangierten sich mit den Herrschern von Idlib – weil sie das Assad-Regime als das grössere Übel ansahen. Doch auch in Idlib wurden Kritiker von HTS gefangen und gefoltert, was Menschenrechtsorganisationen immer wieder dokumentierten.
Die Personalie al-Baschir deutet Beobachtern zufolge nun darauf hin, dass die Islamisten des HTS nicht nur militärischen, sondern auch politischen Einfluss in der Post-Assad-Ära übernehmen werden.
«Stabilität und Ruhe geniessen»
Wie al-Baschir die neue syrische Regierung gestalten will oder wie ein politischer Übergang nach der Diktatur aussehen soll, hat er bislang offen gelassen. Es sei an der Zeit für das syrische Volk, «Stabilität und Ruhe zu geniessen», sagte er am Montag zu «Al Jazeera».
Doch Beobachter wie Terrorexperte Peter Neumann vom Londoner King’s College bleiben skeptisch. Die HTS-Islamisten dürften Einfluss auf die neue Übergangsregierung nehmen. Sie haben zum Ziel, in Syrien eine Art Gottesherrschaft aufzubauen. Die afghanischen Taliban gelten ihnen als Vorbild – keine gute Nachricht für Syriens Minderheiten und Frauen.
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