NachgefragtWird die Schweiz von China über den Tisch gezogen?
China investiert global in etliche Unternehmen und finanziert im Ausland kritische Infrastrukturen. Eine China-Expertin erklärt, was dahintersteckt und welche Risiken das birgt.
Darum gehts
Die Volksrepublik China investiert seit Jahren in ausländische Unternehmen und kritische Infrastrukturen im Ausland.
China-Expertin Simona Grano erklärt, was es damit auf sich hat, weshalb China seinen eigenen Markt abschirmt und welche Konsequenzen die Expansion haben könne.
China kauft weltweit massenhaft Firmen auf, erschwert ausländischen Investoren aber die Beteiligung an chinesischen Firmen massiv. China-Expertin Simona Grano von der Universität Zürich erklärt, was es mit Chinas Kaufrausch auf sich hat.
Das hat es mit dem chinesischen Massen-Aufkauf von Firmen auf sich
Die Idee hinter der Expansion ist klar: Durch Fusionen und Übernahmen könne China viel einfacher an Informationen und Technologien kommen, anstatt diese erst selbst entwickeln zu müssen, erklärt Simona Grano, China-Expertin von der Universität Zürich. Deshalb investiere China in eine breite Palette an Branchen, wie etwa in den Luftverkehr oder in die Agrartechnologie wie mit der Übernahme von Syngenta.
In jüngster Zeit habe es aber bei grossen Fusionen oder Übernahmen durch chinesische Unternehmen auch immer wieder Gegenwind gegeben: Gemäss einer Studie wurden zehn von 16 chinesischen Übernahmen ausländischer Unternehmen nicht abgeschlossen aufgrund von Einwänden der ausländischen Behörden – etwa in Dänemark und Grossbritannien.
Deshalb erschwert China den Kauf chinesischer Firmen
Dass China es für ausländische Investoren schwierig macht, chinesische Unternehmen zu übernehmen, sei Zeichen der nationalen Haltung der Selbstversorgung, die vor allem unter Xi Jinping wieder populär wurde. «Zudem gibt es auch restriktive Massnahmen für ausländische Investitionen in Sektoren wie Bergbau, IT, Nachrichten und Kommunikation, um einige zu nennen», so Grano. Mit der «Dual Circulation»-Strategie will China seine Abhängigkeit vom Ausland reduzieren und den inländischen Markt stärken. «Das wäre ein guter Ansatz – denn sie würde den Binnenkonsum der Haushalte ankurbeln. Ob das wirklich machbar ist, ist eine andere Frage», sagt die Expertin.
Deshalb expandiert und investiert China auf der ganzen Welt
Seit geraumer Zeit investiert China auch in Infrastrukturprojekte im Ausland und vor allem in Schwellenländern – seien es Häfen, Brücken oder Radiostationen, die etwa in Afrika, aber auch Serbien gebaut werden und wurden. Damit wolle China unterschiedliche Ziele erreichen, so Grano: Einerseits wolle China sein globales Image verbessern und sich andererseits als echte Konkurrenz zur USA präsentieren, die Schwellenländer ausbaue und bei der Modernisierung begleite.
«Aus demselben Grund versucht sich China auch immer häufiger als Mediator bei Kriegen darzustellen», so Grano. Ebenfalls wichtig: Der chinesische Infrastrukturmarkt sei wegen der Rezession gesättigt. Mit Projekten im Ausland wolle China der eigenen Branche aushelfen.

So erfolgreich ist Chinas Strategie
Die Image-Kampagne scheint zu funktionieren. Im globalen Süden habe China seine Beliebtheit stark steigern können: «Die Menschen dort sehen durch die chinesischen Investitionen konkrete Vorteile – beispielsweise, wenn ein schwer zugängliches Berggebiet plötzlich an eine Autobahn angeschlossen wird. Können diese Länder die Schulden nicht zurückzahlen, kann die Stimmung aber schnell umschlagen», so Grano. Dafür sei jedoch die Stimmung im Westen gekippt – die Situationen in Taiwan und Hong Kong oder das Vorgehen gegen die Uiguren spielten hier eine wichtige Rolle.
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Das sind mögliche Konsequenzen
Für Länder, in denen China kritische Infrastrukturen baut, könne sich der Deal als Schuldenfalle entpuppen, warnt Grano. «China ist kein Philanthrop – die Investitionen in Schwellenländern sind als Darlehen zu verstehen.» In den Verträgen gebe es meist Klauseln, die den Fall regeln, wenn Länder ihre Schulden bei China nicht zurückzahlen können. China könne dann beispielsweise die Infrastruktur für eine befristete Zeit für sich beanspruchen. «China hat das Land so nicht nur von sich abhängig gemacht, sondern dort Fuss gefasst», sagt Grano.
Sie erläutert den Einfluss am Beispiel einer afrikanischen Radiostation: «China investierte in die Modernisierung einer Radiostation und konnte damit einen wichtigen Service fördern – doch das ist dann an Bedingungen gekoppelt. Wie berichtet dieser Radiosender wohl über China?»
Mit welchen Herausforderungen kämpft China?
China stecke in einer Immobilienblase und erlebe derzeit die höchste Jugendarbeitslosigkeit in der Geschichte des Landes. «Die genauen Zahlen werden von den Behörden seit August nicht mehr kommuniziert – man kann deshalb davon ausgehen, dass die Jugendarbeitslosigkeit bei über 20 Prozent liegt», so Grano.
Lokale Behörden würden gleichzeitig mit hohen Verschuldungen kämpfen und hinzu komme der demografische Wandel – Chinas Bevölkerungszahl ist stark schwindend. «Damit stellt sich auch die Frage, wie viel China noch im Ausland investieren kann. Denn ein viel grösseres Thema wird zukünftig die Finanzierung ihrer Pensionskassen, angesichts des demografischen Rückgangs.»
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