Hamas-Geisel«Ich habe keine Ahnung, ob mein Sohn noch lebt»
Jonathan Samerano (21) wurde am 7. Oktober in den Gazastreifen entführt. Seine Mutter erzählt gegenüber 20 Minuten, was die Bilder der freigelassenen Geiseln in ihr auslösen.
Ayelet Samerano (52) hofft auf die Freilassung ihres Sohnes.
20minDarum gehts
Der Israeli Jonathan Samerano besuchte am 7. Oktober das Nova-Festival in der Negevwüste.
Seither fehlt vom 21-Jährigen jede Spur.
Im Videointerview mit 20 Minuten erzählt seine Mutter Ayelet vom Schicksal ihres Sohnes.
Die Ungewissheit frisst Ayelet Samerano aus Tel Aviv seit sieben Wochen auf: Ihr Sohn Jonathan wurde am 7. Oktober von der Hamas entführt. Zusammen mit seinen zwei besten Freunden hat der 21-Jährige das Nova-Festival in der Negevwüste besucht. «Als die Hamas das Festival angriff, schafften es die drei, mit dem Auto zu entkommen.» Vor dem Kibbuz Be’eri wurden sie jedoch angehalten. «Die Freunde meines Sohnes wurden erschossen, Jonathan wurde verletzt und in den Gazastreifen entführt.»
Das weiss die Mutter, weil die Hamas-Anhänger ein Video davon auf Telegram veröffentlichten. «Mein Bruder hat es mir ein paar Tage später zugeschickt.» Die Aufnahmen erschütterten die Mutter. «Bis dahin hatte ich noch die Hoffnung, dass er sich irgendwo in einem Bunker versteckt.» Seither hängen Plakate von Jonathan in der ganzen Welt.
«Dass ich ihm nicht helfen kann, macht mich fertig»
Seit nun sieben Wochen herrscht Funkstille: «Ich habe keine Ahnung, ob mein Sohn überhaupt noch lebt.» Das mache es für Ayelet besonders schwer. «Vor Erschöpfung nicke ich ab und zu ein. Schlafen kann ich aber nur für rund zehn Minuten am Stück. Den Rest der Nacht liege ich wach.» Aber auch am Tag begleiten die Israeli die Gefühle der Hilflosigkeit und Unruhe: «Ich habe meinen Sohn ein Leben lang beschützt. Dass ich ihm nun nicht helfen kann, macht mich fertig.»
Die Fotos und Videos der Geiseln, die in den letzten Tagen freigelassen wurden, seien für Ayelet ein zweischneidiges Schwert. «Zum einen freue ich mich natürlich für jede Familie, die ihre Geliebten endlich wieder in die Arme nehmen können. Zum anderen tut es jeden Tag wieder unendlich weh, weil ich weiss, dass mein Sohn nicht unter den Freigelassenen sein wird.»
«Er wird kämpfen»
Ihre Realität vergleicht die 52-Jährige mit den Gegebenheiten von Schindlers Liste. «Die Hamas-Geiseln werden in Kategorien eingeteilt.» Weil ihr Sohn ein junger Mann ist, erwartet Ayelet nicht, dass er bald freigelassen wird – «auch wenn er ein Musikproduzent ist und kein Soldat».
Trotzdem hat die Mutter Hoffnung: «Wenn Jonathan am Leben ist, wird er zurückkommen. Daran glaube ich und bete dafür jeden Tag. Er ist mental sehr stark und hat ein unglaubliches Durchhaltevermögen. Er wird kämpfen, damit er eines Tages zu uns zurückkehren kann.»
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