Impfstoffe anpassenMutationen schwächen auch die Immunantwort durch T-Killerzellen
In der Diskussion über eine aufgrund der Mutation geschwächte Antikörper-Immunabwehr wird oft auf die T-Killerzellen verwiesen, die einspringen könnten. Doch nun zeigt sich, auch gegen sie hat Sars-CoV-2 aufgerüstet.
Darum gehts
Sars-CoV-2-Mutationen können die Immunüberwachung von menschlichen T-Killerzellen erschweren.
Das berichten aktuell österreichische Forschende.
Sie raten, ihre Erkenntnisse bei der Weiterentwicklung der Impfstoffe zu berücksichtigen.
Neben den Antikörpern sind auch sogenannte T-Killerzellen dafür verantwortlich, Viren im Körper aufzuspüren und unschädlich zu machen. Anders als erstere, die direkt an die Erreger andocken, um diese unschädlich zu machen, fahnden sie nach viralen Eiweiss-Fragmenten auf infizierten Zellen und töten diese ab, um die Virusproduktion zu stoppen.
T-Killerzellen bekämpfen die Eindringlinge auf einer anderen Ebene: Entsprechend erhoffte man sich von ihnen, dass sie übernehmen könnten, wenn die mutierten Sars-CoV-2-Varianten der Immunantwort der Antikörper entkommen. Diese Möglichkeit besteht laut Experten bei den Mutanten aus Brasilien, Südafrika, Kalifornien und New York.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Österreich zeigen nun aber, dass sich Sars-CoV-2 durch bestimmte Mutationen für die Immunantwort durch T-Killerzellen unerkennbar machen kann.
Mutierte Viren nicht mehr erkannt
Mehrere Studien deuten mittlerweile darauf hin, dass sich Sars-CoV-2 durch Mutationen wie E484K der Antikörper-Immunantwort entziehen kann und damit auch die Wirksamkeit von Impfstoffen beeinträchtigt. Ob solche Mutationen auch T-Killerzellen in ihrer Funktion beeinträchtigen, war bis jetzt nicht geklärt. Die Lücke schliessen nun die Forschenden des CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien). Die Studie ist im Fachjournal «Science Immunology» erschienen.
Sie untersuchten die Auswirkung von Virusmutationen in Regionen, die von T-Killerzellen erkannt werden: sogenannte T-Zell-Epitopen. Dafür sequenzierten sie 750 SARS-CoV-2 Virusgenome von Infizierten und analysierten Mutationen auf ihr Potenzial, die Regionen zu verändern. Ergebnis: Viele Mutationen in Sars-CoV-2 sind dazu in der Lage, unter dem Radar der T-Killerzellen zu bleiben. «Wir konnten zeigen, dass mutierte Viren von diesen an dieser Stelle nicht mehr erkannt werden können», so Andreas Bergthaler, Virologe am CeMM.
Relevant für Impfstoffentwicklung
Für unseren Kampf gegen das Coronavirus und für ein Ende der Pandemie bedeutet das erstmal nicht viel. Die Forschenden sehen in ihren Daten keinen Grund zur Annahme, dass sich Sars-CoV-2 der Immunantwort des Menschen komplett entziehen kann. Allerdings sollten die neuen Erkenntnisse bei der Weiterentwicklung von Impfstoffen berücksichtigt werden.
So stehen bei den meisten natürlichen Infektionen mehrere Epitope für die Erkennung durch T-Killerzellen zur Verfügung. Mutiert das Virus an einer Stelle, ist es wahrscheinlich, dass noch andere Epitope die Anwesenheit des Virus verraten. Die meisten der aktuellen Impfstoffe gegen das Coronavirus richten sich ausschliesslich gegen das Spike-Protein, welches nur eines von 26 Viruseiweissstoffen darstellt. Dadurch reduziert sich auch die Zahl jener Epitope, die grundsätzlich für die Erkennung durch T-Killerzellen zur Verfügung stehen.
«Das Spike-Protein verfügt im Durchschnitt über ein bis sechs dieser T-Zell-Epitope in einem Infizierten. Mutiert das Virus in einer dieser Regionen, steigt das Risiko, dass die infizierten Zellen nicht von den T-Killerzellen erkannt werden», erklärt der Infektiologe und Immunologe Johannes Huppa. Entsprechend müsse bei der Weiterentwicklung der Impfstoffe im Auge behalten werden, «wie das Virus mutiert und welche Mutationen sich global durchsetzen», ergänzt die ebenfalls an der Studie beteiligte Virologin Judith Aberle. Aktuell sehe man nur wenige Hinweise, dass Mutationen in T-Killerzell-Epitopen sich verstärkt verbreiten.
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