Raketen-Angriff auf Kiew: Tod von Kind (9) sorgt für Wut

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KiewMutter und Kind tot – «sie standen vor dem verschlossenen Schutzraum»

Russland greift Kiew wieder jede Nacht an. Als Natalya (33) mit ihrer Tochter (9) in einen nahen Schutzraum flüchten wollen, stehen sie vor verschlossener Tür. 

Polinas (9) Grossvater sass Stunden vor der zugedeckten Leiche seiner Enkelin.  
Der Schutzkeller war Teil der Poliklinik. Ihr Eingang wurde verwüstet, es gab Tote und Verletzte. 
Eine Frau reagiert auf die Nachricht, dass ihre Schwiegertochter in der Nacht getötet wurde. 
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Polinas (9) Grossvater sass Stunden vor der zugedeckten Leiche seiner Enkelin.  

REUTERS

Darum gehts

  • Angriffe auf Kiew gibt es mittlerweile jede Nacht. 

  • Jetzt wurde eine Mutter mit ihrer neunjährigen Tochter getötet.

  • Sie hatten in einem Bunker Schutz gesucht, aber standen vor verschlossener Türe. 

  • Die Wut in der ukrainischen Hauptstadt ist gross. 

Russland greift die ukrainische Hauptstadt wieder jede Nacht an. Als Natalya (33) mit ihrer Tochter (9) in den nahen Schutzraum eines Spitals flüchten wollten, standen sie vor verschlossener Türe. Sie starben deswegen. 
Kiew kann die Uhr danach stellen: Jeweils gegen drei Uhr nachts kommen die russischen Drohnen und Bomben.

So auch in jener Donnerstagnacht als Natalya (33) mit ihrer Tochter Polina (9) in ihrer Wohnung im Kiewer Desnyan Distrikt hastig ihre Sachen zusammensuchte – Handtasche, Ausweispapiere, eine Decke – , um in den Luftschutzraum der nahen Poliklinik  zu flüchten.

15 Minuten zwischen Alarm und Angriff

So hatten sie es bereits einige Male zuvor getan, als die Angriffe und Kriegsgeräusche besonders beängstigend waren. Dieses Mal aber war die schwere Türe zum Shelter geschlossen. «Sie standen davor und klopfen, aber der Nachtwächter öffnete nicht», erzählen Leute der Siedlung in ukrainischen Medien. 

Und dann war es zu spät: Die Trümmerteile einer abgeschossenen russischen Rakete trafen Mutter und Kind sowie eine weitere Frau, die ebenfalls Schutz im Bunker gesucht hatte. 

Alle drei starben. Vom Auslösen des Alarms bis zum Einschlag der Raketensplitter waren weniger als 15 Minuten vergangen. 

Die Trauer des Grossvaters 

Die Trümmerteile trafen auch das Spital und die umliegenden Wohnhäuser. 19 Personen wurden verletzt. 
Zusammen mit den Rettungskräften und Sanitätern eilte auch Polinas Grossvater herbei. Ein Foto zeigt den Mann, wie er vor der zugedeckten Leiche seiner Enkelin sitzt.

«Er war zuvor sicher eine Stunde in der Hocke vor dem toten Kind gesessen, bis ihm Anwohner einen Stuhl brachten. Darauf sass er, bis die Kleine abtransportiert wurde», erzählt der Fotograf 20 Minuten. 

Bürgermeister Witali Klitschko in der Verantwortung

Die Wut in der Stadt ist gross. Auf den Nachtwächter des Spitals, der die Türe zum Schutzraum nicht geöffnet hatte und der, glaubt man den Gerüchten, betrunken gewesen sein soll. Auf Bürgermeister Witali Klitschko, der dafür sorgen sollte, dass alle Bunker der Stadt zugänglich sind. Und auf den Chef der Kiewer Militärverwaltung, Serhij Popko, den man als faktischen Vorgesetzten Klitschkos ebenfalls in der Verantwortung sieht. 

Klitschko hat sich an den Unglücksort begeben und versprach Ermittlungen, Konsequenzen und Verbesserungen. Später wurden mehrere Personen festgenommen, darunter der Spitaldirektor und der Wachmann, der die Türe hätte öffnen sollen. 

Zu kurze Abstände

Gleichzeitig ist es mitunter ein Ding der Unmöglichkeit, sich bei den immer kürzer werdenden Abständen zwischen Alarm und Angriff nach draussen in einen Luftschutzkeller oder die Metro zu flüchten – die russischen Angriffe sind dafür zu häufig und zu heftig geworden. 

Viele Kiewer und Kiewerinnen verzichten deswegen darauf, in der Nacht ihre Wohnung zu verlassen. Sie betten sich in fensterlose Zimmer wie dem Bad oder dem Korridor – und machen am nächsten Tag Witze über ihre dicken Augenringe. 

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