
Ob auf dem Arm oder im Kinderwagen: Ohne eine FFP2- oder FFP3-Maske kann man sich gegen den Feinstaub im Nagelstudio nicht schützen – für Kinder sind diese aber nicht geeignet.
Getty ImagesAtemwegeArzt warnt: «Nagelstudios sind potenziell gesundheitsschädlich»
Das Baby zum Termin ins Nagelstudio mitnehmen – laut einem Arzt gefährlich für die Atemwege der Kleinen. Eine Nageldesignerin erzählt, wie sie solche Situationen handhabt.
Während die linke Hand manikürt wird, wiegt die rechte den Kinderwagen samt Baby – so sparen sich Mütter bei ihrem Besuch im Nagelstudio den Babysitter und können nach dem Termin Zeit mit ihrem Kind verbringen. Praktisch und sinnvoll? Vielleicht, allerdings zu einem hohen Preis: Für Babys und Kinder birgt die Zeit im Nagelstudio ernsthafte, gesundheitliche Risiken, wie Kinderarzt Dr. med. Tim Brenneman erklärt.
Über die Experten
«Aus medizinischer Sicht ist es überhaupt nicht empfehlenswert, Säuglinge oder Kinder mit ins Nagelstudio zu nehmen», mahnt Dr. Brennemann. Besonders, weil der Besuch im Studio für viele ein wiederkehrender, regelmässiger Termin ist, sieht er ein Problem. Die Dämpfe von Acryl, Aceton, Kleber und Lösungsmittel, aber auch die feinen Partikel, die beim Abschleifen künstlicher und echter Nägel entstehen, können eingeatmet werden – selbst, wenn man nur daneben sitzt.

Durch das Abfeilen von Nägeln entsteht in Nagelstudios viel Staub. Lösungsmittel und Acryl verursachen ausserdem Dämpfe.
Pexels/Cottonbro StudiosDie Rückkehr der Staublunge?
«Nicht ohne Grund tragen die meisten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in solchen Studios eine Maske bei ihrer Arbeit. Das sollten alle anderen Personen, die sich im Salon aufhalten, ebenfalls tun», sagt Dr. Brennemann. Ein normaler Mund-Nasen-Schutz reicht dabei laut Arzt nicht aus. «Nur eine richtig benutzte FFP2- oder FFP3-Maske könnte verhindern, dass der entstehende Feinstaub und die Dämpfe in die Lunge gelangen.» Für Kinder sind diese aber nicht geeignet, unter anderem, weil der Atemwiderstand zu hoch ist. Dr. Brennemann warnt: «Früher galt die Staublunge als anerkannte Berufskrankheit. In vielen industriellen Berufen atmete man ständig ungeschützt Staub ein.» Mittlerweile tragen Schutzmassnahmen und bessere Belüftung dazu bei, dass das Problem rückläufig ist – zumindest in der Industrie. «Der Staub in einem Nagelstudio kann aber auf Dauer zu einer Staublunge führen.»
Wie kümmerst du dich um deine Nägel?
Während Kundinnen und Kunden selbst entscheiden können, ob sie sich dem Risiko aussetzen, wird Säuglingen und Kindern die Entscheidung abgenommen. «Man muss sich wirklich gut überlegen, ob das vertretbar ist.» Zwar setzen viele Studios seit der Corona-Pandemie auf Plexiglas-Scheiben zwischen den Nagel-Künstlern und Kunden, dazu saugt eine Staubabsaugung überschüssiges Material ab. Den typischen Geruch von Acryl und Gel riecht man aber selbst, wenn man an einem Studio nur vorbeiläuft. «Wenn man etwas riechen kann, gibt es entsprechend auch Partikel, die sich über die Luft verbreiten.»
Das sind die Risiken für Säuglinge und Kinder

Beim Arbeiten mit Acryl und vielen Nagellacken entstehen Dämpfe.
Unsplash/Giorgio TrovatoWenn kleine Kinder die Dämpfe und den Staub im Nagelstudio einatmen, kann es laut Arzt zu einer Reizung der Atemwege sowie der Schleimhäute kommen. Hellhörig sollte man werden, wenn das eigene Kind nach den Besuchen im Salon häufiger hustet. «Damit es zu einer Staublunge kommt, müssten die Besuche regelmässig und über einen längeren Zeitraum stattfinden», so der Kinderarzt. Dennoch meint Brennemann: «Für Kinder – und auch Erwachsene – sind die Besuche in Nagelstudios aus medizinischer Sicht potenziell gesundheitsschädlich.»
Das sagt eine Nageldesignerin
Karla Bumann verzichtet im Zürcher Nagelstudio Get Nailed auf Produkte, die Dämpfe verursachen. «Wir benutzen aber scharfe Werkzeuge und Produkte, die Haut verletzen oder irritieren können, wenn sie berührt werden.» Auch Staub fällt bei der Maniküre trotzdem an. In den AGBs ihres Salons bittet sie ihre Kunden und Kundinnen deshalb, ohne Begleitung zu kommen. «Natürlich kommt es dennoch vor, dass jemand mit dem Kinderwagen vor der Tür steht. Ich informiere sie dann, dass der Aufenthalt nicht ideal für Babys oder kleine Kinder ist.» Wegschicken möchte sie deshalb niemanden. «Es ist nicht gesetzlich verboten und ich möchte meine Gäste glücklich machen.»
Dafür handelt sie anders: «Meine Mitarbeiterinnen und ich können nicht arbeiten, wenn jemand nicht beide Hände frei hat. Braucht das Baby zwischendurch Aufmerksamkeit und behindert dadurch die Arbeit, beenden wir den Termin auch unfertig. Sonst muss der nächste Gast warten.»
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